Nur noch zehn EU-Länder wollen eine Umsatzsteuer auf Börsengeschäfte erheben

Deutschland, Frankreich und acht weitere EU-Länder stecken bei der Finanztransaktionssteuer fest. Klar ist nur: Sie wird nicht wie geplant zum 01. Januar 2016 eingeführt. Strittig ist vor allem die Höhe der Steuersätze. Hier wird jetzt in der ersten Hälfte 2016 eine Einigung angestrebt. Und Estland macht bei dem Vorhaben erst einmal gar nicht mit.

Die Zahl der EU-Länder, die eine Umsatzsteuer auf Börsengeschäfte, die sogenannte Finanztransaktionssteuer einführen wollen, ist auf zehn geschrumpft. Estland ist aus dem Vorhaben im Dezember ausgestiegen. Damit wird es für die geplante Umsatzsteuer auf Börsengeschäfte langsam eng. Denn Voraussetzung ist, dass mindestens neun EU-Länder mitmachen.

Zwar sprechen die zuständigen Finanzminister von einer grundsätzlichen Verständigung über die Eckpunkte. Doch eigentlich ist weiterhin alles umstritten. Das geht schon bei der Höhe der geplanten Steuersätze los. Ursprünglich im Gespräch war, den Kauf und Verkauf von Aktien mit einer Umsatzsteuer von 0,1 Prozent zu belasten. Bei Derivaten sollten es 0,01 Prozent sein. In Bezug auf die Steuersätze ist aber bislang nur klar, dass der Fiskus beim Handel mit Derivaten geringer als bei dem mit Aktien zugreifen soll. Außerdem soll der Handel von Staatsanleihen von der Steuer ausgenommen werden.

Unklar ist zudem, welche Geschäfte überhaupt besteuert werden sollen. Offen ist vor allem, ob nur die Produkte der Börsensteuer unterliegen sollen, die in den zehn Ländern ausgegeben werden, oder auch ausländische. Das war der wesentliche Grund für den vorläufigen Ausstieg Estlands. Denn in dem kleinen baltischen Staat werden überwiegend Finanzprodukte gehandelt, die aus dem Ausland stammen. Dadurch könnten die Einnahmen wegbleiben und Händler an andere Börsenplätze ausweichen, so die Befürchtung Estlands.

Deutsche Wirtschaft gegen Börsensteuer

Auch die deutschen Wirtschaftsverbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sind gegen die geplante Einführung der Finanztransaktionssteuer – allerdings aus ganz anderen Gründen. Sie befürchten Nachteile für das Wirtschaftswachstum und die Altersvorsorge. Tatsächlich müssten Unternehmen, die Waren außerhalb des Euroraums exportieren, mehr Geld für entsprechende Wechselkurs-Sicherungs-Geschäfte aufwenden.

Ende des Computerhandels?

Außerdem prognostizieren die Experten ein Ende des Hochfrequenzhandels. Bei diesem kaufen und verkaufen Computer automatisiert riesige Mengen von Wertpapieren, die sie nur kurze Zeit halten. Auf diesen Computerhandel zielte die Finanztransaktionssteuer auch ursprünglich. Die Banken sollen zum einen an den Folgen der letzten Finanzkrise durch die Steuer beteiligt werden. Zum anderen soll eine weitere Krise des Finanzsystems durch die Einengung des Hochfrequenzhandels verhindert werden.

Doch genau diese Wirkung ist zu bezweifeln. Denn die großen Finanzplätze wie London und New York sind von der geplanten Finanztransaktionssteuer gar nicht betroffen. Zudem hat die Finanzbranche immer wieder gezeigt, dass sie im Umgehen von Steuern ausgesprochen kreativ ist. Es ist zu befürchten, dass der Hochfrequenzhandel beispielsweise aus Frankfurt auf andere Börsenplätze oder von den Banken auf nicht steuerpflichtige Firmen verlagert wird. Dem Kleinanleger bieten sich solche Ausweichmöglichkeiten nicht. Das gilt auch für die kleineren und mittelgroßen Betriebe. Steuerzahler, die zum Beispiel durch einen Aktiensparplan fürs Alter vorsorgen, werden durch die geplante Steuer ein weiteres Mal belastet.