Über die Optionen für eine Unternehmensstabilisierung und -restrukturierung in der Praxis sprachen wir mit Rainer Hübl, Geschäftsführer der bdp Management Consultants GmbH

Herr Hübl, warum wurde das StaRUG eingeführt?

Das StaRUG wurde 2021 auf Empfehlung der EU eingeführt, um Unternehmen vor einer Insolvenz zu bewahren und dennoch von Schulden zu befreien. Mit einer Sanierung nach dem StaRUG können damit außerhalb eines Insolvenzverfahrens Verbindlichkeiten des Unternehmens gekürzt werden. Die Passivseite der Bilanz wird dabei neu strukturiert, auch wenn einzelne Gläubiger dem widersprechen. Dies ist ein Novum im deutschen Recht.

Welche Vorteile hat das StaRUG?

Ein Restrukturierungsverfahren mit den Instrumenten des StaRUG hat mehrere Vorteile:

Es ist ein nichtöffentliches Verfahren: Eine StaRUG-Restrukturierung geschieht mit der gebotenen Ruhe, denn ein StaRUG-Verfahren ist bis auf wenige Ausnahmen nichtöffentlich.

Die Verfügungshoheit bleibt erhalten: Unternehmen führen die Sanierung stets in eigener Regie und Verantwortung durch, vergleichbar mit einer Eigenverwaltung oder einem Schutzschirmverfahren.

Die Begrenzung auf bestimmte Gläubigergruppen ist möglich: Die Geschäftsleitung eines Unternehmens muss in einem StaRUG-Verfahren nicht alle Gläubiger in die Sanierung einbeziehen. Sie kann vielmehr gezielt planen und auswählen, welche Gläubiger sie beteiligen möchte und welche nicht.

Eine 75-Prozent-Mehrheit reicht aus: In einem StaRUG-Verfahren erstellt das Unternehmen einen Restrukturierungsplan, in dem der Rahmen und die Maßnahmen der Restrukturierung definiert werden. Diesem muss eine Drei-Viertel-Mehrheit der in den Plan einbezogenen Gläubiger zustimmen. Das ist weniger als bei einer außergerichtlichen Sanierung, bei der sämtliche Gläubiger zustimmen müssen. Zudem ist es in einem StaRUG-Verfahren möglich, Gläubiger oder sogar Gläubigergruppen zu überstimmen, die gegen den Restrukturierungsplan stimmen. Dadurch verringert sich das Risiko, dass opportunistische Gläubiger die Sanierung blockieren.

Es besteht eine hohe Rechtssicherheit: Die Geschäftsleitung kann bei einem StaRUG-Verfahren entscheiden, ob es sich mit oder ohne Begleitung durch das Gericht sanieren möchte. Für eine hohe Rechtssicherheit, und falls nicht alle Gläubiger den Sanierungsmaßnahmen zustimmen, bietet sich jedoch eine gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans an.

Für welche Art von Unternehmen ist das StaRUG geeignet bzw. nicht geeignet?

Unternehmen, die hauptsächlich operative oder strategische Herausforderungen zu bewältigen haben, sind mit einem Regelinsolvenzverfahren, einer Eigenverwaltung oder einem Schutzschirmverfahren besser beraten.

Das StaRUG ist in erster Linie für Fälle gedacht, in denen das Unternehmen finanzielle Probleme lösen muss. So lassen sich mit dem StaRUG, im Gegensatz zu einer Sanierung in Regelinsolvenz, Eigenverwaltung oder Schutzschirm, keine ungünstigen Verträge gegen den Willen der Vertragspartner kurzfristig beenden und insbesondere dürfen Unternehmen dabei nicht in die Rechte von Arbeitnehmern eingreifen.

Welche Restukturierungsinstrumente können zur Durchführung des StaRUG unter Zuhilfenahme des Gerichts angewandt werden?

Mit dem Restrukturierungsgericht, das nicht mit dem Insolvenzgericht identisch ist, kann ein gerichtliches Planabstimmungsverfahrens durchgeführt werden. Das Gericht kann Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich sind, vorab prüfen. Es kann Regelungen zur Einschränkung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung (Stabilisierung) und die gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans (Planbestätigung) erlassen.

Welche Unterlagen müssen für das Gericht sorgfältig aufbereitet werden?

Der Entwurf des Restrukturierungsplans oder, sofern dieser nach dem Stand des angezeigten Vorhabens noch nicht ausgearbeitet und ausgehandelt werden konnte, ein Konzept für die Restrukturierung. Der Entwurf oder das Konzept beschreiben die Art, das Ausmaß und die Ursachen der Krise, das Ziel der Restrukturierung sowie die Maßnahmen, die zur Erreichung des Restrukturierungsziels geplant sind.

Der Stand der Verhandlungen mit Gläubigern, mit an dem Schulden beteiligten Personen und mit Dritten zu den geplanten Maßnahmen muss dokumentiert werden

Vorkehrungen, welche der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine gesetzlichen Pflichten zu erfüllen, müssen dargestellt werden. Es ist anzugeben, ob die Rechte von Verbrauchern oder von mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen berührt werden sollen. Es ist zudem anzugeben, ob damit zu rechnen ist, dass das Restrukturierungsziel nur gegen den Widerstand einer Gläubigergruppe durchgesetzt werden kann.

In welcher Form werden die Gläubiger beteiligt bzw. müssen abstimmen?

Die Abstimmung über den Restrukturierungsplan kann entweder vom Unternehmen selbst oder im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens durchgeführt werden. Abgestimmt wird in Gläubigergruppen. Der Gruppenbildung selbst kommt eine besondere Bedeutung zu, da gegebenenfalls sowohl einzelne Gläubiger als auch ganze Gruppen überstimmt werden können. Innerhalb einer Gruppe müssen mindestens 75 Prozent der Forderungssumme zustimmen. Gruppenübergreifend ist nur eine einfache Mehrheit erforderlich.

Stellt sich eine Gruppe gegen den Restrukturierungsplan, kann sie durch andere, zustimmende Gruppen überstimmt werden. Bei zwei Gruppen gilt die Zustimmung als erteilt, wenn nur eine der beiden Gruppen zustimmt. Wird dem Plan mehrheitlich zugestimmt, ist der Restrukturierungsplan angenommen. In einem solchen Fall treten die Regelungen des Plans ein.

Der Schuldner wird dann beispielsweise von den Forderungen der Gläubiger im Rahmen einer Quotenregelung befreit. Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist beseitigt. Die Annahme, egal ob in einem von Unternehmen durchgeführten Prozess oder mit gerichtlicher Beteiligung, kann zusätzlich vom Restrukturierungsgericht bestätigt werden. Dies erhöht die Rechtssicherheit auch bei späteren Anfechtungen.

Sollen in einem Restrukturierungsverfahren die Forderungen aller Gläubiger gestaltet werden, kann das Gericht einen Gläubigerbeirat einsetzen. Dem Beirat sollen die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen, die Kleingläubiger und ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören. Sie unterstützen und überwachen den Schuldner bei seiner Geschäftsführung. Der Gläubigerbeirat kann dem Gericht einen Vorschlag hinsichtlich der Person des Restrukturierungsbeauftragten unterbreiten.

Welchen Beratungsansatz bietet bdp für betroffene Unternehmen?

Der Weg durch das StaRUG-Verfahren hält viele Optionen zur Krisenbewältigung für ein Unternehmen bereit. Das macht den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) aber auch sehr komplex. Unverzichtbar sind deshalb die professionelle Vorbereitung und Beratung.

Ein bdp-Sanierungsberater unterstützt den Unternehmer schon in der Sondierungsphase, entwickelt geeignete Sanierungsmaßnahmen und lenkt durch den Abstimmungsprozess. Als unabhängige Person kann er als Mediator wirken und so bei den Gläubigern Vertrauen in das Unternehmen und das Verfahren schaffen.

Sprechen Sie uns bei Bedarf bitte an.

Sanieren statt liquidieren // Teil C Ein nichtöffentliches Verfahren

Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) ermöglicht ein formelles Restrukturierungsverfahren ohne einen Insolvenzantrag und ohne Eintrag in das Handelsregister.

Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) ermöglicht ein formelles Restrukturierungsverfahren ohne einen Insolvenzantrag und ohne Eintrag in das Handelsregister.