Komplexe Herausforderungen lassen sich in Kooperationen besser meistern als allein. Die rechtlichen Konsequenzen von Joint Ventures sollten aber vorab bedacht werden

„Die Ära der Kooperitis“? So titelte das IT-News-Portal Golem im Februar im Zusammenhang mit den Anstrengungen der Wirtschaft, das autonome Fahren zu entwickeln und ergänzte: „Mit dem autonomen Fahren wird es langsam ernst. Das zeigen die vielen Kooperationen, die in diesem Jahr [...] bekannt wurden. Die Herausforderungen sind zu komplex, als dass ein Unternehmen sie alleine lösen könnte.“

Dieses Beispiel macht deutlich, warum die Zusammenarbeit von Unternehmen sinnvoll sein kann: Sicherung der Zukunftsfähigkeit durch Kompensation eigener Defizite. Daher wird Kooperation als „das zweckgerichtete Zusammenwirken von Handlungen zweier oder mehrerer Personen oder Systeme, in Arbeitsteilung, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen” definiert (Quelle: Wikipedia).

Zusammenarbeit hat rechtliche Konsequenzen

Eine Zusammenarbeit kann sehr schnell rechtliche Konsequenzen haben, denn es braucht nicht viel, um etwa die Tatbestandsmerkmale einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB) zu erfüllen: „Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.“

In der Beratungspraxis kommen dann immer wieder Fälle vor, in denen Mandanten die Frage stellen, ob insbesondere nach gescheiterten (!) gemeinsamen Projekten Ansprüche zwischen den Beteiligten bestehen. Wenn sich z. B. mehrere Personen zusammentun und überlegen, einen Produktionsbetrieb zu gründen, so werden schnell Vorleistungen erbracht: Reisekosten, Arbeitszeit, Anschaffungskosten für Betriebsmittel etc. Scheitert das Vorhaben, stellt sich die Frage, ob untereinander Ausgleichsverpflichtungen bestehen.

Negative Abgrenzung kann sinnvoll sein

Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte in so einem Fall im Vorfeld regeln, ob solche Ansprüche auszugleichen sind oder aber jeder seine eigenen Aufwendungen zu tragen hat.

Ebenso wichtig kann die Klarstellung sein, dass keine Kooperation vorliegt, also jeder rechtlich alleine verantwortlich ist, auch wenn mehrere Personen gleichzeitig an einem Projekt mitwirken. Eine solche „negative Abgrenzung“, die auch nach außen deutlich gemacht wird, kann dann eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme verhindern.

Wozu nutzt die Zusammenarbeit?

Eine Zusammenarbeit ist insbesondere geeignet, eigene Risiken und auch Schwächen auszugleichen:

  • Teilung von Kosten und Risiken
  • Verbesserte Ausnutzung von Kapazitäten
  • Sicherung von Ressourcen, z.B. durch langfristige Lieferantenverträge
  • Lösung von Management- und Nachfolgeproblemen
  • Schaffung gemeinsamen Know-hows
  • gemeinsame Produktentwicklung
  • Vergrößerung des Angebots an Waren und Dienstleistungen
  • Gemeinsame Vermarktung
  • Markteintritt im Ausland durch Kooperationspartner

Insbesondere für die Zusammenarbeit im internationalen Umfeld hat sich der Begriff „Joint Venture“ (JV) etabliert. In China gibt es sogar spezielle Gesetze, die die Zusammenarbeit zwischen chinesischen und ausländischen Unternehmen regeln.

Wie arbeitet man zusammen?

Je nach Zweck und Intensität der Zusammenarbeit unterscheidet man die Form der Zusammenarbeit. Im Groben unterscheidet man zwischen einem sogenannten „Equity Joint Venture“, bei dem zur Verfolgung der wirtschaftlichen Kooperation eine rechtlich selbstständige Gesellschaft, das Gemeinschaftsunternehmen (JV), gegründet wird und dem sogenannten „Contractual Joint Venture“ (oder Vertrags-JV), bei dem die wirtschaftliche Kooperation der Partner nur aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung erfolgt (ohne eine Gesellschaft zu gründen).

Der Weg zur Kooperation

Der Weg zu einer Kooperation ist durch Phasen gekennzeichnet, die dem Prozess eines Unternehmenskaufs ähneln:

I. Planungsphase

II. Vertragsanbahnungsphase

  • Vertraulichkeitsvereinbarung
  • Exklusivitätsvereinbarungen
  • Absichtserklärungen
  • Due Diligence

III. Verhandlungsphase

  • konkrete Vertragsverhandlungen
  • Formulierung der Rahmenbedingungen

IV. Joint Venture Vertrag

  • Contractual JV
  • Equity JV

Erst verloben, dann heiraten!

Nicht jeder Schritt ist zwingend, mit Ausnahme des Joint-Venture-Vertrages (IV.) selbst, denn wie wir eingangs gesehen haben, führen fehlende Regelungen zu Problemen, weil die Rechte und Pflichten unklar sind – und auch klargestellt werden soll, welche Form die Zusammenarbeit (nicht) hat!

Dabei schließen sich das Contractual JV und das Equity JV nicht gegenseitig aus: Das Vertrags-JV kann die Vorstufe einer gesellschaftsrechtlichen Verflechtung der Parteien sein – erst verloben, dann heiraten!

Was muss ich bedenken?

Kooperationsverträge bzw. Joint-Venture-Verträge haben folgende grobe Struktur:

  • Allgemeine Bestimmungen
  • Rechtliche Struktur der Zusammenarbeit; ggf. Gesellschaftsvertrag (Equity JV)
  • Beteiligungsverhältnisse und Finanzierung
  • Organisation der Zusammenarbeit (z. B. Geschäftsführung)
  • Rechnungswesen, Steuern und Gewinnverwendung
  • Vertragsverletzungen
  • Vertragsanpassung
  • Veränderungen auf Ebene der Vertragsparteien, ggf. Gesellschafterebene
  • Vertragsbeendigung
  • Rechtswahl, Konfliktregelung und Gerichtsstand bzw. Schiedsklausel

Sofern die Parteien sich für ein Equity JV entschieden haben, wird quasi als Extrakt aus dem vorstehenden ein Gesellschaftsvertrag gebildet, der (nur) die gesellschaftsrechtlichen Regelungen enthält.

Übliche Verabredungen

Im Zusammenhang mit einem Kooperationsvertrag, teilweise sogar im Vertrag selbst werden Bestimmungen getroffen über

  • Vergabe von Lizenzen und Erhebung von Lizenzgebühren
  • Lieferverpflichtungen, Bezugsrechte
  • Beratungs- und Managementvereinbarungen
  • Regelungen zur Beschäftigung von Personal und zu Personalkosten
  • Regelungen zur Geheimhaltung und Exklusivität
  • Aus- und Fortbildungsvereinbarungen
  • Wettbewerbsregelungen
  • Bestimmungen zur Finanzierung des JV: Darlehen, Agien
  • Gestellung von Sachmitteln: Räume, Maschinen, Anlagen

Kooperationen finden oft auch im Bereich der Forschung und Entwicklung statt. In diesem Zusammenhang ist dann zu regeln, wem die Rechte an immateriellen Gütern wie Marken, Patenten, Verfahren und Know-how zustehen.

Gerade im anwaltlichen Bereich sehen wir häufig, dass in Kooperationen auch Probleme entstehen können; schließlich ist jede Gesellschaft, die man mit mehreren Personen gründet, einen Joint Venture, das sich zu ein Joint AdVenture entwickeln kann. Daher bietet sich gerade für Kooperationen an, Regelungen über die Konfliktbewältigung zu schaffen. Sehen Sie dazu unseren Beitrag in bdp aktuell 141 zur Mediation.

Und wenn die Zusammenarbeit nicht mehr möglich sein sollte, müssen die Beteiligten eine Entscheidung treffen, was aus der Zusammenarbeit wird: Soll eine Partei ausscheiden und die andere(n) Partei(en) betreibt das Vorhaben weiter? Oder beendet man das Vorhaben vollständig? Bei einem Equity Joint Venture würde das in der Regel eine Liquidation nötig machen (siehe bdp aktuell 137 bis 139).

bdp wünscht Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Joint AdVenture.

Weitere Informationen

Download: Detaillierter Vergleich zwischen Equity JV und Contractual JV