In deutsch-chinesischen M&A-Prozessen ist von Anfang an sehr viel interkulturelle Kompetenz notwendig, damit keine atmosphärischen Störungen aufkommen.

In deutsch-chinesischen M&A-Prozessen ist von Anfang an, also bereits im Interessenbekundungsverfahren oder noch besser bei der Auswahl potenzieller Investoren und Käufer, sehr viel interkulturelle Kompetenz notwendig, damit nicht von vornherein atmosphärische Störungen aufkommen. Denn dies könnte die Folgeverhandlungen und die spätere Integration des deutschen Unternehmens deutlich erschweren. Wir identifizieren sensible Bereiche und geben Praxishinweise, was die chinesische und die deutsche Seite jeweils für das Gelingen der M&A-Verhandlungen beitragen kann. 

Kontinuierliche Kommunikation ist nötig

Bereits zu Beginn des Annäherungsprozesses ist eine kontinuierliche Kommunikation erforderlich, damit jeder weiß, wie der Stand der Dinge respektive der Verhandlungen ist. 

Chinesische Unternehmen neigen dazu, nicht zu kommunizieren. Verhandlungen enden plötzlich, Fragen werden nicht mehr beantwortet. Damit können deutsche Unternehmer sehr schwer umgehen, und dies führt zu einer schlechten Stimmung. Empfehlenswert ist für die chinesische Seite, konkret zu benennen, warum etwa ein Transaktionsprozess ins Stocken geraten ist. Mit Aussagen wie „Wir müssen mit der Bank reden“ oder „Wir müssen unsere Gesellschafter fragen und brauchen dafür Zeit“ gäben sie dem deutschen Verhandlungspartner Vertrauen und Sicherheit. Auch in Deutschland wollen Finanzierungspartner oder Gesellschafter vor wichtigen internationalen Aktivitäten gefragt werden. Die Motivation der einen Seite sollte für die andere Partei nachvollziehbar sein, um Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Verhandlungen zu schaffen. 

Gemeinsame Sprache

Ratsam ist, wenn beide Seiten die gleiche Sprache sprechen. Das bedeutet, man verhandelt und kommuniziert vor allem mit qualifizierten Übersetzern in einer der beiden Muttersprachen, oder man einigt sich auf eine Verhandlungssprache, die im Regelfall Englisch ist. Hier sollten beide Seiten aber in etwa das gleiche Sprachniveau haben. 

Struktur versus Flexibilität

Chinesische Verhandlungspartner vermitteln häufig den Eindruck, es gehe bei Verhandlungen und Integrationsprozessen zwei Schritte vor und einen Schritt zurück. Darin werden unterschiedliche Vorgehensweisen zwischen Deutschland und China deutlich. 

Deutsche Unternehmer gehen bei einem Verkauf in der Regel strukturiert vor. Der gesamte Prozess folgt einem in sich schlüssigen Ablaufschema, das im Voraus geplant wird. Ist ein Meilenstein erreicht, wird er für erledigt erachtet und der nächste Punkt bearbeitet. Selten kommt es vor, dass man in einem laufenden M&A-Prozess etwa von einem Share Deal auf einen Asset Deal umschwenkt. Für einen chinesischen Unternehmenslenker stellt ein Richtungsschwenk ein geringeres Problem dar. Er geht intuitiver vor, was oft den Eindruck vermittelt, dass Planungen weniger nachhaltig und Zwischenergebnisse weniger verbindlich sind. 

Diese Flexibilität bietet für die chinesische Seite den Vorteil, dass man Verhandlungsstände immer noch einmal reflektiert und notfalls korrigiert. Dieser immer wieder erkennbare Unterschied in der Vorgehensweise führt regelmäßig zu Irritationen: Werden Verhandlungsergebnisse wieder hinterfragt, reagieren deutsche Unternehmer oft irritiert bis verärgert („Das haben wir doch alles schon besprochen!“). 

Das spüren die sensiblen chinesischen Verhandlungspartner und fühlen sich ihrerseits durch das Verhalten der Deutschen brüskiert. Die Deutschen sind direkter, während die Chinesen sich eher indirekt ausdrücken. Die Deutschen schätzen ein klares „Ja, geht“ oder „Nein, geht nicht“ mehr, da es Zeit spart und effizient ist. Im Gegensatz dazu ist ein „Nein“ oder ein „Ja“ auf chinesischer Seite oft nicht so verbindlich, wie der deutsche Verhandlungspartner es gerne hätte. 

Beide Seiten haben auch ihre Ansichten, warum die deutsche Direktheit oder die chinesische Indirektheit jeweils vorteilhafter sein soll. Für Deutsche ist Direktheit ein Ausdruck von Ehrlichkeit, während für Chinesen die indirekte, zurückhaltende Kommunikation etwas mit Respekt zu tun hat. Beide Sichtweisen haben ihre Berechtigung und sollten beachtet werden. 

Chinesische Käufer sollten strategische Ziele kommunizieren 

Die chinesische Seite sollte Einfühlungsvermögen insbesondere bei familiengeprägten deutschen Unternehmen zeigen, die sehr oft traditionell ein ausgeprägtes Fürsorgeverhalten gegenüber ihren Mitarbeitern haben. 

Dies führt dazu, dass für den deutschen Verkäufer neben einem angemessenen Kaufpreis auch der Hintergrund und die Motivation des chinesischen Käufers von Bedeutung sind, welche Ziele mit dem Zukauf verfolgt werden. Hier zeigen die praktischen Erfahrungen, dass chinesische Investoren eher zurückhaltend mit solchen Informationen sind. Hilfreich ist deshalb, wenn der Investor den strategischen Hintergrund und die Hauptmotive des Kaufinteresses logisch und idealerweise schriftlich ausführlich darstellt. Von Vorteil und damit vertrauensbildend für die ersten Gespräche ist dabei, wenn der chinesische Investor eigene ausgewählte Unternehmensdaten, beispielsweise Umsatz, Gewinn, Bilanzdaten, Mitarbeiteranzahl, Geschäftszweck und strategische Ziele vorstellt. Auch hier gilt: Je mehr Informationen, desto besser. Das hilft, die Unsicherheit bei potenziellen deutschen Targets zu reduzieren oder sogar komplett zu eliminieren. 

Konkrete Motive benennen

Zu den Hauptmotiven chinesischer Kaufinteressenten könnte beispielsweise der Zugang zu technologischem Know-how genauso wie die Sicherung der eigenen Marktposition sowohl auf dem chinesischen als auch deutschen und europäischen Markt zählen. Des Weiteren können die Erweiterung des eigenen Produktportfolios und die Sicherung von strategischen Brückenköpfen in Europa genannt werden. Auch die gemeinsame Entwicklung von Produkten für den asiatischen Markt sollte bereits im Anfangsstadium mitbedacht und kommuniziert werden. 

Bedenken abbauen

Empfehlenswert und hilfreich ist es darüber hinaus, wenn der Käufer das deutsche Management an Bord lässt oder den Verkäufer für die Zeit des Integrationsprozesses beratend einbezieht. Hier geht es insbesondere darum, den Mitarbeitern in Deutschland die Angst vor der chinesischen Unternehmenskultur zu nehmen, damit es nicht zu einem Motivationsverlust innerhalb der Belegschaft kommt. Permanente Informationen oder Schulungen der deutschen Führungskräfte und Mitarbeiter über chinesische Verhaltensmuster und Traditionen können hier einen guten Beitrag zur Integration des deutschen Unternehmens leisten. 

Klärende Gespräche 

Und sollte es doch einmal zu einem Konflikt kommen, bietet es sich an, ein klärendes Gespräch unter der Moderation eines erfahrenen Mediators zu führen, der sich in den kulturellen Eigenheiten beider Seiten sehr gut auskennt. Dadurch können eventuell aufkommende Konflikte frühzeitig erkannt und kurzfristig beigelegt werden.