Das qualitative Rating wird oft unterschätzt. Dabei können Sie diese wichtige Beurteilung selbst sehr gut positiv beeinflussen

In unserer Serie zu Basel III haben wir Sie bereits über das formelle Regelwerk (Ausgabe 84) und das quantitative Rating informiert (Ausgabe 85). In dieser Ausgabe behandeln wir das oft unterschätzte qualitative Rating. Wir stellen Ihnen die neun wichtigsten Kriterien des qualitativen Ratings vor, die insbesondere für den Mittelstand Relevanz haben und auch sehr gut selbst positiv beeinflusst werden können.

Kommt es beim quantitativen Rating vor allem auf die Performance und die Eigenkapitalausstattung an, umfasst das qualitative Rating eine Beurteilung des Unternehmens in den Bereichen, die nicht mit konkreten Kennzahlen beziffert werden können. Bei den meisten Ratingverfahren fließt das quantitative Rating zu rund 2/3 und das qualitative Rating zu etwa 1/3 in die Gesamtbenotung ein. Eine grundlegend negative Beurteilung der qualitativen Faktoren hat also eine Herabstufung im Rating oder sogar die Kreditunwürdigkeit zur Folge.

Die wichtigsten qualitativen Kriterien sind:

  • Kontoführungsverhalten
  • Unternehmensorganisation und Strategie
  • Unternehmerbeurteilung und Nachfolgeregelung
  • Investitionsverhalten
  • Qualität von Rechnungswesen und Finanzen
  • Jahresabschlussqualität
  • Produktion und Dienstleistungen
  • Wettbewerb, Markt und Marketing
  • Informationsverhalten

Kontoführung

Die Kontoführung ist mittlerweile ein zentrales Beurteilungskriterium geworden. Nahezu sämtliche Banken verwenden mittlerweile elektronische Kontoüberwachungssysteme, die Vertragsverletzungen (ungenehmigte Kontoüberziehungen) bis zu 10 Jahre speichern – mit automatischer Wiedervorlage bei jeder neuen Kreditentscheidung oder Prolongation.

Um eine sehr gute Beurteilung zu bekommen, muss die Kontoführung stets innerhalb des vertraglichen Rahmens liegen, und zwar auch mit zeitweiligem Guthaben-Saldo unter Berücksichtigung von Gutschriften, die unter „Eingang vorbehalten“ liegen. Hierunter versteht man beispielsweise Scheckgutschriften innerhalb der 3-Tage-Frist oder aber Lastschrifteinzüge innerhalb der 6-Wochen-Frist.

Ist die Einhaltung der Linien nur unter Berücksichtigung solcher Gutschriften zustande gekommen, vergeben die meisten Kreditinstitute lediglich die Note 4! Kommen ungenehmigte Kontoüberziehungen hinzu, rutscht dieses wichtige Teilrating sehr schnell „unter den Strich“ und wird mit 5 benotet. Mit Pfändungen, Scheckrückgaben oder Ähnlichem wird die Kontoführung als mangelhaft und damit mit der Note 6 bewertet.

Jeder Bankkunde muss Sorge tragen, dass sein Kontoführungsverhalten einwandfrei ist. Sämtliche in Auftrag gegebenen Zahlungen (Überweisungsaufträge, aber vor allem auch ausgestellte Schecks) müssen in ein mehrmals wöchentlich aktualisiertes Liquiditätsplanungssystem eingetragen werden, damit stets ein Überblick über die verfügbare Liquidität gegeben ist. Beim bdp-Monatsreporting ist diese Liquiditätsplanung ein fester Bestandteil.

Unternehmensorganisation und Strategie

Hier wird erfragt, ob das Unternehmen eine klar definierte Strategie verfolgt, ob die jeweilige Ist-Situation noch innerhalb der geplanten Zielverläufe liegt und wie mit Abweichungen umgegangen wird. Ein Unternehmer muss der Bank gegenüber erläutern können, welche strategischen Ziele hinsichtlich Marktpositionierung, Gewinnrentabilität, Finanzierung und Unternehmensentwicklung er verfolgt.

Das Unternehmen muss ferner klar strukturiert sein. Die Fragen lauten: Sind Verantwortlichkeiten definiert und festgelegt? Existieren Stellenbeschreibungen? Ist die Rechtsform der Unternehmensgröße und dem Gesellschafterkreis angemessen? Werden Änderungen im Steuer- und Gesellschaftsrecht hinsichtlich der eigenen Rechtsform jeweils aktuell überprüft? So hat bspw. eine 2-Mann-Firma in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft einen ebenso erheblichen Erklärungsbedarf wie eine Baufirma mit mehr als 100 Beschäftigten in der Rechtsform einer OHG.

Unternehmerbeurteilung und Nachfolgeregelung

Dieses Kriterium ist aus Sicht des Unternehmers sicherlich am schwierigsten zu beurteilen und birgt die Gefahr der Selbsttäuschung. Daher ist es sehr wichtig, dass der Unternehmer von sich aus klar darstellt, mit welchen Kompetenzen die Unternehmensführung ausgestattet ist und welche Kenntnisse in den wichtigen drei Bereichen Finanzen, Produktion und Vertrieb vorliegen. In nicht wenigen mittelständischen Firmen fehlt zumindest einer dieser drei gleich wichtigen Kompetenzbereiche, bspw. fehlt dem Handwerksmeister die kaufmännische Erfahrung oder dem Software-Entwickler das Vertriebs-Know-how.

Wichtig ist, ggf. bestehende Kompetenzlücken eigenständig zu erkennen und durch entsprechend qualifizierte Stellenbesetzungen zügig und entschlossen zu beseitigen.

Es wird auch die Unternehmensnachfolge beurteilt, und zwar sowohl die

  • Notfallregelung für Unternehmer jeden Alters als auch die
  • altersbedingte Nachfolge.

Für den Notfall müssen Vertretungsregelungen, Kontovollmachten, Kundekenntnisse etc. vorhanden sein.

Es muss ferner eine Strategie entwickelt und der Bank kommuniziert werden, wie der altersbedingte Nachfolgeprozess gestaltet werden soll. Infrage kommen regelmäßig ja mehrere Varianten, von der Familiennachfolge über den Verkauf bis zu einem M&A-Prozess. Hier führt nur eine langfristige Strategie zum Erfolg und zu einer positiven Bewertung durch die Bank.

Investitionsverhalten

Die Beurteilung des Investitionsverhaltens wird immer zentraler. Absolut notwendig ist eine mehrjährige Investitionsplanung mit detaillierter Rentabilitätsberechnung der jeweiligen Investition. Negativ beurteilt werden zum Beispiel Ad-hoc-Investitionen, die ohne Rücksprache mit einem Finanzierungsinstitut zunächst aus dem Kontokorrent bezahlt werden.

Auch das sogenannte „risikoadäquate Investitionsverhalten“ gewinnt an Bedeutung. Damit wird viel stärker als noch vor einigen Jahren darauf geachtet, ob die Höhe und der Umfang der beabsichtigten Investition zum Geschäftsumfang des Unternehmens passen. So werden heutzutage Investitionen in eigene Gewerbegrundstücke etc. sehr viel kritischer beurteilt. Bei vielen mittelständischen Betrieben gibt es solche Großinvestitionen, die manchmal über 50 % der Bilanzsumme ausmachen.

Heute sind jedoch flexible Investitions- und Finanzierungsmodelle gefragt wie z. B. Leasing, Pacht oder Miete, weil hier, im Gegensatz zu abgeschlossenen (und kreditfinanzierten) Investitionen, klar definierte Sollbruchstellen (also Rückgabemöglichkeiten) dem Unternehmen ermöglichen, sehr flexibel auf Marktveränderungen reagieren zu können.

Qualität von Rechnungswesen und Finanzen

Hier könnten viele mittelständische Unternehmen ihr Rating erheblich verbessern.

Die wesentlichen Beurteilungskriterien für diese Teil-Note sind:

  • Zeitnähe
  • Plausibilität
  • Vollständigkeit
  • Planung mit Soll-/Ist-Abweichungs-Analysen

Die Zeitnähe kann bei vielen Unternehmen dadurch verbessert werden, dass vom Standardmodell für kleine und mittlere Unternehmen Abstand genommen wird, jeweils 5 bis 10 Tage nach Monatsende die gesamten Buchhaltungsunterlagen zum Steuerberater zu bringen. Dies bedeutet in der Regel, dass die fertigen Auswertungen erst zum 20. des Folgemonats oder sogar noch später vorliegen. Für viele Unternehmen wäre es von Vorteil, wenn die Buchführung zeitnah im Unternehmen selbst durchgeführt würde, indem die Mitarbeiterin des Steuerberaters einmal oder je nach Bedarf mehrmals im Monat vor Ort bucht.

Viele Kommunikationsprobleme fallen dadurch sofort weg und die Buchhaltung wird automatisch vollständiger und aussagefähiger. Vor allem aber ist der Geschwindigkeitsgewinn enorm, steht doch bei diesem Verfahren der Monatsabschluss letztendlich am 5. oder 6. Tag des Folgemonats. Eine Buchführung, die den heutigen Rating-Kriterien entspricht, enthält darüber hinaus monatliche Bestandsbuchungen, monatliche Abschreibungen, Abgrenzungen und einen monatlich berechneten kalkulatorischen Steueraufwand, sodass es nicht mehr lange nach Ende des Geschäftsjahres zur Überraschung über die Höhe des Steueraufwands kommen kann. Fortschrittliche Beratungsunternehmen wie bdp bieten längst diese Buchhaltung vor Ort an, meist sogar kombiniert mit einem Mahnungs-Service, bei dem für den Mandanten der Mahnlauf zweimal im Monat automatisch über Datev erstellt wird.

Neben dieser Qualität der Ist-Zahlen des Rechnungswesen kommt es für eine gute Ratingnote darauf an, dass im Unternehmen ein Planungssystem vorhanden ist. Geplant werden muss in einem geschlossenen System, welches die Ergebnis-, die Liquiditäts- und die Bilanzpostenplanung enthält. Aufgetretene Abweichungen müssen monatlich erkannt und erläutert werden können.

Jahresabschlussqualität

Zusammen mit der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) und der Bundessteuerberaterkammer sind bereits 2001 gemeinsam anerkannte Richtlinien für die Erstellung von Jahresabschlüssen und den Umfang der Jahresabschlussarbeiten festgelegt worden, sofern nicht aufgrund der gesetzlichen Vorschriften der Jahresabschluss prüfungspflichtig ist. Diese stellen selbstverständlich ein Ratingkriterium dar.

Es werden hier drei Grundfälle einer Jahresabschlusserstellung unterschieden:

  • Grundfall 1: ohne jede Prüfungshandlung
  • Grundfall 2: Erstellung mit Plausibilitätsbeurteilung und
  • Grundfall 3: Erstellung mit umfassenden Prüfungshandlungen

Ein Jahresabschluss ohne Prüfungshandlungen (Grundfall 1) reicht bei größeren Kreditengagements heutzutage definitiv nicht mehr aus! Es müssen daher vom Kreditnehmer weitere Unterlagen angefordert werden.

Oft ist der Kunde nämlich nach Erhalt des Ratings durch die Bank sehr erstaunt, dass die von ihm vorgelegte Jahresabschlussqualität nicht ausreichend ist. bdp informiert stets im Vorfeld über die verschiedenen Möglichkeiten der Jahresabschlusserstellung und berät hierzu. In der kommenden Ausgabe von bdp aktuell bieten wir Ihnen hierzu einen Themenschwerpunkt.

Produktion und Dienstleistungen

Der Unternehmer muss transparent machen können, dass die von ihm produzierten Güter oder Dienstleistungen sowohl heute als auch in Zukunft einen Markt haben werden bzw. er sich auf einen notwendigen Anpassungsbedarf einstellen kann.

Informationen über die Veräußerbarkeit seiner Produkte und die Sortimentszusammensetzung sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis sind hier von großer Bedeutung. Wichtig ist ferner die Kenntnis, ob es sich um Standard- oder Nischenprodukte handelt. Insgesamt muss es für den externen Beurteiler möglich sein, sich ein Bild darüber zu machen, ob der Unternehmer auch mit veränderten Kundenanforderungen in einem vertretbaren Zeitrahmen umgehen kann.

Wettbewerb und Markt

Hier ist entscheidend, ob das Unternehmen in seinem Markt eine gute, mittlere oder schlechte Wettbewerbsposition hat. Es ist erforderlich, dass der Unternehmer seiner Bank etwas über seinen Markt und die „Player“ berichten kann. Kennt der Unternehmer die besten seiner Branche und seine unmittelbaren Wettbewerber? Gibt es Benchmark-Daten? Welche Markt- und Wettbewerbsstrategie verfolgt das Unternehmen?

Informationsverhalten

Das Informationsverhalten ist neben dem Kontoführungsverhalten ein Beurteilungskriterium von allerhöchster Wichtigkeit. Informationen sind stets Bringschulden! Es wirkt sich verheerend auf das Rating aus, wenn die Bank die kreditvertraglich vereinbarten regelmäßigen Informationen stets anmahnen muss. Ein fortschrittlicher Unternehmer informiert seine Bank von sich aus, und zwar mit einem professionellen Monatsreporting, welches einen kurzen Textteil über die aktuelle Situation, die Markt- und Absatzentwicklung, die Entwicklung von Rentabilität, Liquidität und Kapital wiedergibt und eine fortgeschriebene Ergebnis-, Liquiditäts- und Bilanzpostenplanung enthält.

Das bdp-Monatsreporting bietet diese geforderten Informationen und verbessert für sehr viele unserer Mandanten deren Rating.

Basel III

Basel III Teil 1  Der Druck steigt

Basel III kommt 2013 und baut einen massiven Handlungsdruck für den Mittelstand auf, sein Bankenrating zu optimieren

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Basel III Teil 2  Notengebung

Für ein gutes quantitatives Rating sollte sich die Aufmerksamkeit auf Eigenkapitalquote, Rentabilität und Dynamik richten

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Basel III Teil 3  Das qualitative Rating

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