Nichtigkeitsklagen sollen befristet, Verschwiegenheitspflichten vermindert und Geldwäsche durch Transparenz erschwert werden

Das Aktienrecht soll verändert werden. Ende des vergangenen Jahres hat das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf zur Änderung des Aktiengesetzes vorgelegt. Dieser Gesetzesentwurf wird nun diskutiert. Es war geplant, das Gesetz im Herbst dieses Jahres zu verabschieden. Ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, ist gegenwärtig nicht abzuschätzen.

Der Entwurf ist eine Reaktion auf Schwachstellen des Aktienrechts, die sich während der Finanzmarktkrise gezeigt haben. Er enthält aber auch originäre Neuregelungen. Im Kern geht es bei dem Entwurf um folgende Änderungen:

  • Einführung einer Pflicht zur Namensaktie für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften sowie Schaffung einer „Kombi-Aktie“ zur Erleichterung bestimmter Börsengänge
  • Einführung von Wandelanleihen mit einem Wandlungsrecht der Gesellschaft („Debt-to-Equity-Swap“)
  • relative Befristung aktienrechtlicher Nichtigkeitsklagen
  • Verminderung der Verschwiegenheitspflichten von Aufsichtsräten, insbesondere im Falle der Beteiligung der Öffentlichen Hand

Die geplanten Neuregelungen im Einzelnen:

Pflicht zur Namensaktie für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften sowie „Kombi-Aktie“ zur Erleichterung bestimmter Börsengänge

Die maßgebende Neuregelung des Entwurfs ist die Verpflichtung für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften ihre Satzung auf Namensaktien umzustellen (§ 10 Abs. 1 HS. 1 AktG-E). Nur noch börsennotierten Gesellschaften soll zukünftig ein Wahlrecht zwischen Inhaber- und Namensaktien zustehen.

Gemäß der Gesetzesbegründung soll das deutsche Aktienrecht in Reaktion auf die „Financial Action Task Force“ der G-7 transparenter werden und die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung berücksichtigen. Es soll aber nicht nur die Transparenz erhöht werden, sondern auch die Kommunikation zwischen der Verwaltung der Gesellschaft und den Aktionären. Dies wird dadurch ermöglicht, dass künftig jeder Aktionär namentlich bekannt sein muss.

Um Börsengänge zu erleichtern, kann die Satzung auch als echte Neuerung des Gesetzes sogenannte Kombinationsaktien („Kombi-Aktie“, § 24 Abs. 2 Satz 1 AktG-E) vorsehen. Hierbei handelt es sich um Namensaktien, die sich bei einem späteren Börsengang dann automatisch in Inhaberaktien umwandeln.

Einführung von Wandelanleihen mit einem Wandlungsrecht der Gesellschaft („Debt-to-Equity-Swap“)

Es soll möglich sein, Wandelschuldverschreibungen auszugeben, bei denen nicht nur der Anleihegläubiger, sondern auch das emittierende Unternehmen ein Umtauschrecht hat.

Durch §§ 192, 194 AktG soll künftig ein sogenannte Debt-to-Equity-Swap auf Vorrat ermöglicht werden. Die Anleihe soll über ein bedingtes Kapital erfasst werden. Hierdurch soll der Gesellschaft/der Anleiheschuldnerin die Möglichkeit einer Rückzahlung der Anleihesumme in Aktien eröffnet werden. Der Anleihegläubiger bzw. Fremdkapitalgeber kann damit dann zum Gesellschafter werden. Bisherige Hilfskonstruktionen werden nun durch die Gesetzesänderung überholt.

Relative Befristung aktienrechtlicher Nichtigkeitsklagen

Durch die Änderung von § 249 Abs. 2 AktG soll gegen aktienrechtliche Berufskläger vorgegangen werden, die auch bereits durch das UMAG im Fokus standen.

Ein Aktionär soll Nichtigkeitsklagen nur noch befristet einreichen dürfen, d. h. innerhalb eines Monats nach Bekanntmachung einer vorausgehenden Klage gegen den genannten Hauptversammlungsbeschluss (Ausgangsklage). Dies ist aber keine absolute Befristung von Nichtigkeitsklagen.

Bisher kann eine Nichtigkeitsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss grundsätzlich unbefristet bzw. innerhalb von drei Jahren ab Eintragung in das Handelsregister geltend gemacht werden. Es kam daher vor, dass Nichtigkeitsklagen nachgeschoben wurden, nachdem bereits über den streitgegenständlichen Beschluss ein Anfechtungsverfahren geführt worden ist.

Verminderung der Verschwiegenheitspflichten von Aufsichtsräten, insbesondere bei der Beteiligung der Öffentlichen Hand

Gemäß geltendem § 109 AktG ist die Möglichkeit, Nichtaufsichtsratsmitglieder an Sitzungen der Gesellschaft teilnehmen zu lassen, sehr eingeschränkt. Daneben regelt § 116 AktG eine verschärfte Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder, die auch gegenüber Aktionären besteht. Nach § 394 S. 4 AktG des Entwurfes soll eine neue Satzungsfreiheit für die Regelung der Verschwiegenheitspflicht und der Öffentlichkeit der Sitzungen des Aufsichtsrates ermöglicht werden, wenn an einer nicht börsennotierten Gesellschaft eine Gebietskörperschaft beteiligt ist oder ihr die Anteile der Gesellschaft vollständig gehören. Die Satzung kann damit die Verschwiegenheitspflicht sämtlicher Aufsichtsratsmitglieder und nicht nur die der von der Gebietskörperschaft gewählten oder entsandten Mitglieder beseitigen und auch öffentliche Aufsichtsratssitzungen zulassen. Börsennotierte Gesellschaften sollen davon jedoch ausgenommen bleiben. Damit werden sehr praxisrelevant insbesondere auch öffentliche Aufsichtsratssitzungen bei „kommunalen GmbHs“ ermöglicht, da die Regelungen der AG hier entsprechend angewendet werden.

Es bleibt nun abzuwarten, welche Regelung neben der wesentlichsten Änderung, der Einführung der Namensaktie als Regelaktienform, das Entwurfsstadium des Gesetzes überleben wird.