Erleichterungen bei den Aufbewahrungsfristen bleiben aus. Es gelten die bisherigen Regeln

Das Jahressteuergesetz 2013 sollte eigentlich Erleichterungen und Vereinheitlichungen bei den unübersichtlichen Vorschriften zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen bringen. Geplant war eine Verkürzung aller Zehn-Jahres-Fristen der Abgabenordnung (§ 147 Abs. 3 AO) sowie des Umsatzsteuergesetzes (§ 14 UStG). Im Handelsrecht sollte für Buchungsbelege eine Verkürzung auf acht bzw. sieben Jahre erfolgen. Der Gesetzesvorschlag liegt aber derzeit auf Eis, da sich keine Mehrheit für eine Änderung findet. Aus diesem Anlass weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass weiterhin die bisherigen Vorschriften befolgt werden müssen, die wir Ihnen im Folgenden erläutern.

Problemstellung und Fallkonstellation

Einen Unternehmer wird in der Regel Spannenderes interessieren als die Frage, welche Unterlagen er wie lange aufzubewahren hat. Wenn sich aber mit der Zeit die Unterlagen im Unternehmen auftürmen und dadurch Kosten für die Aufbewahrung anfallen, wird es spannend. Schließlich können sich sehr unangenehme Folgen einstellen, wenn die Aufbewahrungsfristen nicht eingehalten werden.

Nach den gegenwärtigen gesetzlichen Regelungen ergibt sich ein sehr uneinheitliches Bild von Normen, die sich mit dem Thema Aufbewahrungspflichten im Unternehmen befassen. Im Grundsatz müssen aufzubewahrende Unterlagen zwischen sechs und zehn Jahren aufbewahrt werden, wobei dann noch die Frage hinzutritt, wie genau  Fristanfang und  Fristende bestimmt werden.

Im Einzelnen sind Aufbewahrungsfristen im Handelsgesetzbuch (HGB) in der Abgabenordnung (AO) und im Umsatzsteuergesetz (UStG) gesetzlich geregelt.

Was muss aufbewahrt werden?

Gegenwärtig müssen nach HGB zehn Jahre aufbewahrt werden: Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse (§ 325 Abs. 2a HGB), Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen sowie Buchungsbelege.

Nach der AO müssen ebenfalls zehn Jahre aufbewahrt werden: Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen sowie Buchungsbelege und Zollunterlagen. Für alle anderen Unterlagen endet nach AO und HGB die Aufbewahrungsfrist nach sechs Jahren.

Die Regelung in § 14b UStG betrifft die Aufbewahrung von Rechnungen. In § 14b Abs. 1, Satz 1 UStG wird geregelt, dass Unternehmer Doppel der gestellten Rechnungen sowie erhaltene Rechnungen für zehn Jahre aufzubewahren haben. Die in § 14b Abs. 1 UStG beschriebenen „Rechnungen“ unterfallen den in § 147 Abs. 1 Nr. 4 Abgabenordnung bezeichneten „Buchungsbelegen“.

Wer muss aufgewahren?

Der Anwendungsbereich der UStG-Regelung ist weiter als derjenige der Abgabenordnung, denn er  betrifft alle Unternehmer. Diese „Unternehmer“ im Sinne des UStG werden in § 2 Abs. 1 UStG als Personen definiert, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausüben. U.a. werden dadurch auch Kleinunternehmer und Landwirte erfasst, während § 147 AO nur buchführungspflichtige Unternehmer betrifft.

§ 257 HGB hingegen richtet sich lediglich an jeden Kaufmann, d. h. Einzelkaufleute, Handelsgesellschaften, Vereine, juristische Personen nach § 33 HGB. Nicht betroffen sind nach HGB Nichtkaufleute, also Kleinunternehmer.

Für Leistungsempfänger (Privatpersonen oder die öffentliche Hand) betragen die Aufbewahrungsfristen für Rechnungen, Zahlungsbelege oder andere beweiskräftige Unterlagen nach dem UStG zwei Jahre (§ 14b Abs. 1 Satz 5 UStG). Die Aufbewahrungsfrist endet in jedem Fall nicht, solange die Unterlagen für Steuern, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, noch von Bedeutung sind.

Wie werden die Fristen bestimmt?

Der Lauf der Aufbewahrungsfrist beginnt regelmäßig nicht einheitlich. Für in einem Kalenderjahr entstandene und verbuchte Buchungsbelege beginnt die Frist mit dem Ablauf dieses Geschäftsjahres; wenn jedoch in einer Sache noch nach dem 31.12. Aufzeichnungen oder Eintragungen vorgenommen werden, beginnt die Aufbewahrungsfrist erst mit Ende des darauffolgenden Jahres. Auch wenn die Rechnung zwar vor Ablauf des Kalenderjahres gestellt, aber erst im darauffolgenden Kalenderjahr ausgegeben wird, beginnt die Aufbewahrungsfrist erst mit dem Ende des darauffolgenden Kalenderjahres (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 3 und 4 UStG).

Die Bestimmung des Fristendes erfährt in ihrer praktischen Umsetzung Probleme. Eine Reihe von Unwägbarkeiten ergibt sich bei der Frage nach dem Ende der Aufbewahrungsfristen. Die Jahresangaben in § 147 Abs. 3 Satz 1 AO werden durch Satz 3 stark relativiert. Im Ergebnis führt die Verweisung zu einer Anwendung des § 171 AO, der Fälle regelt, in denen die Festsetzungsfrist nicht abläuft. Unterlagen solcher gehemmten Festsetzungsfristen sind dann auch über die Frist des § 147 Abs. 3 AO hinaus aufzubewahren.

Die Praxis ist unübersichtlich

Dies führt in der Praxis zu einer sehr unübersichtlichen Situation. Auch nach Ablauf der Frist aus § 147 Abs. 3 AO müssen folglich Unterlagen auf ihren Bezug zu nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen geprüft werden. Eine pauschale Aussage, wie lange Dokumente aufzubewahren sind, ist daher de facto nicht möglich. Vielmehr müsste jedes einzelne Dokument auf seinen Inhalt bzw. Bezug zu anderen Dokumenten überprüft werden.

Originale oder Kopien?

Eine weitere Frage stellt sich auch, ob Originale oder Kopien aufbewahrt werden müssen.

Die Eröffnungsbilanz, weitere Bilanzen sowie Zollunterlagen nach § 147 Abs. 1 Nr. 4a) AO sind nur in Form von Originalurkunden zulässig aufzubewahren. Daneben können alle anderen Dokumente digitalisiert werden. „Digitalisieren“ bedeutet das Einscannen von Unterlagen oder das unmittelbare Übertragen vom Computer auf Mikrofilm. Die Voraussetzungen für eine Digitalisierung nach § 147 Abs. 2 AO sind, dass die Daten lesbar gemacht werden können und mit empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen bildlich und mit anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen. Ferner müssen die Daten jederzeit verfügbar sein, unverzüglich lesbar gemacht werden und maschinell ausgewertet werden können.

Unternehmen sind während der Aufbewahrungsfrist verpflichtet, die Daten zum jederzeitigen Abruf auf ihren Systemen vorzuhalten. Hieraus ergibt sich für Unternehmen die Situation, auch veraltete Systeme für den jederzeitigen Abruf vor- und unterhalten zu müssen. Um die allzeitige Abrufbarkeit der Daten sicherzustellen, sind daher zudem Rückstellungen zu bilden (§ 147 Abs. 6 AO).

Sollten Sie zu diesem Komplex Fragen haben, beraten wir Sie gerne.