Die EZB setzt die Zinswende fort. Werden dadurch Mittelstandsanleihen unattraktiv? Darüber sprach bdp aktuell mit Marc Speidel von der Lewisfield Deutschland GmbH.

Nach der Zinswende (2) Alternative Finanzierungen

Mit sinkender Ertragskraft verschlechtert sich das Rating. Dann sind alternative Finanzierungen gefragt. Wir erläutern, welche Optionen dann zur Verfügung stehen.

Mit sinkender Ertragskraft verschlechtert sich das Rating. Dann sind alternative Finanzierungen gefragt. Wir erläutern, welche Optionen dann zur Verfügung stehen.

Mittelstandsanleihen helfen Unternehmen, an frisches Kapital zu kommen. In der vergangenen Nullzinsphase waren diese Anleihen bei Investoren gefragt. Nach einer jahrelangen Phase der Stagnation haben die Notenbanken weltweit die Zinsen erhöht, um die Inflation zu bekämpfen. Das eröffnet Anlegern die Möglichkeit, in höher verzinsliche Produkte zu investieren. Welche Auswirkungen das für Mittelstandsanleihen hat, darüber sprach bdp aktuell mit Marc Speidel von der Lewisfield Deutschland GmbH. 

Herr Speidel, wie gefragt sind Mittelstandsanleihen derzeit bei den Anlegern?

Im ersten Moment führen steigende Inflationsquoten und die dadurch beschleunigte Geldentwertung einen zusätzlichen Bedarf an höher verzinsten Produkten wie Mittelstandsanleihen zum Ausgleich der Inflation. Investoren finden jedoch im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren bei klein- und mittelständischen Unternehmen andere Anlagen bei deutlich besseren Bonitäten und besseren Renditen. So sind inzwischen Anleihen von Sparkassen mit Kupons von vier Prozent ausgestattet, manche Nachranganleihen von Blue Chips – also umsatzstarken Konzernen wie Volkswagen oder Siemens, auf deren Kursentwicklung Indizes wie der Dax beruhen – waren und sind stellenweise für sechs Prozent zu haben. Gewichtige Konkurrenz also für Mittelstandsanleihen, wie sie bdp und Lewisfield emittiert haben.

Müssen Unternehmen, die eine Mittelstandsanleihe aufgelegt haben, höhere Zinszahlungen an die Anleger leisten?

Bei den aktuell auf dem Markt befindlichen Anleihen bleibt das Zinsniveau konstant. Jedoch müssen Neuemissionen höhere Kupons anbieten, um eine Risikoprämie, also einen Renditeaufschlag, bereitzustellen. Denn ihre Papiere werden mit den eben genannten besseren Bonitäten verglichen. Hier bedarf es aber einer sehr seriösen Vorgehensweise. Bei zweistelligen Kupons ist bereits das Ende der Fahnenstange erreicht, da bei vielen Investoren bei 11, 12 oder gar 13 Prozent das „Ramschniveau“ erreicht ist. Ein Festschreiben solcher Kupons macht daher keinen Sinn. Derzeit versuchen wir neue  Emissionen im hohen, aber einstelligen Bereich zu bepreisen. 

Wie entwickeln sich die Mittelstandsanleihen, bei denen bdp für Ihre Mandanten begleitend bei der Strukturierung eingewirkt hat? Beispielsweise von den Automobilzulieferern NZWL?

Zuerst muss man sehen, dass es sich bei NZWL als Automobilzulieferer um eine aktuell herausfordernde Branche handelt. Die NZWL-Anleihen entwickeln sich im Vergleich zu den übrigen Anleihen dieser Branche sehr gut. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Zulieferer unter dem Kostendruck der Hersteller leiden und die Renditen ausschließlich bei den OEM, also dem Hersteller des Endproduktes, anfallen. NZWL hat ein sehr gutes Chinageschäft, das sich nicht nur auf einen Hauptkunden fixiert. Natürlich ist gerade die Automotive-Zuliefererbranche sehr stark vom Wohlwollen der Anleger abhängig. 

Wenn einzelne Investoren aus Bestandsanleihen in neuverzinste Anleihen wechseln, können die Kurse kurzzeitig sinken. Das ist aber ein Prozess, der den gesamten Anleihemarkt in diesem Segment betrifft. Wichtig ist, dass sich die Unternehmen den aktuellen Herausforderungen stellen und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beibehalten bzw. weiter stärken. Leichter tun sich dagegen aktuell zum Beispiel Unternehmen, die im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind. Diese stehen ganz oben auf der Liste bei den Investoren, da auf breiter Basis wahrgenommen wird, dass die erneuerbaren Energien – auch politisch bedingt – heute noch stärker gefragt sind als bislang ohnehin.

Ist es für mittelständische Unternehmen überhaupt noch interessant, eine Anleihe aufzulegen?

Auf jeden Fall. Auch in diesen Zeiten kann für manche Unternehmen eine Anleiheemission gut passen und erfolgreich sein. Dazu zählen Unternehmen, die einen klaren grünen oder nachhaltigen Hintergrund haben, wie beispielsweise Entwickler und Projektierer von Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien. Zusätzlich dazu Unternehmen, die innerhalb der Verkehrs- und Mobilitätswende innovative Produkte bereitstellen. Auch Impact Investing ist für eine stetig wachsende Zahl von Investoren ein großes Thema. Die Branche ist heutzutage ein gewichtiger Faktor für den Emissionserfolg.

Man darf zudem nicht vergessen, dass aktuell auch andere Finanzierungsmöglichkeiten mit großen Herausforderungen belegt sind. Die bekannten Hausbanken halten sich zurzeit aufgrund der beschriebenen Marktentwicklungen ebenfalls spürbar zurück.

Was versteht man unter Impact Investing? 

Impact Investing ist wirkungsorientiertes Investieren mit einem Investmentansatz, der über die reine Orientierung an Rendite und Risiko hinausgeht und zusätzlich positive soziale und ökologische Wirkungen direkt und nachweisbar darstellt. Das können beispielsweise Unternehmen mit interessanten Geschäftsfeldern aus dem Bereich der Landwirtschaft oder aus dem Bereich der Grundversorgung mit Gesundheit, Bildung und Erziehung sein, die oftmals als Sozialunternehmen bezeichnet werden. Hier verfügen wir auch über Erfahrung. Im Bereich Grundversorgung sowie Erneuerbare Energien begleitet bdp gemeinsam mit Lewisfield schon seit Jahren sehr erfolgreiche 

Impact-Transaktionen, bspw. die Strukturierung eine Anleihe für einen privaten Träger mit Schulen im In- und Ausland oder die aktuell zeichenbare Transaktion der Brennstoffzelle4Home GmbH, ein stark wachsender Entwickler und Anbieter von Wärmepumpen.

Herr Speidel, vielen Dank für diese Informationen.