Es gibt eine neue Ausnahmeregelung, mit der Verlustvorträge auch bei einem Anteilsverkauf voll genutzt werden können.

Es ist eine neue Ausnahmeregelung geschaffen worden, die Verlustvorträge dann erhalten soll, wenn bei einer Übertragung von Geschäftsanteilen der Geschäftsbetrieb fortgeführt wird.

Restriktive Regelung

Bei jeder beabsichtigten Übertragung von Gesellschaftsanteilen an einer Kapitalgesellschaft (KapG) stellt sich das Problem, ob ein vorhandener Verlustvortrag (teilweise) wegfällt oder nicht. Nach der Regelung im § 8c KStG fällt ein Verlustvortrag vollständig weg, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50% der Anteile direkt oder mittelbar auf einen Erwerber oder eine Erwerbergruppe übertragen werden. Werden zwischen 25 % und 50  % übertragen, erfolgt ein anteiliger bzw. quotaler Wegfall.

Diese Vorschrift ist sehr restriktiv. Der Gesetzgeber hatte bisher nur zwei wirkliche Ausnahmen geregelt. Ein Verlustvortrag fällt nicht weg, soweit stille Reserven in der Verlustgesellschaft enthalten sind oder die Anteilsübertragung innerhalb eines Konzerns erfolgt.

Handel mit Verlustmänteln soll vermieden werden

Der Paragraf ist eine Missbrauchsregelung. Es soll vermieden werden, dass sogenannte Verlustmäntel gehandelt und zur Steuervermeidung genutzt werden. Da die Vorschrift aber allein auf die Änderung der Anteile abstellt, fallen auch viele eigentlich nicht gewollte Fallkonstellationen darunter.

Neue Ausnahme für junge Wachstumsunternehmen

Nun wurde eine weitere Ausnahmeregelung geschaffen, die den Verlustvortrag erhalten soll. Es wurde die neue Vorschrift § 8d KStG in das Gesetz aufgenommen. Die Regelung kann auf alle Anteilsübertragungen ab 01. Januar 2016 angewandt werden. Betreffen soll es insbesondere junge Wachstumsunternehmen, die im Rahmen der Entwicklung neue Investoren brauchen. Aber auch alle anderen Verlustunternehmen können davon profitieren.

Kein Wegfall bei Fortführung

Die neue Regelung besagt, dass ein Verlustvortrag nach § 8c KStG nicht wegfällt, wenn der bisherige Geschäftsbetrieb fortgeführt wird. Den Nichtwegfall gibt es nur auf Antrag. Der Antrag muss mit der Steuererklärung für das Jahr des schädlichen Anteilseignerwechsels gestellt werden.

Die Antragsmöglichkeit ist aber an Voraussetzungen gebunden. Eine Antragstellung ist nicht möglich, wenn innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Jahr des schädlichen Anteilseignerwechsels:

  • der Geschäftsbetrieb eingestellt oder ruhend gestellt war (eine Antragstellung ist nie möglich, wenn die Einstellung oder Ruhendstellung vor dem 01. Januar 2016 war),
  • ein weiterer Geschäftsbetrieb aufgenommen wurde,
  • der Geschäftsbetrieb geändert wurde,
  • eine körperschaftssteuerliche Organträgerstellung vorlag,
  • eine Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft (OHG, KG, GbR) bestand oder
  • Wirtschaftsgüter unter Verkehrswert eingebracht wurden.

Schädliche Ereignisse dürfen auch zukünftig nicht eintreten

Mit dem Antrag wird der letzte bestehende Verlustvortrag in einen sogenannten fortführungsgebundenen Verlustvortrag umgegliedert und in einem Bescheid festgestellt.

Macht die Gesellschaft in den Folgejahren Gewinn, wird dieser Verlustvortrag vorrangig vor einem normalen Verlustvortrag verrechnet. Der fortführungsgebundene Verlustvortrag fällt aber mit dem letzten festgestellten Wert weg, wenn zukünftig eines der bereits bei der Antragstellung schädlichen Ereignisse eintritt.

Qualitative Gesamtbetrachtung

Der beizubehaltende Geschäftsbetrieb bestimmt sich laut Gesetz nach qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung. Qualitative Merkmale sind insbesondere die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikation der Arbeitnehmer.

Schwierige Abgrenzung

Die Abgrenzung wird in vielen Fällen Schwierigkeiten machen. In welchem Umfang können neue Produkte entwickelt werden? Können neue Märkte oder Vertriebsformen, z. B., bisher nicht vorhandener Onlinehandel, schädlich sein? Für diese und weitere Fragen wird der Fiskus seine Ansicht in einem BMF-Schreiben niederlegen. Dieses liegt allerdings noch nicht vor. Die endgültige Auslegung bleibt dann den Gerichten vorbehalten. Ein Branchenwechsel mit Satzungsänderung im Unternehmensgegenstand ist auf alle Fälle schädlich. Auch die Fasteinstellung oder die Verpachtung des Geschäftsbetriebs ist schädlich.

Fazit

Die neue Regelung hilft, weitere Verlustvorträge auch zukünftig zu nutzen. Die schädlichen Ereignisse gehen aber über die Intention des Gesetzes hinaus. Die Einzelfragen, insbesondere wie lange man von einer Fortführung desselben Geschäftsbetriebs ausgehen kann, müssen erst noch geklärt werden.