Die Finanztransaktionssteuer wird wohl kommen. Aber ob sie erfolgreich sein wird, muss bezweifelt werden.

22 von insgesamt 27 EU-Finanzministern haben die Besteuerung von Finanzgeschäften durchgewunken. Damit könnten die elf Länder, die die Finanztransaktionssteuer befürworten, die neue Abgabe schon im kommenden Jahr einführen. Zu der Gruppe zählen auch Deutschland und Frankreich. Dagegen sind Länder wie Großbritannien, Schweden und Luxemburg nicht dabei. Die Erfolgsaussichten der neuen Abgabe hält bdp-Gründungspartner und Steuerexperte Dr. Michael Bormann im Interview mit n-tv.de für ziemlich zweifelhaft.

____Kommt es schon im nächsten Jahr zur Einführung der neuen Finanztransaktionssteuer?

Theoretisch ist das möglich, praktisch wohl eher kaum. Grundsätzlich scheint festzustehen, dass der Kauf und Verkauf von Aktien und Anleihen mit jeweils 0,1 Prozent und der von Derivaten mit 0,01 Prozent versteuert wird. Details müssen aber noch verhandelt werden, zum Beispiel, welche Produkte konkret der Steuer unterliegen und wie eine mögliche Kapitalflucht unterbunden werden kann.

____Bundesfinanzminister Schäuble hat bereits 2 Milliarden Euro an Einnahmen für das kommende Jahr eingeplant.

Das hat er schon einmal – mal schauen, ob es dabei bleibt.

____Die Pläne sehen vor, Kleinanleger von der Steuer zu befreien und vor allem die Finanzindustrie zu belasten, um sie so an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligen.

Das ist ein durchaus nachvollziehbares und populäres Vorhaben. Fraglich ist bloß, ob dies auch gelingt. Wie wollen Sie denn verhindern, dass Banken und Versicherungen ihre Kosten auf den Privatanleger umlegen? Wenn tatsächlich die Finanzindustrie be- und der Kleinanleger entlastet werden sollen, wäre ja auch eine Steuersenkung für die privaten Steuerzahler denkbar. Davon ist aber bislang nicht die Rede.

____Um die Kapitalflucht der institutionellen Anleger einzudämmen, soll die Steuer auf dem Geschäftssitzprinzip beruhen. Entscheidend ist danach nicht, wo eine Transaktion getätigt wird, sondern an welchem Ort eine Bank, eine Fondsgesellschaft oder eine Versicherung ansässig ist.

Das scheint mir weniger ein Problem der Gesetzesformulierung als der praktischen Durchführung zu sein. Kann der deutsche Fiskus wirklich Steuern auf Transaktionen erheben, die zum Beispiel die Tochter einer deutschen Bank auf den Cayman Islands tätigt? Können die notwendigen Daten tatsächlich erfasst werden? Ich habe da meine Zweifel.

____Ziel ist es auch, den als schädlich angesehenen Hochfrequenzhandel einzudämmen.

Bei diesen von Computern automatisch ausgeführten Börsengeschäften kommt es zum Teil auf die dritte Stelle hinter dem Komma an. Denn nicht die Marge, sondern die Masse macht hier das Geschäft. Hier ist grundsätzlich eine Entschleunigung sinnvoll. Offen ist aber die Frage, ob die entsprechenden Geschäfte dann nicht an andere Börsen abwandern, zum Beispiel nach London oder Singapur.

____Wie sind die Auswirkungen für den Kleinanleger einzuschätzen?

Auch wenn es sich wieder einmal um eine Erhöhung und nicht um eine der ständig versprochenen Entlastungen handelt, sind die Folgen für den Privatanleger wohl eher überschaubar. Schließlich geht es um Steuersätze von 0,1 bzw. 0,01 Prozent je Transaktion. Der Fondssparer, der einmal im Monat Anteile kauft, dürfte von der Finanztransaktionssteuer nur wenig merken.

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