Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung vermeiden und was bei Durchsuchung und Beschlagnahme zu tun - und zu lassen! - ist

Wir setzen unseren Grundkurs zum Steuerstrafverfahren fort. Nachdem wir in der letzten Ausgabe von bdp aktuell über die Ermittlungsorgane bei und die Anlässe für Steuerstrafverfahren informiert haben, sollen uns jetzt die Fragen beschäftigen, wie die Strafbarkeit vermieden werden kann und was zu tun ist, wenn die Steuerfahndung klingelt.

In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, dass im Ergebnis Steuerhinterziehung genau wie Wilderei nur erfolgreich von entsprechend professionell geschulten Personen begangen werden kann. Da aber – was ohne Weiteres einleuchten sollte – ein guter Jäger aus ethischen und prinzipiellen Gründen nicht zur Wilderei neigt, dürfte es auch kaum final erfolgreiche Wilderer geben, ebenso wie der steuerlich geschulte Beamte oder Berufsträger aus den gleichen Gründen wie der Jäger ein entsprechendes Unrechtsverhalten selbstverständlich schon aus prinzipiellen Gründen nicht an den Tag legt.

Vermeidung einer Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung

Die beste Vermeidungsstrategie liegt sicherlich darin, sich in allen steuerlichen Belangen hervorragend und qualifiziert beraten zu lassen und gar nicht erst auf die Idee zu kommen, steuerhinterzieherische Tatbestände zu verwirklichen.

Sollte allerdings, bevor ein steuerhinterzieherischer Tatbestand durch die entsprechenden Amtsträger entdeckt worden ist, ein Weg gesucht werden, die Strafbarkeit zu vermeiden, so bietet das deutsche Steuerstrafrecht entsprechende Möglichkeiten. Der goldene Weg ist dann die Selbstanzeige, die als einfache Selbstanzeige, dann, wenn schon sämtliche Informationen zur Verfügung stehen, oder als Stufenselbstanzeige ausgefertigt werden kann.

Wesentlich ist, dass durch diese Selbstanzeige der Fiskus in die Lage versetzt wird, ohne weitere Ermittlungen die korrekte Steuerfestsetzung vorzunehmen und sei es zunächst – wie bei der Stufenselbstanzeige - auf der Basis vom Steuerpflichtigen geschätzter Daten, die mit einem Sicherheitszuschlag versehen sein sollen.

Der selbstanzeigende Steuerbürger muss aber kurzfristig, d. h. in der Regel binnen zwei bis drei Wochen, die bisher hinterzogenen Steuern nachzahlen können. Sonst läuft die Selbstanzeige ins Leere.

Weil deshalb an eine Selbstanzeige relativ hohe Ansprüche gestellt werden, sollte sie nur mit professioneller Hilfe ausgefertigt werden. Eine verunglückte Selbstanzeige, die nicht den erforderlichen formalen Kriterien entspricht, führt dazu, dass die persönliche Strafbefreiungswirkung entfällt, der Fiskus nun gleichwohl über den steuerhinterzieherischen Tatbestand genügend Kenntnis hat, um ein Verfahren durchzuführen, welches dann unweigerlich zur Verurteilung führen wird.

bdp steht mit langjähriger Erfahrung in der Erstellung von Selbstanzeigen unter Wahrung absoluter Diskretion jederzeit zur Verfügung.

Eine weitere Möglichkeit der Vermeidung einer Strafbarkeit bei bereits vorliegenden Steuerstraftatbeständen ist die Wahrnehmung von Amnestiemöglichkeiten.

In der näheren Vergangenheit wurden solche Amnestiemöglichkeiten Ende der 80er Jahre und Anfang der 2000er Jahre geboten. Die Konditionen waren immer sehr günstig, sodass nicht ganz klar ist, warum denn nicht mehr Steuerbürger diese Möglichkeit wahrgenommen haben. Auch eine solche Amnestiemöglichkeit setzt voraus, dass die sich daraus bietenden Chancen mit professioneller Sachkunde wahrgenommen werden. Sollte sich in der näheren Zukunft wiederum eine solche Amnestiemöglichkeit abzeichnen, was der Verfasser nicht für ganz ausgeschlossen hält, so ist dringend anzuraten, sie zu nutzen. Wer aber zu lange auf eventuell kommende Amnestiemöglichkeiten wartet, riskiert, dass Steuerhinterziehungstatbestände perpetuiert und das Aufdeckungs- und Strafrisiko immer höher werden.

Durchsuchung und Beschlagnahme

Durchsuchungen und Beschlagnahmen im Zusammenhang mit Steuerstrafverfahren sind absolut üblich und gehören zum ständigen Handwerkszeug der Verfolgungsorgane. Nunmehr dürfen bei bestimmten Fällen der sogenannten schweren Steuerhinterziehung, ähnlich wie bei Mord und Totschlag, auch Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen durchgeführt werden.

Da solche Überwachungsmaßnahmen auch bei Bestechlichkeit und Bestechung sowie Geldwäscheverdacht durchgeführt werden dürfen, ist es üblich, dass die Verfolgungsbehörden versuchen, parallel zu den angeblichen Steuerstraftatbeständen, die zumindestens einen Anfangsverdacht rechtfertigen sollen, dem zuständigen Richter auch plausibel zu machen, dass Bestechlichkeits- oder Bestechungsverdachtsmomente vorliegen oder aber ein hinreichender Anfangsverdacht für Geldwäschetatbestände spricht. Auch so lassen sich dann umfangreiche Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen durchführen.

Die oben angesprochenen Durchsuchungen und Beschlagnahmen können auch bei Dritten, also nicht Verdächtigen, durchgeführt werden. Das heißt, dass solche Durchsuchungen auch bei Geschäftspartnern, Kunden, Lieferanten, Banken, Beratern, ja sogar unter bestimmten Prämissen bei Berufsträgern, die ein Beratungsverhältnis mit dem Betroffenen unterhalten, also bei Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, durchgeführt werden dürfen.

Die Durchsuchungen bei Steuer- und Zollstrafverfahren werden regelmäßig durch die Steuer- und Zollfahndung durchgeführt, während bei anderen Straftaten, z. B. Wirtschaftsstraftaten, Durchsuchungen durch die Polizei denkbar sind.

Solche Durchsuchungen werden nach dem Motto „klotzen, nicht kleckern“ mit hohem Personalaufwand durchgeführt mit der Folge, dass im Zweifelsfall morgens die Büroräume, die private Immobilie, die Ferienimmobilie sowie bekannte Pkw gleichzeitig von mehreren Personen durchsucht werden.

Wichtig ist, dass der Betroffene die Legitimation der eingeschalteten Durchsuchungsbeamten (Dienstausweise) sofort überprüft, und dass er sich den Durchsuchungs- und/oder Beschlagnahmebeschluss (meistens sind beide Beschlüsse miteinander verknüpft) aushändigen lässt und sich vom Leiter der Aktion eine Visitenkarte mit Namen, Dienststelle, Telefon etc. überreichen lässt. Notfalls sind diese Daten, wenn der Beamte – was häufiger vorkommt – über kein Visitenkärtchen verfügt, entsprechend zu notieren.

Sodann ist möglichst ein fachkundiger Rechtsanwalt und/oder Steuerberater einzuschalten, der im Idealfall sofort zur Verfügung steht. Die Erfahrung zeigt aber, dass es in der Regel schwer ist, zumindestens sofort dafür zu sorgen, dass innerhalb angemessener Zeit ein solcher Berufsträger vor Ort erscheinen kann. Selbst eine telefonische Kontaktaufnahme ist nicht in jedem Falle sofort möglich, da die entsprechenden Berufsträger auch Auswärtstermine und Gerichtstermine wahrnehmen oder sich in zu weiter geografischer Entfernung aufhalten.

In diesem Fall ist es wichtig, dass der Betroffene selbst den Durchsuchungs- und/oder Beschlagnahmebeschluss überprüft, und zwar gründlich. Der Beschluss muss insbesondere Angaben darüber enthalten, für welche Zeiträume eine Straftat untersucht wird, welche Steuerarten bei im Raume stehendem Vorwurf der Steuerhinterziehung betroffen sind und nach welchen konkreten bezeichneten Beweismitteln in welchen Räumen unter konkreter Adresse gesucht werden soll. Darüber hinaus ist der Beschuldigte konkret und korrekt zu bezeichnen.

Was darf durchsucht werden?

  • Wenn bspw. im Beschluss ausgeführt wird, dass die Wohnräume im Haus des verdächtigen Betroffenen zu durchsuchen sind, heißt das, dass die Durchsuchungsorgane die Einliegerwohnung, in der ein Mieter wohnt oder in der Verwandte des Betroffenen wohnen, nicht durchsuchen dürfen.
  • Wenn die Geschäftsräume der Karl-Heinz Meier GmbH durchsucht werden sollen, heißt das, dass nur die Geschäftsräume dieser GmbH zur Durchsuchung freistehen, nicht aber Geschäftsräume, die unabhängig davon nur der Einzelunternehmer Karl-Heinz Meier nutzt oder die nur von Karl-Heinz Meier privat genutzt werden.
  • Gleiches gilt für die Beschlagnahme, d. h., wenn bestimmte Unterlagen der Karl-Heinz Meier GmbH zur Beschlagnahme vorgesehen sind, bleiben selbstverständlich persönliche Unterlagen des Gesellschafters Meier ebenso außen vor wie Unterlagen der Privatperson Meier.
  • Wenn bestimmte umsatzsteuerrelevante Unterlagen für das Jahr 2005 betroffen sind, bleiben Unterlagen, die ausschließlich andere Steuerarten oder andere Zeiträume betreffen ebenso außen vor.
  • Wenn ausschließlich Herr Meier individuell im Beschluss benannt ist, heißt dies, dass Unterlagen seiner Ehefrau selbstverständlich auch außen vorbleiben.

Es ist wichtig, dass der Betroffene sofort massiv darauf drängt, dass die oben angeführten Kriterien eingehalten werden, damit Zufallsfunde bei der Durchsuchung möglichst vermieden werden. Zufallsfunde sind Gegenstände, Unterlagen und Dokumente, die auf das Vorliegen eines anderen nicht im Beschluss genannten strafrechtlich relevanten Verhaltens hindeuten.

Zufallsfunde vermeiden!

Solche Zufallsfunde können nach deutschem Strafprozessrecht einstweilig in Beschlag genommen werden, und durch einen Richter können die einstweiligen Beschlagnahmen dann in endgültige umgewandelt werden.

Insbesondere Steuerfahnder versuchen sehr häufig, durch eine intensive Nachschau plangerecht Zufallsfunde zu provozieren. Durch sachgerechtes Vorgehen kann hier zumindest weiterer Schaden zulasten des Betroffenen verhindert werden.

Protest einlegen!

Auch wenn Beschwerden gegen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse statistisch gesehen wenig Aussicht auf Erfolg haben, sollte eine kurze summarische Überprüfung vorgenommen werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass eine solche Beschwerde unter Umständen auch taktische Hintergründe haben kann.

Es sollte deshalb zunächst Protest gegen Durchsuchungen und Beschlagnahmen eingelegt und protokolliert sowie darauf bestanden werden, dass beschlagnahmte Unterlagen zunächst versiegelt werden. Der Betroffene sollte sich auch eine detaillierte Liste der beschlagnahmten Gegenständen aushändigen lassen.

Unterlagen versiegeln lassen!

Anders als Polizeibeamte dürfen Steuer- und Zollfahnder übrigens schon vor Ort Unterlagen durchsehen. Trotzdem ist darauf zu bestehen, dass die Unterlagen nachfolgend versiegelt werden, um sich die Möglichkeit einer richterlichen Überprüfung vorzuhalten, die im Zweifelsfall auch taktisch motiviert sein kann.

Deshalb muss so schnell wie möglich ein sachkundiger Berufsträger eingeschaltet werden, der schnellstmöglich und sei es auch erst am nächsten Tag, die fachgerechten taktischen und erforderlichen Maßnahmen einleiten kann.

Was darf beschlagnahmt werden?

Informativ darf darauf hingewiesen werden, dass Rechtsanwalts- und/oder Steuerberaterunterlagen ebenso wie Wirtschaftsprüferunterlagen nicht grundsätzlich beschlagnahmefrei sind. Beschlagnahmefrei sind im Wesentlichen schriftliche Mitteilungen zwischen dem im Beschluss genannten Beschuldigten und dessen für ihn tätigen Berufsträger (Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater).

Zu diesen Mitteilungen gehören insbesondere Briefe, Kopien von Briefen, eigene Aufzeichnungen der Berufsträger zur Sache, soweit sich diese Aufzeichnungen auch auf vom Beschuldigten anvertraute Mitteilungen beziehen, was regelmäßig der Fall ist. Gleichfalls sind selbstverständlich Gesprächsnotizen, Strategiepapiere und dergleichen beschlagnahmefrei. Also darf festgestellt werden, dass die Handakte beschlagnahmefrei ist.

Beschlagnahmefrei sind auch Buchhaltungsunterlagen, die der entsprechende Berufsträger noch für die Erstellung des in Arbeit befindlichen Jahresabschlusses benötigt (Die Erstellung des Jahresabschlusses ist daher eine berufstypische Tätigkeit).

Anders verhält es sich bei Unterlagen, die der Berater lediglich aufbewahrt hat bzw. hinsichtlich derer er lediglich Aufgaben übernommen hat, die nicht eine berufstypische Tätigkeit darstellen. Insofern sind mit Ausnahme der oben genannten alle Buchhaltungsunterlagen beschlagnahmefähig.

Kein überflüssiges Wort sagen!

Sehr wichtig ist, dass der Betroffene bei Durchsuchungen und Beschlagnahmen kein überflüssiges Wort mit den Fahndern spricht. Dabei ist im Zweifel tatsächlich jedes Wort überflüssig.

Es gehört zur Taktik der hervorragend ausgebildeten Fahnder, im Wechselspiel „guter Fahnder und böser Fahnder“ den Betroffenen möglichst im ersten Schock zum Reden zu bringen.

Auf Zusagen nicht hereinfallen!

Dabei werden oft auch Zusagen gemacht wie „Wenn Sie sich jetzt offenbaren, sorgen wir dafür, dass es strafrechtlich zu einer ganz milden Sanktion kommt.“ Solche Zusagen sind aber wertlos, da ein Fahnder gar nicht über die Rechtsmacht und die Rechtsmöglichkeiten verfügt einen strafrechtlichen Verfahrensausgang zu beeinflussen.

Wichtig ist, dass vom Schweigerecht unbedingt Gebrauch gemacht wird und man sich auch nicht durch vermeintlich unverfängliche Fragen dazu verleiten lässt, in ein Gespräch einzutreten, welches man als Laie nicht mehr kontrollieren kann.

Für einen Verteidiger ist nichts ärgerlicher, als in eine Verteidigung einzutreten und bei Aktendurchsicht feststellen zu müssen, dass durch zu viel reden schon Fakten gesetzt wurden, die nur schwer zugunsten des Betroffenen zu revidieren sind.

In der kommenden Ausgabe befassen wir uns abschließend mit der Verteidigungsstrategie im Steuerstrafverfahren.

Grundkurs Steuerstrafverfahren