bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann über die Folgen einer möglichen Wiedereinführung der Vermögensteuer

Verschiedene Wohlfahrtsverbände fordern die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Seit SPD und Grüne das Vorhaben ebenfalls unterstützen, bestehen durchaus Chancen, dass die Reichenabgabe tatsächlich ein Comeback erfährt. Bei der nicht wirklich neuen Steuer wähnen die Wohlfahrtsverbände sowie die Opposition die Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa vom Frühjahr dieses Jahres befürworteten 77 Prozent der Befragten die Wiederbelebung der Vermögensteuer. Vier SPD-regierte Bundesländer wollen im September im Bundesrat eine entsprechende Initiative einbringen. Über die möglichen Folgen sprach n-tv.de mit dem bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann.

____Für wie wahrscheinlich halten Sie die Wiedereinführung einer Vermögensteuer?

Das ist in erster Linie eine politische Frage. Wie die Meinungsumfrage von Forsa zeigt, scheint das Vorhaben bei der Mehrheit der Bevölkerung durchaus populär zu sein. Auch in der CDU finden sich zahlreiche Befürworter.

____Worum geht es konkret?

Vereinfacht gesagt sollen Vermögen, die nach Abzug der Schulden mehr als zwei Millionen Euro betragen, mit einer jährlichen Steuer von einem Prozent belegt werden. Bei Ehepaaren greift die Steuer ab vier Millionen Euro.

____Was zählt denn alles zum Vermögen?

Im Prinzip gehört alles dazu. Das fängt beim Sparbuch an, geht über die Ansprüche aus der Lebensversicherung oder der Rente bis hin zu Wertpapierdepots, Immobilien und Betriebsvermögen, also Beteiligungen an Firmen. Und hier beginnt aus steuersystematischer Sicht die Problematik. Es ist nämlich gar nicht so einfach zu ermitteln, was die einzelnen Vermögensteile tatsächlich wert sind.

____Das war auch der Grund dafür, dass die Vermögensteuer 1997 quasi ausgesetzt wurde?

Das Bundesverfassungsgericht hat damals vom Gesetzgeber gefordert, die Vermögensteuer entweder zu reformieren oder sie nicht mehr zu erheben. Konkret ging es darum, dass Immobilien mit den sogenannten Einheitswerten viel zu niedrig angesetzt waren. Denn die Einheitswerte stammen in Westdeutschland noch aus dem Jahr 1964, im Osten sogar aus dem Jahr 1935. Die Richter forderten, dass alle Vermögensteile gleich aktuell bewertet würden. Ansonsten wären Eigentümer von Immobilien bevorzugt worden. Vor dieser Forderung hat der Gesetzgeber damals kapituliert und die Vermögensteuer seitdem ausgesetzt.

____An der Problematik hat sich doch bis heute grundlegend nichts geändert, oder?

Das ist einer der ganz wesentlichen Knackpunkte einer Vermögensteuer. Der Präsident der Bundessteuerberaterkammer, Horst Vinken, hat dazu auf folgenden Sachverhalt verwiesen: Ein Finanzbeamter könne pro Tag durchschnittlich zehn Grundstücksbewertungen durchführen, also circa 2.000 pro Jahr. Bei rund 30 Millionen Grundstücken in Deutschland wären demzufolge 5.000 Finanzbeamte drei Jahre lang nur damit beschäftigt. Mit anderen Worten, die Finanzverwaltung wäre komplett lahmgelegt.

____Was halten Sie aus steuersystematischen Überlegungen von einer Vermögensteuer?

Bei der Vermögensteuer handelt es sich um eine Substanzsteuer, die nicht auf das Einkommen oder den Gewinn einer Firma zielt, sondern, wie der Name sagt, auf das bestehende Vermögen. Das führt dazu, dass ein Unternehmer auch dann zahlen muss, wenn seine Firma Verluste macht. Das kann sich schnell zu einer existenziellen Bedrohung auswachsen. Zudem beträfe eine Vermögensteuer nicht nur Wohlhabende, sondern weitaus größere Teile der Bevölkerung. Zahlreichen Betroffenen dürfte das bislang gar nicht klar sein. Werden fremdvermietete Wohnungen und Häuser mit einer zusätzlichen Steuer belegt, werden die Eigentümer versuchen, diese Mehrbelastung auf die Mieter umzulegen – völlig unabhängig von deren Einkommen.

____Gibt es eine Alternative zur Vermögensteuer?

Wenn der Staat die starken Schultern mehr belasten will, bietet sich schon eher die Einkommenssteuer an. Das zu versteuernde Einkommen wird schon heute einmal pro Jahr ermittelt. Hier würde eine Steuererhöhung keinen verwaltungstechnischen Mehraufwand bedeuten. Zudem müsste der Steuerpflichtige nur dann an den Fiskus zahlen, wenn er auch tatsächlich etwas verdient. Am besten wäre es aber, wenn der Staat endlich anfangen würde zu sparen.