Warum und wie man in der Krise mit Lieferanten über Preisnachlässe und mit Kunden über Preiserhöhungen reden sollte

____Herr Dr. Bormann, aus heutiger Sicht wird das Jahr 2010 für mittelständische Unternehmer sehr anspruchsvoll. Schwächen darf man sich da nicht leisten. Bei Ihren Vorträgen auf den bdp-Unternehmer-Symposien und den bdp-Fachforen Ende letzten Jahres haben Sie erläutert, wie man Schwachstellen eines Unternehmens analysiert.

Ja. Wir erklären unseren Restrukturierungs-Mandanten die geplanten Maßnahmen anhand eines Schemas, das den Workflow in einem typischen Unternehmen abbildet (vgl. Abbildung). Was wir damit klarmachen wollen, ist im Übrigen normales Unternehmer-Know-how, das nicht nur für Restrukturierungen wichtig ist. Wenn Sie am Anfang des Unternehmensablaufs den Waren- und Leistungseinkauf haben, in der Mitte die Wertschöpfungseinheit oder Produktion und am Ende den Verkauf Ihrer Waren oder Leistungen, dann steht über allem Ihr Liquiditätsrahmen. Jede Maßnahme in einem der drei Bereiche hat direkte Auswirkungen auf die Liquidität. Wenn Sie in der Summe ein negatives Ergebnis haben, dann kann dieser Cash-Drain nicht durch einen neuen Kredit gestoppt werden. Vielmehr müssen Sie in der Lage sein, an jeder Stelle des Workflows geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Ergebnis zu verbessern.

____Können Sie das genauer erläutern?

In vielen Unternehmen sind ja in 2009 die Umsätze gefallen, zum Teil sogar steil abgestürzt. Selbst wenn dieser Umsatzeinbruch unverschuldet war, weil etwa der Verkauf ins Ausland durch den allgemeinen Exportrückgang extrem schwierig geworden war, so muss man doch fragen: Was ist in dem betroffenen Unternehmen dann am Beginn des Workflows auf der Einkaufsseite geschehen? Sind dort Maßnahmen ergriffen worden? Und da müssen wir leider feststellen, dass 70 % der Unternehmer die schnellen Abwärtsbewegungen im Absatzbereich nicht zeitgleich oder wenigstens zeitnah auf der Eingangsseite nachvollzogen haben.

____Was bedeutet das?

Wenn ich nicht sofort den Leistungs- und Materialbezug reduziere, habe ich zwei Negativeffekte: Ich habe als redlicher Kaufmann immer noch versucht, meine Lieferanten zu bezahlen und damit den Kontokorrentrahmen zum Anschlag gebracht, denn über den Absatz kam ja nicht mehr soviel rein. Irgendwann war das Konto am Anschlag und jetzt kommt zum eingebrochenen Absatz noch ein Ansteigen der offenen Lieferantenrechnungen auf Kreditorenseite. Wer Geldgeber überzeugen will, muss zeigen, dass er diese Zusammenhänge nicht nur erkannt hat, sondern auch in der Lage ist, sehr zeitnah darauf zu reagieren. Das bedeutet, dass man verhandeln muss.

____Aber wenn langfristige Lieferverträge vorliegen?

Das mag ja sein. Aber in unserer langjährigen Restrukturierungspraxis haben wir sehr oft festgestellt, dass selbst in großen und größten Unternehmen Ansprechpartner gefunden werden können, mit denen man konstruktiv verhandeln kann. Nicht jeder unserer Mandanten glaubt dies sofort. Aber da es ja keine realistische Option ist, die Kreditoren unbegrenzt ansteigen zu lassen, bleibt dann doch keine Alternative, als das Gespräch zu suchen und um Preisnachlässe und Lieferreduzierungen zu verhandeln. Der Erfolg gibt uns hier oft recht.

____Aber damit beheben Sie ja nicht die Absatzprobleme.

Natürlich nicht! Aber dann muss man an diese Front auch ran. Gerade wenn ich ein produzierendes Unternehmen bin und etwa eine Preiskalkulation für eine bestimmte Stückzahl gemacht habe, die mir jetzt nicht mehr abgenommen wird, dann sind meine Gemeinkosten pro Stück enorm angestiegen. Das heißt ganz klar: Ich muss, auch wenn sich das in der Krise widersinnig anhört, mit meinen Kunden über Preiserhöhungen reden!

____Man sollte also an zwei Fronten reagieren.

Exakt. Wenn man nichts macht, presst man seine Liquidität von zwei Seiten zusammen. Geht man nur eine Seite an, kann man in der jetzigen Situation sicher sein, dass man die Erfolge auf der Einkaufsseite durch die Misserfolge auf der Absatzseite konterkariert und umgekehrt!

____Aber es kostet doch eine ungeheure Überwindung, wenn man Lieferantenverträge neu verhandeln oder seine Kunden um Preiserhöhungen angehen will?

Das ist richtig. Aber das ist der Mehrwert, den bdp seinen Mandanten traditionell bietet: Wir gehen mit ihnen zu den Lieferanten, wir gehen mit ihnen zu den Kunden und wir verhandeln in ihrem Interesse. Das ist oft schwierig. Aber wir sind, was das angeht, ja keine heurigen Hasen. Und jeder Verhandlungsversuch ist mit Garantie erfolgversprechender als den Mandanten nur mit schlauen Papieren und Tabellen allein zu lassen. Wir tun was, und der Erfolg gibt uns recht.

____Wie überzeugen Sie denn Ihre Verhandlungspartner?

Am überzeugendsten ist immer die absolute Offenheit und die Realität. Sie können Verhandlungspartner nicht mit irrwitzigen Forderungen konfrontieren. Zugeständnisse können Sie nur erreichen, wenn Sie im Rahmen eines integrierten Gesamtkonzeptes argumentieren. Sie müssen darlegen können, wie sich bestimmte Maßnahmen auswirken. Selbstverständlich muss alles durchgerechnet sein, soweit das in diesen Zeiten seriös zu machen ist. Dazu benötigen Sie sowohl aktuelle als auch vollständige Zahlen.

____Was meinen Sie damit?

Wenn Sie zum 10. Januar erst die Novemberzahlen vorliegen haben, dann können Sie zwar Ihre Umsatzsteuervoranmeldung noch pünktlich abgeben. Aber um in der eben beschriebenen Weise zeitnah auf einen Cash-Drain  reagieren zu können, ist es bereits sechs Wochen zu spät. Das wäre schon fatal, wenn Ihr Unternehmen noch gar nicht in der Krise ist. Aber wenn Sie das so handhaben, kommt die Krise bestimmt. Wenn Sie aber bereits in der Krise sind und jetzt frisches Kapital haben möchten, stellen Sie sich ins Abseits, bevor Sie irgendwen danach gefragt haben. Wer heute nicht wöchentlich oder halbmonatlich bucht und sein Kreditoren- und Debitorenmanagement aus dem aktuellen Buchungsbestand heraus betreibt, bekommt bei Rating einen Abzug. Und dieser Abzug ist völlig berechtigt, weil man mit dem digitalen Buchen, das bdp schon seit zwei Jahren anbietet (bdp aktuell 56), hier ganz einfach Abhilfe schaffen kann. Da können wir nur an alle Unternehmer appellieren, sich endlich dieses modernen Planungs-, Management- und Reportingtools zu bedienen.

____Herr Dr. Bormann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.