Der Bundesfinanzhof stellt umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz grundsätzlich in Frage

Der BFH hat mit einem Beschluss vom 19.03.2014 (Az. V B 14/14) ernsthafte Zweifel am Fortbestand der umsatzsteuerlichen Organschaft im Fall der Insolvenz eines beteiligten Unternehmens geäußert. Es kollidieren hier das Rechtsinstitut der umsatzsteuerlichen Organschaft und der insolvenzrechtliche Einzelverfahrensgrundsatz. Da die Entscheidung im Hauptsacheverfahren jedoch noch aussteht, sollten laufende Verfahren bei entsprechender Vorteilhaftigkeit offen gehalten werden.

Was bedeutet das?

Eine (umsatzsteuerliche) Organschaft liegt dann vor, wenn untergeordnete Organgesellschaften finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in einen übergeordneten Organträger eingegliedert sind. Die Organgesellschaften verlieren dabei ihre Selbstständigkeit. Eine Rechtsfolge der Organschaft ist, dass die Innenumsätze im Organkreis nicht steuerbar sind, da nur der Organträger Unternehmer ist. Der Organträger ist damit alleiniger Umsatzsteuerschuldner für alle Leistungen, die die jeweiligen Unternehmensteile des Organkreises gegenüber Dritten erbringen.

Die umsatzsteuerliche Organschaft steht und fällt mit ihren Voraussetzungen. Es handelt sich also nicht um ein Wahlrecht, sodass es in der Praxis auch zu ungewollten Organschaften – insbesondere bei Betriebsaufspaltungen – kommen kann.

Organschaft in Insolvenz fraglich

Nach Ansicht des BFH scheint sowohl eine Insolvenz des Organträgers als auch die der Organgesellschaft mit der Organschaft unvereinbar zu sein, da dem Grundsatz der Belastungsneutralität widersprochen werden könnte.

Bisher war höchstrichterlich nur geklärt, dass mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei einer Organgesellschaft die organisatorische Eingliederung als Voraussetzung der umsatzsteuerlichen Organschaft entfällt und diese damit beendet ist. Die herrschende Meinung im Schrifttum hält bisher die Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Organträgers für unerheblich.

Mit der Organschaft und dem Organträger als alleinigem Unternehmer kollidiert insolvenzrechtlich der Einzelverfahrensgrundsatz, der bedeutet, dass separate Insolvenzverfahren über die Vermögen der einzelnen (Konzern-) Gesellschaften zu eröffnen sind, auch wenn ein Konzern insolvent ist. Die Folge bei einer Unternehmensfortführung ist, dass Ansprüche zwischen Personen, die umsatzsteuerlich Teil eines Organkreises sind, nur nach „Rang“ geltend gemacht werden dürfen. Der Nachteil hierbei ist, dass die Kosten des Insolvenzverfahrens und der sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg und damit vor allen anderen Insolvenzforderungen aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind, sodass die „nachrangigen“ Insolvenzforderungen regelmäßig nicht werthaltig sind.

Die Rechtsprechung verlangt jedoch, dass bei einer Organschaft die Verteilung von Umsatzsteuerlast und Vorsteuerabzug gleichermaßen nach dem Verursacherprinzip erfolgt. Die notwendige Verteilung der Steuerlast über den organschaftlichen Ausgleichsanspruch scheitert jedoch in der Insolvenz regelmäßig an der fehlenden Werthaltigkeit des Ausgleichsanspruchs.

Vorteilhaft oder nachteilig?

Bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft muss genau geprüft werden, welche Konstellation für die betroffene Gesellschaft von Vorteil ist. Dies hängt im Wesentlichen mit den bestehenden Vorsteuererstattungsansprüchen bzw. umgekehrt mit den Forderungen des Finanzamtes zusammen, und ob diese dann Masseforderungen oder nur Insolvenzforderungen sind.

Bei diesem sehr komplexen Thema stehen wir Ihnen gerne sowohl mit unserer steuerlichen Expertise als auch mit unserem insolvenzrechtlichen Know-how beratend zur Seite, da die liquiditätswirksamen Folgen bei der umsatzsteuerlichen Organschaft in der Insolvenz sehr gravierend sein können.