Die sogenannte Rentenlücke ist unumstritten. Trotzdem verteuert der Bundesfinanzminister das Sparen fürs Alter per Aktienanlage.

Gerade hat das Bundeskabinett die Grundrente beschlossen, mit der kleine Renten ein wenig aufgebessert werden sollen, um so gegen Altersarmut vorzugehen. Das Paket soll unter anderem durch die sogenannte Finanzmarkttransaktionssteuer finanziert werden. Das ist schon paradox. Denn zum einen gibt es die geplante Börsensteuer noch gar nicht - vielmehr werden die entsprechenden Verhandlungen schon seit fast zehn Jahren geführt. Die geplante Gegenfinanzierung der Grundrente ab 2021 ist damit zumindest fraglich.

Zum anderen erschwert die von Olaf Scholz vorangetriebene Steuer gerade das, was die Grundrente ein Stück weit beheben soll - nämlich, dass Menschen im Alter unterfinanziert sind. Die Idee zur Börsensteuer wurde nach dem Ende der Finanzkrise geboren. Ursprünglich verfolgte sie zwei Ziele. Erstens sollten sich die Banken an der Beseitigung der Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise finanziell beteiligen. Zweitens wollte die Politik schädliche, weil gefährliche Spekulationen an den Finanzmärkten eindämmen.

Von beiden – durchaus nachvollziehbaren – Zielen ist nichts mehr übrig geblieben. So hat die Grundrente rein gar nichts mit den Folgen der Finanzkrise zu tun. Viel schwerwiegender ist allerdings, dass die geplante Börsensteuer unerwünschte Finanzspekulationen kein Stück zurückdrängen wird. Denn künftig sollen Investoren nur beim Kauf von Aktien zusätzlich mindestens 0,2 Prozent des Kaufpreises an den Fiskus abführen. Derivate mit einem weitaus spekulativeren Charakter sind, entgegen den ursprünglichen Plänen, von der Steuer ausgenommen.

Belastung für Privatanleger

Zudem soll die geplante Sonderabgabe nur bei Unternehmen mit einem Börsenwert von mehr als einer Milliarde Euro greifen, die gemeinhin als weniger risikoreich als kleinere Gesellschaften gelten. Diese Aktiensteuer trifft damit vor allem private Kleinanleger, die tendenziell eher auf große Unternehmen setzen. Außerdem ist es Banken, Fonds und Hochfrequenzhändlern sehr viel eher möglich, auf Börsenplätze in Ländern auszuweichen, die bei dem Vorhaben nicht mitmachen. Und von denen gibt es einige.

Denn von einer europaweiten Einführung kann keine Rede sein. Bei der von Scholz vorangetriebenen Börsensteuer machen – Stand heute – maximal zehn Länder mit. Vor allem Österreich hat Widerstand angekündigt, da von den ursprünglich angepeilten Zielen so gut wie nichts übrig geblieben ist.

Eingeschränkte Verlustverrechnung

Gleichzeitig hat Scholz – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – die steuerliche Verrechnung von Verlusten aus Börsengeschäften eingeschränkt. Das trifft zwar in erster Linie Derivate, aber auch in einem eingeschränkten Umfang Aktien.

Hier gilt bei einem Totalverlust eine Obergrenze von 10.000 Euro, die mit entsprechenden Kursgewinnen verrechnet werden können. Gibt es nicht einen ausreichenden oder gar keinen realisierten Gewinn, kann der verbleibende Verlust ins nächste Jahr vorgetragen werden. Totalverluste sind bei Aktiengeschäften allerdings die Ausnahme.

Abgeltungssteuer vor dem Aus?

Deutlich gravierender wäre die Abschaffung der Abgeltungssteuer, womit der Bundesfinanzminister liebäugelt. Die pauschale Besteuerung von realisierten Aktiengewinnen mit 25 Prozent war 2009 von dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück eingeführt worden, um per günstigerer Besteuerung Schwarzgeld aus dem Ausland wieder nach Deutschland zurückzuholen. Nachdem die ausländischen Steueroasen weitgehend ausgetrocknet sind, will Scholz offenbar bei den Aktionären wieder verstärkt zulangen. Statt der 25-prozentigen Abgeltungssteuer würde dann wieder der persönliche Einkommenssteuersatz gelten. Viele Anleger würden sich damit schlechter stellen.

Scheinentlastung

Einen kleinen Lichtblick gibt es jedoch offenbar doch. Scholz will im Gegenzug zur Einführung einer möglichen Finanztransaktionssteuer den Sparer-Pauschbetrag von 801 auf 851 Euro anheben, bei veranlagten Paaren soll der Betrag von 1602 auf 1702 Euro steigen. Gleichzeitig soll es einen neuen Altersvorsorge-Pauschbetrag in Höhe von 30 Euro (Singles) beziehungsweise 60 Euro (Paare) geben.

Insgesamt soll sich diese steuerliche Entlastung angeblich auf rund 220 Millionen Euro pro Jahr summieren. Dem steht eine mögliche Erhöhung durch die geplante Finanztransaktionssteuer in Höhe von 1,5 Milliarden Euro gegenüber - also fast das Siebenfache. Da kann man wohl kaum von einer Entlastung sprechen. Vielmehr werden Anleger zusätzlich zur Kasse gebeten, wenn sie zum Beispiel per Aktiensparplan fürs Alter vorsorgen möchten.