Rainer Hübl erläutert, welche Rolle der Absatzmarkt und spezifische Risiken beim qualitativen Rating spielen.

Der Schlüssel für ein profitables Unternehmen mit gutem Rating liegt in einer stetigen und ganzheitlichen Verbesserung des Managements. Der Geschäftsführer der bdp Venturis, Rainer Hübl, erläutert in dieser Ausgabe, welche Rolle hierbei der Absatzmarkt und spezifische Risiken spielen.

Absatzmarkt

Vier Aspekte des Absatzmarktes werden beim qualitativen Rating analysiert: aktueller Auftragsbestand, Bonität der Kunden, zukünftige Kapazitätsauslastung sowie die Abhängigkeit von Kunden.

Aktueller Auftragsbestand

Ein hoher Auftragsbestand und eine lange Auftragsreichweite sind für ein Unternehmen mit hohen Fixkosten wichtig. Ein hoher Auftragsbestand wird positiv bewertet, wenn die Aufträge hohe Deckungsbeiträge zu den fixen Kosten einbringen und die Abnehmer bekannt und verlässlich sind. Auch sind Aufträge im Bereich der Kernkompetenzen grundsätzlich besser zu bewerten als in Bereichen, wo wenig Erfahrungen vorliegen.

Bonität des Kunden

Natürlich sind Kunden mit dem geringsten Ausfallrisiko am besten. So gibt es Branchen, in denen aufgrund von üblichen Zahlungsgepflogenheiten kein Debitorenrisiko besteht, wie beispielsweise große Teile des Einzelhandels, wo Barzahlung üblich ist.

Ansonsten bergen langfristige Kundenbeziehungen ein geringeres Ausfallrisiko als häufig wechselnde oder neue Kundschaft. Als Indikator für die Qualität Ihrer Abnehmer wird ein Kreditinstitut das Zahlungsverhalten Ihrer Kunden in Bezug auf Zahlungsziele, Skonti, Bank- und Kreditauskünfte u.a.m. heranziehen. Die Untersagung von Bankauskünften durch den Abnehmer ist hierbei immer ein Negativmerkmal.

Zukünftige Kapazitätsauslastung

Die zukünftige Kapazitätsauslastung sollte möglichst hoch, aber auch gleichmäßig sein. Vorgehaltene Kapazitäten binden Kapital, während Auftragsspitzen Zusatzbelastungen in Form teurer Fremdleistungen, Terminüberschreitungen und Qualitätsprobleme aufwerfen können. Positiv ist es, wenn die Gewinnschwelle, der Break-even-Point, bereits bei verhältnismäßig geringen Kapazitätsauslastungen überschritten wird, sodass Flexibilitätsreserven bestehen.

Abhängigkeit von Kunden

Eine diversifizierte Kundenstruktur, also eine Struktur ohne größeres Klumpenrisiko, ist für die Beurteilung vorteilhaft. Klumpenrisiken bergen nicht nur die Gefahr möglicher Forderungsausfälle, sondern verlagern auch die Verhandlungsvollmacht auf die Abnehmerseite. Je größer die Aufträge eines Abnehmers im Verhältnis zu Ihren anderen Aufträgen sind, umso mehr hängt auch Ihr wirtschaftlicher Erfolg am unternehmerischen Erfolg des Kunden.

Positiv ist es, wenn noch Kundenpotenziale bestehen, sodass zu vertretbaren Mehrkosten neue Abnehmerkreise erschlossen werden können.

Abhängigkeiten und spezifische Risiken

Der Bewertungsschwerpunkt Abhängigkeiten und spezifische Risiken wird anhand dreier Aspekte analysiert: die Abhängigkeit von politisch-rechtlichen Risiken, die Abhängigkeit von gesellschaftlichen Trends und die Abhängigkeit von sonstigen Risiken.

Politisch-rechtliche Risiken

Politisch-rechtliche Risiken betreffen zunächst die gesetzlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich das Unternehmen bewegt. So können beispielsweise gesetzliche Änderungen der Besteuerung, der Produkthaftung oder der Arbeitnehmerbeziehungen unmittelbar Einfluss auf die künftige Unternehmensrentabilität haben. Zu beachten sind auch eventuelle Abhängigkeiten eines Unternehmens von Subventionen oder politischen und spezifischen steuerrechtlichen Vergünstigungen.

Hier ist wichtig: Nicht der Tatbestand einer solchen Vergünstigung wird negativ bewertet, sondern der Umstand einer bestehenden Abhängigkeit. Zu bewerten ist schließlich auch, welche Risiken für das Unternehmen von etwaigen laufenden Verfahren ausgehen.

Abhängigkeit von gesellschaftlichen Trends

Die Abhängigkeit von gesellschaftlichen Trends sollte möglichst gering sein, weil diese sich kaum prognostizieren lassen. Jederzeit kann die Nachfrage einbrechen und ein neuer Trend den alten ablösen. Wichtig ist, ob Sie bei trendbestimmter Nachfrage auf Nachfrageeinbrüche flexibel und zu angemessenen Kosten reagieren können und wie Sie das Nachfrageverhalten analysieren.

Sonstige Risiken

Die sonstigen Risiken betreffen beispielsweise mögliche Umweltrisiken wie Hochwasser und Sturm. Wichtig ist hier ein ausreichender Versicherungsschutz. Dies betrifft auch Haftpflichtschäden. Während im Auslandsgeschäft gegen Zahlungs-, Kurs- und Transportrisiken noch Absicherungen möglich sind, ist dies bei politischen Risiken und insbesondere höherer Gewalt nicht mehr der Fall.

Ist also Ihr Unternehmen solchen Risiken ausgesetzt, wird geprüft, wie groß der Umsatzanteil ist, der auf Krisenländer entfällt, und in wieweit Ihr Unternehmen mögliche Ausfälle verkraften kann. Weitere Risiken wären Haftungsrisiken aus der Leistungserstellung oder Haftung aufgrund mangelhafter Kundenberatung (Beraterhaftung), sofern sie nicht bereits unter die oben behandelten politisch-rechtlichen Risiken fallen.

In der kommenden Ausgabe werden wir uns mit dem Thema „Wertschöpfungskette“ befassen.

Ganzheitliche Unternehmensführung