Anfang 2015 werden die Bedingungen für eine wirksame Selbstanzeige verschärft. Schäuble: „Bankgeheimnis hat ausgedient.“

An vielen Fronten wird derzeit versucht, die Steuerpflichtigen verstärkt zur Steuerehrlichkeit anzuhalten. Anfang 2015 soll eine Novelle zur verschärften Neuregelung der Selbstanzeige in Kraft treten. Ferner sind nun global auf der Ebene der Industrie- und Schwellenländer der OECD und der G-20 Standards zur Meldung verabschiedet worden. Diese Standards legen fest, was gemeldet wird und mit welchem technischen Verfahren dies zukünftig geschehen wird.

Aus der Beratungspraxis heraus stellt sich die Frage, ob eine weitere Verschärfung von Zwangsmaßnahmen sowie Melde- und Informationspflichten tatsächlich zu dem vom Gesetzgeber erhofften Effekt der erhöhten Steuerehrlichkeit führt und das der richtige Weg ist. Wäre es nicht zielführender, den Umgang mit den Steuerpflichtigen aufseiten der Finanzverwaltung partnerschaftlicher zu gestalten? Denn häufig schwebt bei Betriebsprüfungen und Rechtsbehelfsverfahren latent der Vorwurf im Raum, der Steuerpflichtige setze nur alles Erdenkliche daran, seine Steuerlast unter Umgehung der bestehenden gesetzlichen Regelung zu minimieren. Der Steuerpflichtige steht also unter Generalverdacht.

Das Ziel, mehr Steuerehrlichkeit zu erreichen, wird jedoch nicht über immer mehr Sanktionierungen zu erreichen sein, sondern muss vielmehr ins gesellschaftliche Bewusstsein gerückt werden und ein gesteigertes positives Image erhalten. Die Vergangenheit hat  bei  anderen Themen gezeigt, dass genau dies durch breite Kampagnen in den Medien erreicht werden kann. Dieser nachhaltige, langfristig sicher zielführendere aber wohl mühsamere Weg wird gegenwärtig leider nicht verfolgt, sondern es wird durch Sanktionierungen auf kurzfristige Effekte gesetzt. Folglich haben wir uns gegenwärtig mit Änderungen auseinanderzusetzen, die weitere Verschärfungen bedeuten.

Das Bundeskabinett hat am 24. September 2014 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung als Regierungsentwurf beschlossen. Mit diesem Gesetz sollen die Regelungen der strafbefreienden Selbstanzeige und des Absehens von Verfolgung in besonderen Fällen novelliert werden.

Kernpunkte bei der Selbstanzeige

Zunächst aber sollen hier noch einmal kurz die weiterhin gültigen allgemeinen Kernpunkte zur strafbefreienden Selbstanzeige rekapituliert werden:

Nach § 371 AO muss eine Selbstanzeige rechtzeitig und vollständig abgegeben werden. Die hinterzogenen Steuern müssen ferner zuzüglich sechs Prozent Zinsen innerhalb einer angemessenen Frist nachgezahlt werden.

Seit dem Jahr 2011 ist die Möglichkeit einer Selbstanzeige summenmäßig jedoch begrenzt. Es besteht danach nur die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige, soweit 50.000 Euro an hinterzogenen Steuern pro Steuerjahr nicht überschritten werden. Für alle Beträge darüber hinaus kommt dann eine Einstellung des Verfahrens in Betracht (ein Absehen von Strafe nach § 398 AO), wenn die Steuern nachgezahlt und zusätzlich fünf Prozent der hinterzogenen Steuern an die Staatskasse entrichtet werden.

Die Selbstanzeige muss „vollständig“ erfolgen. „Vollständig“ bedeutet, dass alle Guthaben und Konten bekannt gegeben und alle relevanten Zeiträume benannt werden müssen. Ein „Teilgeständnis“ ist schädlich.

Maßgebend und sehr wichtig für eine strafbefreiende Selbstanzeige ist ferner die „Rechtzeitigkeit“ der Anzeige, d. h., die betreffende Tat darf noch nicht entdeckt oder gar verfolgt sein. Der maßgebende § 371 Abs. 2 AO  regelt hierzu:

(2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn

  1. bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung
    a)  dem Täter oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist oder
    b)  dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder
    c)  ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder
  2. eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste oder
  3. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50.000 Euro je Tat übersteigt.

Demnach ist eine Selbstanzeige dann nicht mehr rechtzeitig, wenn dem Betroffenen eine „Prüfungsanordnung“ der Finanzbehörden oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben wurde. Die Selbstanzeige ist ferner nicht mehr rechtzeitig, wenn die Tat bereits entdeckt war und der Betroffene dies wusste oder damit rechnen musste. Laut Finanzverwaltung soll ein Datenankauf durch Behörden oder die Berichterstattung darüber eine Selbstanzeige aber noch nicht ausschließen.

Nach Ansicht des BGH kann hinsichtlich der Tatendeckung kein absoluter Stichtag benannt werden, sondern es müssen die jeweiligen Umstände des Einzelfalls betrachtet werden. Für die Praxis maßgebend sind insbesondere die subjektiven Merkmale, d. h., der Betroffene durfte von der Tatentdeckung nichts wissen oder nicht damit rechnen. Mit „der Entdeckung rechnen müssen“ heißt, dass der Täter aus den ihm nachweislich bekannten Tatsachen den Schluss hätte ziehen müssen, dass die Behörde von seiner Tat der Steuerhinterziehung erfahren hatte.

Verschärfung der Selbstanzeige

Die Neuregelungen sollen im Wesentlichen zum 1. Januar 2015 greifen. Im Gesetzentwurf wurde die bisher geplante Änderung des § 376 Abs. 1 AO nun wieder fallen gelassen. Der Referentenentwurf sah noch vor, dass durch die Änderung des § 376 Abs. 1 AO die strafrechtliche Verjährungsfrist in allen Fällen der Steuerhinterziehung zehn Jahre beträgt. Es soll nun bei der fünfjährigen Verjährungsfrist in den Fällen der einfachen Steuerhinterziehung bleiben.

Die Berichtigungspflicht soll sich jedoch auf zehn Jahre ab Abgabe der Selbstanzeige erstrecken: Der Gesetzentwurf sieht dazu vor, dass § 371 Abs. 1 AO um den folgenden neuen Satz 2 erweitert wird, der weitere Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige stellt:

„Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.“

Gegenüber dem Referentenwurf wurden die Ausschlussgründe nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 AO noch einmal neu gefasst (nun Buchst. a bis e). Dies erfolgt durch die Einfügung eines neuen Passus‘ in § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO:

„… Prüfungsanordnung … bekannt gegeben worden ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung, ….“

Es soll eine umfassende Sperrwirkung zukünftig vermieden werden. Vielmehr soll sich die Sperrwirkung nur noch auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung erstrecken. Der Gesetzesbegründung sieht ferner vor, dass dies eine materielle Änderung darstellen soll, sodass bis Ende 2014 mit dem Ausschlussgrund in § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO eine umfassende Sperrwirkung verbunden sein soll.

Korrespondierend zu der Einschränkung der Sperrwirkung auf die sachliche und zeitliche Prüfung (§ 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchstaben a und c AO) wird in einem neuen Satz geregelt, dass trotz Sperrwirkung für Steuerstraftaten bei einer Steuerart das Instrument der Selbstanzeige für andere Steuerstraftaten einer Steuerart weiterhin offen steht:

„Der Ausschluss der Straffreiheit nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c hindert nicht die Abgabe einer Berichtigung nach Absatz 1 für die nicht unter Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und c fallenden Steuerstraftaten einer Steuerart.“

Ferner soll eine Staffelung des Zuschlags in § 398a AO abhängig vom Hinterziehungsvolumen eingeführt werden. Im Jahr 2011 hatte der Gesetzgeber durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz bestimmt, dass nur noch bis zu einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 Euro eine strafbefreiende Selbstanzeige möglich ist. D. h., die Selbstanzeige ist bei schweren Fällen der Steuerhinterziehung ausgeschlossen. Ein schwerer Fall liegt vor, wenn die Steuerhinterziehung in größerem Ausmaß, d. h. mit einem Hinterziehungsvolumen von mehr als 50.000 Euro erfolgte.

Bei höheren Hinterziehungsbeträgen blieb es also bei der „Strafbarkeit“, die jedoch wurde bei der Entrichtung eines Strafzuschlags nicht weiter verfolgt (§ 398a Nr. 2 AO). D. h., in diesen Fällen kommt ein Absehen von Strafe nur in Betracht, wenn der Täter zusätzlich eine Nachzahlung in Höhe des Strafzuschlages der hinterzogenen Steuer entrichtet. D. h., eine „Strafe“ wird in diesem Fall stets verhängt (Strafzuschlag). Eine Straffreiheit im weiteren Sinne (ein Absehen von Strafe nach § 398 AO) ist daher nur dann möglich, wenn neben dem Hinterziehungsbetrag auch die zusätzliche Strafzahlung erfolgt. Der nun veröffentlichte Gesetzentwurf sieht eine Absenkung der 50.000-Euro-Grenze auf 25.000 Euro vor. Daneben soll der Strafzuschlag deutlich erhöht werden (§ 398a AO-E). Zukünftig gilt insoweit ein Stufentarif:

  • 25.000 bis 100.000 Euro: 10 % der hinterzogenen Steuern
  • 100.000 bis eine Million Euro: 15 % der hinterzogenen Steuern
  • über eine Million Euro: 15 % der hinterzogenen Steuern

Bisher betrug der Strafzuschlag bei Überschreiten der 50.000-Euro-Grenze (nur) fünf Prozent.

Ferner sollen

  • die steuerliche Anlaufhemmung für nicht deklarierte ausländische Kapitalerträge (§ 170 Abs. 6 AO-E),
  • die gesetzliche Klarstellung zur Beseitigung bestehender und praktischer Verwerfungen im Bereich der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Lohnsteueranmeldung (§ 371 Abs. 2a AO-E) und
  • bei § 371 Abs. 3 AO die Aufnahme der Hinterziehungszinsen als Tatbestandsvoraussetzung für eine wirksame Selbstanzeige (d. h., dass für die Erlangung von Straffreiheit durch eine Selbstanzeige zusätzlich zu der sofortigen Entrichtung des hinterzogenen Steuerbetrages auch die Hinterziehungszins gezahlt werden müssen),

neu geregelt werden.

OECD-Abkommen schafft Bankgeheimnis ab 2017 ab

Auf der Grundlage der Fatca-Abkommen mit den USA wurden auf der Ebene der Industrie- und Schwellenländer der OECD und der G-20 Staaten Standards zur Meldung ausgearbeitet. Zukünftig sollen Daten über Kunden an andere Staaten übermittelt werden, nämlich Name, Adresse, Kontonummer sowie Kontostände von Depots und Einlagekonten. Zinsen, Dividenden sowie Wertpapierkäufe und -verkäufe werden getrennt ausgewiesen.

Erfasst werden Privatpersonen, Stiftungen und einige Firmenkonten, die Privatpersonen zugeordnet werden können. Meldepflichtig sollen Banken, Händler, Investmentfonds und Versicherungen werden. Die Daten sollen dann einmal im Jahr an die betreffenden Staaten übermittelt werden. In Deutschland ist es das Bundeszentralamt für Steuern, das die Daten übermittelt erhält. Ausgewertet werden die Daten dann in den Finanzämtern. Beginnen soll das Meldeverfahren voraussichtlich (zumindest teilweise) im Jahr 2017.

50 Regierungen, darunter alle EU-Staaten, unterzeichneten Ende Oktober während einer internationalen Steuerkonferenz in Berlin die  entsprechende Vereinbarung. Finanzminister Wolfgang Schäuble in der Bildzeitung: „Das Bankgeheimnis in seiner alten Form hat ausgedient.“

Auf die dargestellten Veränderungen sollten sich die Steuerzahler einstellen. Dabei helfen wir Ihnen gerne.

Kommentar von bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann

Jetzt ist klar, dass die Voraussetzungen der strafbefreienden Selbstanzeige zum Jahreswechsel deutlich verschärft werden. Außerdem verteuert sich der Schritt in die Legalität. Steuersünder sollten also schnell handeln.

Vor diesem Hintergrund ist es Steuersündern unbedingt anzuraten, die strafbefreiende Selbstanzeige rechtzeitig anzugehen. Noch bleiben ja ein paar Tage bis zur Verschärfung. Aber jetzt ist höchste Zeit: Der Fall Uli Hoeneß hat eindrucksvoll gezeigt, dass eine unter Zeitdruck angefertigte Selbstanzeige schnell fehlerhaft werden kann und damit ihre strafbefreiende Wirkung verliert. Wir beraten Sie dazu gerne.