Wenn Selbstanzeigen ihren Zweck erfüllen sollen, benötigen sie eine perfekte Vorbereitung und ein präzises Timing

Glaubt man den Medienberichten, erleben Deutschlands Finanzämter derzeit eine noch nie da gewesene Zahl von Selbstanzeigen. Hervorgerufen über die vom Bundesfinanzministerium medienwirksam verbreitete Nachricht über den CD-Ankauf und die harte Gangart gegenüber „Steuersündern“ möchten immer mehr Steuerpflichtige noch schnell die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige nutzen.

Der Vorteil der Selbstanzeige liegt darin, dass zwar alle Tatumstände offengelegt und sämtliche Steuern nachgezahlt werden müssen, dass aber keine Strafe erhoben wird. Der Steuerpflichtige erspart sich dabei nicht nur eine empfindliche Geldbuße, sondern bei höheren Beträgen gegebenenfalls auch Schlimmeres.

Es ist jedoch bei der Überlegung, ob eine Selbstanzeige erstattet werden soll, zunächst einmal zu prüfen,

  • wie der gesamte Tatbestand in den letzten 10 Jahren (zur Berechnung dieser Frist bedarf es unbedingt steuerlicher Hilfe, da ansonsten der gesamte Erfolg einer Selbstanzeige gefährdet sein kann) wirklich war
  • welche Einkunfts- und Steuerarten betroffen sind (gegebenenfalls nicht nur Einkommensteuer, sondern vielleicht auch Körperschaftsteuer oder Gewerbesteuer oder zu Unrecht einbehaltene Vorsteuern).

    Nur wenn diese Punkte sauber und vollständig erläutert werden können, tritt der gewünschte Erfolg ein.

Zu bedenken ist, dass für jedes Jahr der nacherklärten Steuern noch eine jährliche Verzinsung von 6 % berechnet wird. Hier kann also für den Zeitraum von 10 Jahren noch eine relativ große Summe an Zinsen entstehen.

Aufgrund der Selbstanzeige ist vom Finanzamt eine angemessene Nachzahlungsfrist festzulegen. Dabei handelt es sich nicht um eine steuerliche, sondern um eine strafrechtliche Frist, innerhalb der die Hauptschuld bezahlt werden muss, um in den Genuss der Straffreiheit zu gelangen. Die Nebenforderungen werden von der Nachzahlungsfrist nicht erfasst. Hier muss der Steuerpflichtige also seine Bestände gut disponieren, wenn das ursprüngliche Kapital nicht mehr in voller Höhe vorhanden ist.

Die andere Frage, mit der wir in der Beratungspraxis täglich konfrontiert werden, ist, ob es nicht schon „zu spät“ sei? Hier kann man bei den meisten Fällen davon ausgehen, dass allein die Tatsache, dass eine CD irgendwo herumschwirrt, noch nicht bedeutet, dass Verfahren eingeleitet sind. In aller Regel ist es also noch nicht zu spät. Erst wenn die Ermittlungsbehörden ein Verfahren eingeleitet, die Erkenntnisse aus der CD mit der persönlichen Steuererklärung des Steuerpflichtigen verglichen und eine Akte angelegt haben, ist es formell zu spät.

Die Überlegungen sollten jedoch durchaus forciert werden, denn mittlerweile überlegen etliche politische Parteien, das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige zu überdenken und gegebenenfalls abzuschaffen.

Man kann aber auch ketzerisch fragen: Ist es für eine Selbstanzeige zu früh? Diese Frage kann sich jeder Steuerpflichtige nur selbst beantworten. Hilfreich ist es, wenn man sich ganz ehrlich die Tatbestände der letzten zehn Jahre vor Augen führt und dann abschätzt, inwieweit eine Möglichkeit besteht, dass doch der eigene Name oder das eigene Konto bekannt wurde oder nicht.

Und was ist, wenn schon ein Verfahren eröffnet wurde und es für die Selbstanzeige zu spät ist? Auch dann kann durch eine erfahrene steuerliche Begleitung selbst in der derzeit aufgeheizten öffentlichen Stimmung häufig noch das Schlimmste vermieden werden. Hier sollte der Steuerpflichtige jedoch auf gar keinen Fall selbst agieren und sich dem Drang hingeben, den Ermittlungsbehörden sofort alles erzählen zu wollen. Wer in dieser Situation einen erfahrenen Strafverteidiger mit Steuerkenntnissen an seiner Seite hat, fährt eindeutig besser.