Über Feuerwehreinsätze von bdp beim Mandanten, vorinsolvenzliche Sanierungsmöglichkeiten sowie konkrete Handlungsempfehlungen für ein resilientes Krisenmanagement

___ Herr Hübl, wie stellt sich angesichts multipler Krisen die Situation für die bdp-Mandanten im Herbst 2022 dar?

Aktuell belastet die bdp-Mandanten die Energiekrise durch direkte Energieverteuerung, aber auch die Kostensteigerungen aus der Inflation. Daneben wirken verschärfend Materialknappheit, Personalknappheit, Lieferketten-Disruption und die Ukrainekrise.

Die staatlichen Sonderprogramme aus der Pandemie haben bislang Zahlungsunfähigkeiten weitestgehend abgewendet bzw. verzögert. Jetzt sind aber konkret deutliche Umsatzrückgänge über nahezu alle Branchen zu verzeichnen, was zur Anpassung der Preise sowie Kosten zwingt. bdp unterstützt aktuell Unternehmen in solchen Preisverhandlungen und bei Kostenanpassungsprozessen.

___ Mit welchen Maßnahmen hilft bdp seinen Mandanten beim Krisenmanagement und der Liquiditätssicherung akut?

Sehr oft beobachten wir bei unseren Mandanten eine sich schnell entwickelnde Liquiditätskrise, sodass wir umgehend bei der Liquiditätssicherung und -besorgung tätig werden müssen.

In einer Art „Feuerwehreinsatz“ sorgen wir in diesen Fällen zunächst für Transparenz. Dazu gehören die Implementation einer integrierten Finanzplanung, die Berechnung verschiedener Szenarien für die Umsatz- und Kostenentwicklungen, die Erhebung relevanter Kennzahlen sowie die Erstellung eines Bestellobligos.

Dabei unterstützen wir die Unternehmen u. a. bei der Setzung der Planungsprämissen, da nicht selten viel zu positive und damit unrealistische Planungen erstellt und bei den Finanzierern abgeben werden. Dies führt in vielen Fällen zu einer Abweichung zwischen den Ist-Zahlen und Plan-Zahlen, was in der Folge zu einer Vertrauenskrise zwischen der Hausbank und dem Unternehmen führt. Finanzierer bewerten – auch im Rahmen des Ratings – die „Planungstreue“ eines Unternehmens. Um eine Vertrauenskrise zu vermeiden, stehen wir sozusagen als „Sparringspartner“ zur Verfügung, sodass die Planungen wirklichkeitsnah erstellt werden können.

Krisenmanagement Herausforderungen meistern

Guter Rat ist nicht teuer: bdp unterstützt bei der Bewältigung der Krisen kostentransparent und flexibel mit betriebswirtschaftlicher, rechtlicher und steuerlicher Expertise.

Guter Rat ist nicht teuer: bdp unterstützt bei der Bewältigung der Krisen kostentransparent und flexibel mit betriebswirtschaftlicher, rechtlicher und steuerlicher Expertise.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen Hinweis zu den üblichen Anforderungen der Finanzierer: Diese erwarten grundsätzlich eine sogenannte integrierte Finanzplanung, also eine Zusammenschau von Erfolgs-, Liquiditäts- und Bilanzplanung, da nur damit der exakte Finanzbedarf ermittelt werden kann.

Wir begleiten die Mandanten in intensiven Bankgesprächen, um die Reputation des Unternehmens zu steigern und angemessene Kreditbedingungen (also: angemessener Zinssatz, nicht zu kurze Laufzeit, keine Übersicherung u. a.) zu erreichen.

Im Rahmen eines Interimsmanagements führen wir Preiserhöhungsverhandlungen durch. Gerade in Branchen mit hoher Kundenmacht (z. B. Automobilbranche) sind diese Verhandlungen zwingend durchzuführen.

Wir unterstützen und entlasten unsere Mandanten in der Antragstellung der seitens der KfW u. a. aufgelegten Unterstützungsprogramme.

Und schließlich geben wir unseren Mandanten Handlungsempfehlungen in der Leistungswirtschaft (proaktives Kostenmanagement, Monitoring der Produktergebnisrechnung u. a.) und helfen bei der Umsetzung.

Dies sind nur einige wenige Beispiele.

___ Mit welchen Maßnahmen kann bdp seinen Mandanten beistehen, mittel- und langfristig eine größere Krisenresilienz zu erreichen?

Wie schon erläutert, ist eine konsistente und realitätsnahe Finanzplanung, die bdp analytisch über unser eigenes Tool „bdp Planer“ erstellt, ein wichtiges Instrument, mit dem Vertrauen bei den Stakeholdern gewonnen wird.

Ein immer wieder unterschätzter Bereich sind aber die Sicherstellungen von bilanziellen und außerbilanziellen Assets. Auf diesem Feld können wir früh tätig werden und damit einen beträchtlichen Beitrag zur Krisenresilienz erzielen.

Einfach gesagt bedeutet dies, dass in wirtschaftlich guten Zeiten gestellte Sicherheiten zurückgeholt werden sollten, um in Krisenzeiten angemessene Besicherungen stellen zu können. Dabei ist die Architektur der Sicherheitenstruktur entscheidend. Es gilt: Kurzfristige Sicherheiten oder keine Besicherungen für kurzfristige Kredite, Maschinen u. Ä. als Sicherheiten für mittelfristige Kredite und der Eintrag von Grundschulden für langfristige Kredite. Querhaftungen sollten unbedingt vermieden werden.

Eine agile Steuerung der Fixkosten ist gerade in Krisensituationen entscheidend für das Überleben eines Unternehmens. Die Steuerungsgröße „Degree of Operating Leverage“ kann in Kombination mit einer fundierten Prognose von Ergebnisveränderungen zu mehr Agilität in diesem Bereich beitragen.

Der „Degree of Operating Leverage“ misst, wie stark sich das Betriebsergebnis eines Unternehmens als Reaktion auf eine Umsatzveränderung verändert. Seit der COVID-19-Krise häufen sich bspw. Insolvenzen und existenzielle Krisen prominenter Modeunternehmen: Bonita, Gerry Weber, Esprit und Tom Tailor wurden mit Gewinnwarnungen, Schutzschirmverfahren oder Insolvenzen konfrontiert.

Ein Grund für die Probleme der Branche sind unter anderem Risiken, die sich aufgrund hoher Fixkosten bei gleichzeitig fallenden Umsätzen ergeben. Bei gutem Geschäftsverlauf erhöhen Fixkosten die Rentabilität. Hohe Fixkosten führen aber dazu, dass Umsatzschwankungen überproportional auf die Unternehmensergebnisse durchschlagen.

Dieser Effekt ist dann am stärksten, wenn relativ hohen Fixkosten nur relativ geringe Stückkosten beziehungsweise Absatzmengen gegenüberstehen. Umso wichtiger ist ein risikoadjustiertes Fixkosten-Management, das den Unternehmen hilft, in krisenhaften Situationen mittelfristig erfolgreich zu steuern.

Gerade wenn mittelständische Unternehmen zu wenig Manpower im kaufmännischen Controlling besitzen, kann bdp mit der betriebswirtschaftlichen Abteilung und einem Projekt „Optimierung der Kostenstruktur“ Krisen vorbeugen.

___ Seit Anfang 2021 bietet das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) einen gesetzlichen Rahmen, der eine Restrukturierung bereits vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ermöglicht. Wie können Krisenunternehmen davon profitieren?

Mit dem neuen Restrukturierungsverfahren und der neuen Sanierungsmoderation hat der Gesetzgeber die Werkzeuge zur Sanierung im Vorfeld und zur Vermeidung von Insolvenzen bedeutend ausgeweitet. Wollen Geschäftsführer die Sanierungsmöglichkeiten des StaRUG für ihr Unternehmen nutzen, sollten sie die Liquiditätsentwicklung ihres Unternehmens deutlich intensiver im Fokus behalten und für mindestens 2 Jahre planen.

Wer einen Restrukturierungsplan nutzen möchte, darf den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen: Ist Zahlungsunfähigkeit eingetreten und sind die insolvenzrechtlichen Antragsfristen verstrichen, bleibt nur der direkte Weg zum Insolvenzrichter. Das StaRUG regelt den vorinsolvenzlichen Raum. Es folgt dabei der goldenen Regel des Krisenmanagements, dass die Erfolgsaussichten umso größer sind, je früher eine Krise erkannt und je früher Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Während die Sanierung in Eigenverwaltung also erst nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens möglich ist, können ein Restrukturierungsprozess oder eine vorgelagerte Sanierungsmoderation nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) vor einem Insolvenzantrag erfolgen.

Sowohl das Verfahren nach Restrukturierungsplan als auch eine Sanierungsmoderation werden von ausgewiesenen Sanierungsexperten mit bestimmten kommunikativen Kompetenzen und in der Regel unter Mitwirkung von Steuerberatern durchgeführt.

Wir haben den im Vergleich zum klassischen Insolvenzverfahren niederschwelligen Zugang zu Sanierungsmoderation und Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG und deren Besonderheiten ausführlich in bdp aktuell 178 vom März 2020 sowie in bdp aktuell 190 vom April 2021 dargestellt.

___ Sie haben eben darauf hingewiesen, dass beim Krisenmanagement ja die Regel gilt, dass die Erfolgschancen umso größer sind, je früher man den Realitäten ins Auge blickt und je schneller man dann daraus Konsequenzen zieht. Welche Aspekte Ihres Geschäfts sollten betroffene Unternehmer genauestens analysieren, und gibt es dabei eine Art Checkliste?

Eine gute Frage, die ich gerne beantworte: Für Unternehmen gibt es konkrete Handlungsempfehlungen für verschiedene Bereiche, um das Krisenmanagement zu optimieren:

  • Objektivieren Sie Ihr Bauchgefühl! Wenn Sie den Eindruck haben, es bahnt sich eine Krise an, dann etablieren Sie ein Frühwarnsystem auf Basis harter Fakten und aussagekräftiger Kennzahlen.
  • Organisieren Sie sich! Bilden Sie einen Lenkungskreis, um die Krisensignale einzuordnen und Ihre Maßnahmen zu evaluieren. Holen Sie externen Rat ein.
  • Optimieren Sie Ihre Leistungswirtschaft! Betreiben Sie ein aktives Leistungsmanagement, z. B. durch eine Budgetierung. Setzen Sie Preiserhöhungen um. Kontrollieren Sie die Materialverfügbarkeit und setzen Sie Sparmaßnahmen konsequent um. Verbessern Sie Ihre Produktivität.
  • Managen Sie Ihre Bonität! Mindern Sie Ausfallrisiken durch Maximal-Limits oder Warenkreditversicherungen. Binden Sie ggf. die Creditreform ein.
  • Und über allem steht natürlich:
  • Sichern Sie Ihre Liquidität! Etablieren Sie eine integrierte Finanzplanung. Simulieren Sie Best-Case- und Worst-Case-Berechnungen. Kommunizieren Sie vertrauensvoll mit Ihren Finanzierern und optimieren Sie die Sicherheitenarchitektur. Ziehen Sie alternative Finanzierungen in Betracht.

___ Herr Hübl, wir bedanken uns für dieses Gespräch.