Gekürzte Verpflegungspauschale wegen Snack im Flugzeug oder Obst beim Seminar: BMF definiert Reisekostenrecht neu.

Weil zum 01. Januar 2014 das Reiskostenrecht grundlegend geändert wurde, hatten wir bereits in bdp aktuell Ausgabe 102 vom Dezember 2013 ausführlich über die geänderte Rechtslage sowie über die seinerzeit maßgeblichen BMF-Schreiben berichtet. Nun gibt es wieder Anlass für ausführliche Informationen zur steuerlichen Behandlung von Reisekosten, hat doch das BMF diverse aktuelle Schreiben veröffentlicht, darunter am 24.10.2014 eine 62-seitige Neufassung des Anwendungserlasses von vor gut einem Jahr. Jana Selmert-Kahl und Rüdiger Kloth klären Sie auf.

Zu den Reisekosten zählen nach deutschem Recht Fahrtkosten, der Verpflegungsmehraufwand, die Übernachtungskosten und die Reisenebenkosten. Unternehmer können Reisekosten als Betriebsausgaben geltend machen und die Vorsteuer abziehen. Für Arbeitnehmer ist ein Werbungskostenabzug möglich. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Reisekosten, die durch das Arbeitsverhältnis entstehen, steuerfrei erstattet. Dafür sind aber die Grenzen eng. Prinzipiell ist es möglich, Reisekosten aufzuteilen, wenn eine Reise sowohl berufliche als auch private Gründe hat.

Was ist die erste Tätigkeitsstätte?

Damit Reisekosten überhaupt anfallen können,  muss zwingend eine auswärtige berufliche Tätigkeit vorliegen, was dann der Fall ist, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und nicht an der ersten Tätigkeitsstätte tätig wird. Ist er an der ersten Tätigkeitsstätte tätig, werden nicht Reisekosten berücksichtigt, sondern es kommen die Entfernungspauschale bzw. die 0,03-%-Regelung zur Anwendung.

War bis Ende 2013 der Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ maßgeblich, so gilt jetzt die Festlegung der sogenannten „ersten Tätigkeitsstätte“.

Nach dem neuen Reisekostenrecht kann ein Mitarbeiter je Dienstverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte, ggf. aber auch keine erste Tätigkeitsstätte haben. Es wurde jetzt vom BMF ergänzt, dass Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte außerhalb ihrer Wohnung immer auswärts tätig sind.

Für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte sind vor allem die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen durch den Arbeitgeber relevant. Ändern sich diese, sind sie dem Arbeitnehmer mitzuteilen.

Sind solche Festlegungen nicht vorhanden oder sind sie nicht eindeutig, werden hilfsweise zeitliche (quantitative) Kriterien herangezogen. Der Fiskus geht von einer festen Zuordnung aus, wenn der Arbeitnehmer einen bestimmten Arbeitsort

  • üblicherweise arbeitstäglich,
  • mindestens an zwei Tagen je Woche oder
  • mindestens zu 30 Prozent der Arbeitszeit

aufsucht oder aufsuchen soll.

Häusliches Arbeitszimmer ist nie erste Tätigkeitsstätte

Es wurde durch das BMF jetzt aber der Hinweis gegeben, dass das häusliche Arbeitszimmer des Mitarbeiters keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten ist und daher auch keine erste Tätigkeitsstätte sein kann. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber vom Mitarbeiter einen oder mehrere Arbeitsräume anmietet, die der Wohnung des Mitarbeiters zuzurechnen sind. Laut BMF kann aber auch ein Baucontainer eine ortsfeste betriebliche Einrichtung sein, und zwar unter der Voraussetzung, dass er ein Baubüro, Aufenthaltsräume oder Toiletten enthält.

Die erste Tätigkeitsstätte kann sich auch im Ausland befinden, und zwar dann, wenn der Arbeitnehmer zu einem verbundenen Unternehmen entsandt wurde und das aufnehmende Unternehmen den Arbeitnehmer vertraglich einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung zuordnet. Ob dies dauerhaft oder wiederholt befristet erfolgt, ist unerheblich.

Der Verpflegungsmehraufwand

Berufstätige haben bei einer auswärtigen Tätigkeit einen pauschalierten Anspruch auf die Erstattung des Verpflegungsmehraufwandes. Arbeitnehmer können diese Pauschale von ihrem Arbeitgeber steuerfrei erstattet bekommen. Selbstständige können die Pauschale von der Steuer absetzen. Die Höhe der Pauschale ist abhängig von der Dauer der Auswärtstätigkeit.

  • 24 Stunden Abwesenheit: 24 Euro
  • An- und Abreisetag: 12 Euro
  • Eintägige Auswärtstätigkeit über 8 Stunden: 12 Euro

Die Abwesenheitszeiten müssen für den jeweiligen Kalendertag berechnet werden. Wer aber an einem Kalendertag mehrfach oder über Nacht (an zwei Kalendertagen ohne Übernachtung) auswärts tätig ist, darf die Abwesenheitszeiten dieser Tätigkeiten zusammenrechnen. Sie werden für den Kalendertag berücksichtigt, an dem der Mitarbeiter den überwiegenden Teil der insgesamt mehr als 8 Stunden abwesend ist.

Unternimmt ein Mitarbeiter mehrere Dienstfahrten an einem Tag, so zählen die summierten Zeiten dieser Fahrten als Abwesenheitszeit. Überschreitet diese die Grenze von 8 Stunden, ist der Anspruch auf die Verpflegungspauschale erreicht.

Befristung und Neubeginn der Dreimonatsfrist

Verpflegungspauschalen dürfen nur für die ersten drei Monate einer beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte berücksichtigt werden. Strittig war bislang, ob und wann zum Beispiel ein Ortswechsel innerhalb eines großräumigen Betriebsgeländes zum Neubeginn der Dreimonatsfrist führt.

Grundsätzlich wertet das BMF die Tätigkeit innerhalb eines großräumigen Betriebsgeländes durchgehend als Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte. Ein Ortswechsel und damit verbunden der Neubeginn der Dreimonatsfrist liegt jedoch dann vor, wenn die Tätigkeitsstätten unterschiedlichen Auftraggebern zugerechnet werden können.

Verpflegungspauschale im Ausland

Für berufliche Tätigkeiten im Ausland gibt es seit der Reisekostenreform 2014 nur noch zwei Pauschalen in Höhe von 120 % und 80 % der Auslandstagegelder nach dem Bundesreisekostengesetz. Die entsprechenden Eurobeträge für 2015 hat die Finanzverwaltung neu herausgegeben. Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern Auslandsreisekosten bis zur Höhe dieser länderspezifischen Pauschalen steuerfrei erstatten (vgl. BMF-Schreiben vom 19.12.2014).

Kürzung der Verpflegungspauschale

Ein besonderer Leckerbissen des neuen BMF-Anwendungserlasses stellen die Ausführungen zur Mahlzeitengestellung durch den Arbeitgeber dar.

Übliche Mahlzeiten mit einem Preis bis 60 Euro, die einem Arbeitnehmer anlässlich einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit zur Verfügung gestellt werden, sind nicht zu besteuern, wenn der Mitarbeiter für die betreffende Auswärtstätigkeit dem Grunde nach eine Verpflegungspauschale geltend machen könnte. Die Verpflegungspauschale ist allerdings wegen der Mahlzeitengestellung des Arbeitgebers in diesem Fall wie folgt zu kürzen:

  • um 20 Prozent für ein Frühstück und
  • um jeweils 40 Prozent für ein Mittag- oder Abendessen

der für die 24-stündige Abwesenheit geltenden höchsten Tagespauschale.

Die Grundsätze zur Kürzung der Bewirtung gelten auch bei Auslandsreisen und auch, wenn der Arbeitnehmer an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung teilnimmt. Gekürzt wird immer dann, wenn die Mahlzeit vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt wird.

Und das trifft dann auch auf Mahlzeiten zu, die auf Flügen oder Schiffsreisen gereicht werden, für die der Arbeitgeber das Ticket bezahlt. Das BMF hat sehr weitreichende Vorstellungen von Mahlzeiten. O-Ton BMF: „Auch ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Snack oder Imbiss (z. B. belegte Brötchen, Kuchen, Obst), der während einer auswärtigen Tätigkeit gereicht wird, kann eine Mahlzeit sein, die zur Kürzung der Verpflegungspauschale führt. Eine feste zeitliche Grenze für die Frage, ob ein Frühstück, Mittag- oder Abendessen zur Verfügung gestellt wird, gibt es nicht. Maßstab für die Einordnung ist vielmehr, ob die zur Verfügung gestellte Verpflegung an die Stelle einer der genannten Mahlzeiten tritt, welche üblicherweise zu der entsprechenden Zeit eingenommen wird.“

Es werden wohl die Gerichte klären müssen, ab wann ein Snack zur Mahlzeit befördert wird. Nutzlos ist übrigens, wenn man, unbeschadet der angebotenen Qualität, diese sogenannten „Mahlzeiten“ nicht zu sich nimmt.

Das BMF klärt auf: „Unbeachtlich im Hinblick auf die gesetzlich vorgeschriebene pauschale Kürzung der Verpflegungspauschalen ist, ob die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Mahlzeit vom Arbeitnehmer tatsächlich eingenommen wird oder die Aufwendungen für die vom Arbeitgeber gestellte Mahlzeit niedriger sind als der jeweilige pauschale Kürzungsbetrag. Die Kürzung kann nur dann unterbleiben, wenn der Arbeitgeber keine Mahlzeit zur Verfügung stellt, z. B. weil er die entsprechende Mahlzeit abbestellt oder der Arbeitnehmer die Mahlzeit selbst veranlasst und bezahlt.“

Wer aber Essensmarken vom Arbeitgeber erhält, ist fein raus und wird von der Kürzung der Pauschale verschont, weil es sich bei der Ausgabe von Essensmarken in der Regel nicht um eine vom Arbeitgeber gestellte Mahlzeit handelt, sondern lediglich um eine Verbilligung der vom Mitarbeiter selbst veranlassten und bezahlten Mahlzeit.

Haben Sie noch Fragen? Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

Die derzeit einschlägigen BMF-Schreiben

Foto: © Africa Studio - Shutterstock