Wer will und einen realistischen Blick wagt, kann Unternehmenskrisen zuverlässig und rechtzeitig erkennen. Je früher dies geschieht, desto größer sind die Chancen auf einen erfolgreichen Turnaround.

Mit dem in den letzten Jahren modernisierten deutschen Sanierungs- und Insolvenzrecht soll die Zerschlagung von Krisenunternehmen möglichst vermieden werden. Stattdessen wird verstärkt auf präventive Restrukturierungsmaßnahmen gesetzt. 

In unserer Serie „Sanieren statt liquidieren“ erläutern wir die wichtigsten Aspekte der modernen Sanierungspraxis. In dieser Ausgabe steht die Frage im Mittelpunkt: „Wie können Unternehmenskrisen erkannt und vor allem bekämpft werden?“

Es ist für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, aufkommende Krisen frühzeitig zu erkennen, um sogleich Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Dabei müssen echte Krisen von vorübergehenden konjunkturellen Dellen unterschieden werden. Die Devise lautet: Je früher zielgerichtet gehandelt wird, desto größer sind die Chancen, das Unternehmen wieder auf einen ertragreichen Kurs zu bringen.

Dabei durchläuft eine Unternehmenskrise verschiedene Stadien, beginnend mit der Strategiekrise, über die Ertragskrise bis hin zur Liquiditätskrise, die schließlich zur Insolvenzreife führen kann. Um diese Phasen zu identifizieren, braucht es nicht zwangsläufig hochwissenschaftliche Methoden. Vielmehr können Unternehmer mit einfachen Mitteln schnell zu aussagekräftigen Ergebnissen gelangen. Praxiserfahrung und das Gespür für die Realität spielen hier eine zentrale Rolle.

Verlauf von Unternehmenskrisen: Temporäres Problem oder echte Krise?

Naturgemäß beginnt die Analyse mit Zahlen, die aus der Buchhaltung schnell verfügbar sind. Dies erfordert den Willen, sich der tatsächlichen Situation zu stellen, anstatt sie zu ignorieren. Eine realistische Einschätzung der Umsatzentwicklung, basierend auf konkreten Kalkulationen zu Stückzahlen und Preisen, ist ein erster Schritt. Die Entwicklung der Materialeinsatzquote und der Personalquote über die letzten 36 Monate liefert weitere Einblicke.

Außerdem sind die Fragen nach den profitablen Unternehmensbereichen und Produkten, die Ermittlung von Zahlungszielen der Kunden sowie die Verhandlungen mit Warenkreditversicherern weitere entscheidende Elemente der Analyse. Eine klare Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung hilft Bereiche zu identifizieren, die nachverhandelt oder sogar geschlossen werden sollten.

Unsere praktische Erfahrung aus vielen tiefgehenden Analysen zeigt, dass Misserfolge meist auf langfristige Entwicklungen zurückzuführen sind. Starres Festhalten an veralteten Konzepten, mangelnde Delegationsfähigkeit des Managements, fehlende Ergebnis- und Liquiditätsplanung sowie eine vernachlässigte Organisation können Krisen begünstigen.

Eine Krise ist allerdings nicht mit Insolvenz gleichzusetzen. Wenn man also Dinge realistisch sieht, zu Änderungen bereit ist und sich Hilfe holt, können Krisenunternehmen alsbald wieder eine positive Entwicklung nehmen. 

Überschuldung beseitigen: Welche Maßnahmen helfen?

Ist ein Unternehmen nicht nur bilanziell sondern insolvenzrechtlich überschuldet, müssen Maßnahmen zur Beseitigung ergriffen werden, da andernfalls eine Insolvenzantragspflicht besteht. 

Dabei gibt es Fremdkapitalmaßnahmen, welche im Wesentlichen Forderungsverzichte und Rangrücktritte bedeuten, und Eigenkapitalmaßnahmen, die Kapitalerhöhung, Kapitalherabsetzung mit anschließender Erhöhung, die Einzahlung in die Kapitalrücklage und den Debt-Equity-Swap beinhalten können.

Beim Forderungsverzicht verzichten die Gläubiger des überschuldeten Unternehmens auf ihre Forderungen gegenüber dem Schuldner und bestätigen dies schriftlich mit einem Erlassvertrag. Mit dem Rangrücktritt erklärt der Gläubiger seinen Verzicht auf eine vorrangige Bedienung seiner Forderung.

Auch Eigenkapitalmaßnahmen können hilfreich sein. Wichtig ist allerdings: Bei einer andauernden Überschuldung ist nicht mehr viel Raum für große Fehler, weswegen jeder Schritt sorgfältig geplant sowie die steuerlichen und haftungsrechtlichen Risiken berücksichtigt sein sollten. 

Der Debt-Equity-Swap als Restrukturierungsinstrument ermöglicht die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital. Dabei müssen die Chancen und Risiken dieses Instruments fallbezogen diskutiert und steuerliche Implikationen einbezogen werden.

Leistungswirtschaftliche Maßnahmen: Wie kann die Liquidität gesichert werden?

Hat man die Überschuldung entschärft und sich kurzfristig Liquidität sichern können, geht es darum liquide zu bleiben. Welche leistungswirtschaftlichen Maßnahmen können nun ergriffen werden? 

Kurz gesagt geht es um die konsequente Ausnutzung aller verfügbaren Liquiditätspotenziale im operativen Geschäft. Eine detaillierte sowie kurz-, mittel- und langfristige Liquiditätsplanung ist dabei unabdingbar.

Kapitel 4: Überschuldung beseitigen Welche Maßnahmen helfen?

Ohne positive Fortführungsprognose ist bei Überschuldung ein Insolvenzantrag zwingend. Der kann sowohl durch Eigenkapital- als auch durch Fremdkapitalmaßnahmen verhindert werden.

Ohne positive Fortführungsprognose ist bei Überschuldung ein Insolvenzantrag zwingend. Der kann sowohl durch Eigenkapital- als auch durch Fremdkapitalmaßnahmen verhindert werden.

Es lassen sich stets Potenziale in unterschiedlichen Bereichen identifizieren. Ein wichtiger Bereich sind die Verhandlungen mit Banken und Gläubigern. Stillhalteabkommen, die Aufrechterhaltung von Kreditlinien, Kapitaldienste und kurzfristige Sanierungskredite können in Krisensituationen enorm weiterhelfen. Dabei gilt es stets, die Transparenz zu wahren, Organisationstalent zu beweisen und die richtigen Prioritäten zu setzen. Die Organisation des Liquiditätsmanagements erfordert die Einbindung von Schlüsselmitarbeitern, insbesondere in den Abteilungen Verkauf und Einkauf. Desinvestitionen und alternative Finanzierungsmodelle sind hier mögliche Maßnahmen. Insbesondere müssen die Verantwortlichkeiten klar verteilt werden.

Zügige Zahlungseingänge haben oberste Priorität, weshalb dem Forderungsmanagement eine herausragende Rolle zukommt. Der strukturierte Umgang mit Kreditoren, insbesondere die pünktliche Begleichung von Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträgen und Gehältern ist unabdingbar, ebenso wie die Aufrechterhaltung einer offenen Kommunikation nach innen und außen, um Reputation und Kreditfähigkeit zu sichern.

Die Beauftragung eines externen Sanierungsberaters ist hilfreich, da dieser eine proaktive Kommunikation fördert und Vertrauen und Seriosität sichert.

Erträge verbessen und Kosten senken: Wo finden sich die größten Verlustbringer?

Ist die Liquidität kurz- und mittelfristig gesichert müssen die Erträge verbessert und die Kosten gesenkt werden. Besonderes Augenmerk gilt hier dem Einkauf, dem Vertrieb und dem Personal. 

Verlustbringer, also defizitäre Produkte oder Geschäftsbereiche, sollten schnellstmöglich erkannt werden und zur Kostensenkung beitragen. Ferner empfehlen wir eine kritische Prüfung des Einkaufs, wobei Potenziale in Lieferantenverhandlungen, Materialbeschaffung und Vertragskonditionen identifiziert werden können.

Die Untersuchung von Produktions- und Lagerkapazitäten sowie eine Anpassung des Personalaufwands stehen ebenfalls im Fokus. Temporäre Maßnahmen wie Überstundenverbot oder Kurzarbeit können sinnvoll sein. Im Vertrieb muss man sich auf der einen Seite die entstehenden Aufwendungen zur Kundengewinnung anschauen. Auf der anderen Seite muss der Fokus des Teams ganz klar auf Produkte mit starkem Deckungsbeitrag verlagert, die Vertriebsstrategie überarbeitet und aktive Vertriebsmaßnahmen eingeführt werden.

Zusätzlich muss die gesamte Organisationsstruktur analysiert und entschieden werden, ob Abteilungen aufgelöst, zusammengelegt oder outgesourct werden können. Dabei kann ein Interimsmanager mit einem unvoreingenommenen Blick oft von Vorteil sein.

Korrektur der Unternehmensstrategie: Wie lassen sich wieder Profite erzielen?

Auch wenn Zeit und Geld in Krisenzeiten besonders eng bemessen sind, ist der eigentliche Grund für die Misere häufig, dass zuvor strategische Fehler begangen wurden. 

Die Anwendung einfacher Gestaltungsregeln und die Nutzung von Deckungsbeitragsrechnungen zur Ermittlung des Profitabilitätsbeitrags pro Geschäftsfeld sind schnelle und kostengünstige Maßnahmen, um strategischen Korrekturbedarf zu identifizieren.

Die Bestimmung der Marktattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit erfolgt durch klassische Portfoliotechniken, die Stärken und Schwächen sowie Vergleiche mit Mitbewerbern und Kundeninterviews einbeziehen. Dies wird zu unangenehmen Erkenntnissen führen. Aber erst die harten Ergebnisse solcher Analysen ermöglichen konsequente Reaktionen, die dann dazu beitragen können, weitere Verluste zu vermeiden.

Die strategische Neuausrichtung sollte in eine detaillierte Ergebnis- und Liquiditätsplanung umgesetzt werden. Externe Unterstützung ist dabei notwendig, insbesondere um das Vorgehen gegenüber Kreditgebern zu erläutern. 

Bitte sprechen Sie uns frühzeitig an, damit wir Sie bestmöglich unterstützen können.

Sanieren statt liquidieren

Sanieren statt liquidieren  Einführung in die Sanierungspraxis

Wir starten in dieser Ausgabe eine Serie von Überblicksartikeln, die eine Einführung in die wichtigsten Aspekte der Sanierungspraxis geben und auf weiterführende Informationen verweisen.

Wir starten in dieser Ausgabe eine Serie von Überblicksartikeln, die eine Einführung in die wichtigsten Aspekte der Sanierungspraxis geben und auf weiterführende Informationen verweisen.

Sanieren statt liquidieren // Teil B   Krisen erkennen und bekämpfen

Wer will und einen realistischen Blick wagt, kann Unternehmenskrisen zuverlässig und rechtzeitig erkennen. Je früher dies geschieht, desto größer sind die Chancen auf einen erfolgreichen Turnaround.

Wer will und einen realistischen Blick wagt, kann Unternehmenskrisen zuverlässig und rechtzeitig erkennen. Je früher dies geschieht, desto größer sind die Chancen auf einen erfolgreichen Turnaround.

Sanieren statt liquidieren // Teil C  Ein nichtöffentliches Verfahren

Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) ermöglicht ein formelles Restrukturierungsverfahren ohne einen Insolvenzantrag und ohne Eintrag in das Handelsregister.

Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) ermöglicht ein formelles Restrukturierungsverfahren ohne einen Insolvenzantrag und ohne Eintrag in das Handelsregister.