Das Besteuerungsverfahren soll bis Anfang 2017 modernisiert werden

Das BMF hat kürzlich den Referentenentwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vorgelegt. Das Gesetzgebungsverfahren soll bis Mitte 2016 abgeschlossen sein und die Reform dann ab 01.01.2017 in Kraft treten.

Höhere Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit

Mit verschiedenen Maßnahmen soll das Besteuerungsverfahren wirtschaftlicher und zweckmäßiger durchgeführt werden. So soll beispielsweise die Zuständigkeit der Finanzämter flexibler gehandhabt werden. Dadurch können die Finanzämter im Innenverhältnis die Arbeitsauslastung effizienter verteilen und Verfahren beschleunigen. Ob zu einem Sachverhalt weiter ermittelt wird, soll zukünftig ebenfalls unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit- und Zweckmäßigkeit entschieden werden.

Ferner soll die Quote der vollständig maschinell bearbeiteten Steuererklärungen deutlich gesteigert werden. Die vollständig automationsgestützte Bearbeitung bezieht sich dabei auf risikoarme Fälle, sodass sich das Finanzamt auf prüfungsbedürftige Fälle konzentrieren kann. Die Kleinbetragsgrenze zur Änderung der Steuerfestsetzung zuungunsten des Steuerpflichtigen soll auf 25 Euro (bisher 10 Euro) angehoben werden.

Die Regelungen zur elektronischen Kommunikation sollen ebenfalls weiterentwickelt werden. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen soll die elektronische Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten, z. B. mittels Downloadangebot, ermöglicht werden. Die Bekanntgabefiktion entspricht dabei in zeitlicher Hinsicht der bisher im Inland versandten „Papier“-Verwaltungsakte und damit nicht dem tatsächlichen Abruf der Daten. Ebenso soll die elektronische Übermittlung von Vollmachtsdaten durch Bevollmächtigte gesetzlich verankert werden.

Erleichterungen für die Bürger

Die bisher bestehende Belegvorlagepflicht des Steuerpflichtigen soll von der Belegvorhaltepflicht abgelöst werden. Die Belege (Spenden- und Steuerbescheinigungen) sollen nur noch im Einzelfall bei Bedarf angefordert werden oder elektronisch von zuständigen Stellen (Nachweis der Behinderung) übermittelt werden. Sind dem Steuerpflichtigen bei der Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- und Rechenfehlern unterlaufen so sollen die Steuerbescheide zukünftig innerhalb der Festsetzungsfrist verschuldensunabhängig geändert werden können. Mit dieser Korrekturnorm kommt der Gesetzgeber einer seit einigen Jahren bestehenden Forderung nach.

Neuregelung der Steuererklärungsfristen und Verspätungszuschlag

Bisher war gesetzlich geregelt, dass alle Jahressteuererklärungen spätestens fünf Monate nach Ablauf des Kalenderjahres abzugeben sind. Mit den alljährlichen Fristenerlassen wurde in den „Beraterfällen“ die allgemeine Frist bis zum 31.12. des jeweiligen Folgejahres verlängert. Diese Frist soll bis Ende Februar des Zweitfolgejahres ausgedehnt und dabei gesetzlich fixiert werden. Ausgenommen davon sind Land- und Forstwirte (Frist bis 31.07. des Zweitfolgejahres) und Vorabanforderungen sowie Kontingentierungsverfahren. Darüber hinausgehende Fristverlängerungen kommen nur noch bei verschuldensunabhängigen Umständen auf Ebene der vertretenen Steuerpflichtigen in Betracht.

Neu ist auch die abschließende Aufzählung der Gründe für eine Vorabanforderung der Steuererklärung. Strittig ist hierbei die Vorabanforderung aufgrund der Herabsetzung von Vorauszahlungen. Beantragt der Steuerpflichtige, außerhalb einer Veranlagung die Vorauszahlungen für den Besteuerungszeitraum herabzusetzen, führt dies zur Vorabanforderung der Steuererklärung. Die unterschiedlichen wirtschaftlichen Situationen der Steuerpflichtigen führen damit zu einer Ungleichbehandlung und faktisch zu einer drastischen Fristverkürzung.

Künftig wird ein Verspätungszuschlag ohne Ermessensspielraum festgesetzt, wenn die (Jahres-)Steuererklärung nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungszeitraumes abgegeben wird. Für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung beträgt der Zuschlag 0,25 % der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 10 Euro (Jahressteuererklärung 50 Euro). Im Gegensatz zur bisherigen Praxis entstehen die Mindestbeiträge auch im Falle der Nullfestsetzung oder in Erstattungsfällen.

Sonstige Maßnahmen

Die Datenübermittlungspflichten Dritter (Arbeitgeber, Krankenkassen usw.) sollen vereinheitlicht werden. Betroffene Steuerpflichtige sollen dabei binnen einer angemessenen Frist darüber informiert werden, welche Daten an die Finanzverwaltung übermittelt werden.

Ebenfalls umstritten ist die Abschaffung des Härteausgleichs. Bisher wurden Einkünfte, die im Kalenderjahr 410 Euro nicht überstiegen, nicht besteuert. Aus dieser Streichung sollen sich künftig jährlich 80 Mio. Steuermehreinnahmen ergeben.

Auch wenn die angestrebte weitere Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens zu befürworten ist, so muss doch darauf geachtet werden, dass die sich daraus ergebenen Risiken und Lasten gleichmäßig verteilt werden.