Ein sogenannter Poolvertrag kann zersplitterte Vermögensanteile in Familiengesellschaften von der Erbschaftssteuer auch dann verschonen, wenn dies die Mindestquote von 25 % nicht erreicht

Beim Übergang betrieblichen Vermögens ist eine Verschonung von der Erbschaftssteuer bei Kapitalgesellschaften unter anderem davon abhängig, dass der Erblasser oder Schenkende eine Mindestbeteiligung von 25 % hält. 

Der Gesetzgeber will aber auch Vermögen verschonen, das wie bei Familienunternehmen in Folge von verschiedenen Erbgängen oder einer vorweggenommenen Erbfolge ggf. zersplittert worden ist, und deshalb im Einzelfall diese Mindestquote nicht mehr erreicht. Die bdp-Partner Christian Schütze und Dr. Aicke Hasenheit erläutern, Möglichkeiten bestehen, betriebliche Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften von der Erbschaftssteuer zu verschonen.

Maßgebend für die steuerliche Bewertung und die anvisierten Zielrichtung, dass im Erb- bzw. Schenkungsfalle eine Steuerbegünstigung eingreift, ist die Regelung des § 13b Erbschaftsteuergesetz (ErbStG). Nach Abs. 1 von § 13b ErbStG gehören zum begünstigten Vermögen (vorbehaltlich Abs. 2): 

„Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 Prozent unmittelbar beteiligt war (Mindestbeteiligung)“. 

In der maßgebenden Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 4/08, 56 = BT-Drs. 16/7918, S. 35) hat der Gesetzgeber zum Problem der zersplitterten Anteile ausgeführt: 

„In sog. Familien-Kapitalgesellschaften, deren Anteile über mehrere Generationen  hinweg weitergegeben wurden, erreichen die Anteile der einzelnen Familiengesellschafter häufig nicht mehr die Mindestbeteiligungsquote. Die Unternehmensgründer oder die Nachfolger haben aber häufig dafür gesorgt, dass die Anteile nicht beliebig veräußert werden können und der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bleibt. Deren Unternehmensgrundsätze und unternehmerische Praxis bilden ein deutliches Gegengewicht zu Publikumsgesellschaften und erzielen weit mehr Beschäftigungswirkung. Daher erscheint es angebracht, solche Anteile in die Verschonungsregelung einzubeziehen.“ 

Die Mindestbeteiligungsquote von mehr als 25 % am Nennkapital ist durch den Gesetzgeber also vor allem in Familiengesellschaften als zu hohe Hürde für eine Begünstigung angesehen worden. Denn bereits nach nur wenigen Erbgängen hält mit Aufsplitterung der Beteiligung oft keiner der Gesellschafter noch mehr als 25 %. Durch das ErbStRG ist daher 2009 ein Satz 2 in § 13 b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ergänzend aufgenommen worden. Damit wurde geregelt: 

„Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.“

Verfügungsbeschränkung und einheitliche Stimmrechtsausübung als Voraussetzungen

Um also die Mindestbeteiligung des Erblassers oder des Schenkers von 25 % zu erreichen, können zusätzlich zu dessen eigenen Anteilen die Anteile weiterer Gesellschafter hinzugerechnet werden, sofern eine Verfügungsbeschränkung und eine einheitliche Stimmrechtsausübung vereinbart worden ist:

Eine Verfügungsbeschränkungbedeutet, dass über die Anteile nur einheitlich verfügt werden kann oder sie ausschließlich auf solche Anteilseigner übertragen werden, die derselben Verpflichtung unterliegen.

Eine einheitliche Stimmrechtsausübungmuss gegenüber nicht gebundenen Gesellschaftern entsprechend erfolgen. Die Abstimmung der gebundenen Gesellschafter kann nur einheitlich, d. h. im Zweifelsfall mit einer Stimme erfolgen.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, können die Geschäftsanteile begünstigt vererbt respektive verschenkt werden. 

Eine Poolung kann durch einen Poolvertrag wirksam gestaltet werden

Für die Verpflichtungen des Erblassers (bzw. Schenkers) mit mindestens einem sonstigen Gesellschafter hat sich in der Anwendungspraxis der Begriff „Poolung“ durchgesetzt. 

Selbst wenn die Erbschaft (bzw. Schenkung) weniger als 25 % der Geschäftsanteile der Kapitalgesellschaft umfasst und damit die Mindestbeteiligungsquote so erst einmal nicht erreicht wird, kann dieser Wert durch den Abschluss eines Poolvertrags vor dem Erbfall (bzw. Schenkung) gestaltend erreicht werden und eine steueroptierte Übertragung der Geschäftsanteile erfolgen. 

Erbschaftssteuerrichtlinie bestimmt Voraussetzungen näher

Zusätzlich ist zu § 13b ErbStG eine Erbschaftssteuerrichtlinie ergangen. Bei dieser Richtlinie handelt es sich um eine von der Bundesregierung an die Finanzbehörden gerichtete bindende Dienstanweisung zur Rechtsauslegung. Sie soll eine einheitlicher Anwendung des Steuerrechts, eine Vermeidung unbilliger Härten und eine Minimierung des Verwaltungsaufwands gewährleisten. Der Steuerpflichtige kann die Anwendung der Richtlinien zu seinen Gunsten verlangen. 

Die Richtlinie zu § 13b ErbStG gestaltet diese Voraussetzungen wie folgt näher aus: 

Verfügungsbeschränkung

Zur sogenannten Verfügungsbeschränkung gibt die Richtlinie u. a. vor, dass alle gebundenen Gesellschafter nur nach einheitlichen Grundsätzen über die Anteile verfügen dürfen. Die Finanzverwaltung versteht die Regelung so, dass die Anteile „nur an einen bestimmten Personenkreis, z. B. Familienmitglieder, oder eine Familienstiftung oder einen Familienstamm, übertragen werden dürfen oder dass eine Übertragung der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder bedarf“. 

Zulässig ist damit die Übertragung an eine im Vertrag festgelegte Erwerbergruppe, z. B. zugunsten von Abkömmlingen oder Mitgesellschaftern (entspricht qualifizierten Nachfolgeklauseln in Gesellschaftsverträgen). Durch die zweite zulässige Alternative der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder zu einer Übertragung kann eine nachrangig vorgesehene Erwerbsmöglichkeit eines Fremden erfolgen, wenn sie mit Zustimmung der Poolmitglieder stattfindet, die zuvor selbst nicht die Anteile des Ausscheidenden erwerben wollten. Weitere einengende Voraussetzungen, z. B. eine Zeitgleichheit oder eine Übertragung stets an die gleiche Person, sind nicht erforderlich. 

Einheitliche Stimmrechtsausübung

Zusätzlich muss als weitere Voraussetzung  die einheitliche Ausübung des Stimmrechts hinzukommen. Entsprechend den vielfältigen gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten ist es ausreichend, wenn z. B. mehrere Gesellschafter ein einheitliches Abstimmungsverhalten vereinbart haben. Danach muss lediglich die Einflussnahme einzelner Anteilseigner zum Zweck einer einheitlichen Willensbildung zurücktreten. Dies kann in unterschiedlicher Weise geregelt sein. Eine tatsächliche Stimmrechtsausübung ist nicht erforderlich. Nur generell stimmrechtslose Anteile können nicht in eine Poolregelung einbezogen werden. 

Was ist ein Poolvertrag? 

Es handelt sich um eine schuldrechtliche Vereinbarung, die Wirkung nur zwischen den vertragsschließenden Gesellschaftern erlangt. Dies soll auch dann gelten, wenn sämtliche Gesellschafter der Kapitalgesellschaft Vertragspartner der Poolvereinbarung sind. Die Poolvereinbarung wird auch in diesem Fall nicht etwa Satzungsbestandteil des Gesellschaftsvertrags. 

Ein Poolvertrag kann je nach Ausgestaltung auch zum Vorliegen einer Innen-GbR zwischen den Poolbeteiligten führen. In dem Poolvertrag werden die Stimmen gebündelt und einheitlich in der Gesellschafterversammlung der Kapitalgesellschaft ausgeübt. 

Die nähere Ausgestaltung des Poolvertrags ist im Einzelnen sehr komplex. Es müssen zum einen die genannten steuerlichen Vorgaben erreicht werden, zum anderen muss beachtet werden, dass der Poolvertrag nicht zu weitreichend die Rechte einzelner Poolmitglieder einschränkt und dann die Behauptung aufgestellt werden kann, der Poolvertrag sei zivilrechtlich nicht wirksam geschlossen. Gegen dieses Argument muss bei der Abfassung des Poolvertrags Vorsorge getroffen werden. 

Sonstige Voraussetzungen sind die Behaltensregelungen und -fristen

Ein richtig abgefasster Poolvertrag kann also eine Mindestbeteiligungsquote von mehr als 25 % am Nennkapital ermöglichen. Damit ist allerdings nur eine notwendige Voraussetzung für eine Steuerbegünstigung geschaffen worden.

Zusätzlich müssen bei einer Erbschaft (bzw. der Schenkung) die sogenannten Behaltensregelungen (§ 13a Abs. 5, Abs. 8 Nr. 2 ErbStG) strikt eingehalten werden. 

Innerhalb von sieben Jahren darf demnach der Begünstigte des Erbfalls (bzw. Schenkung) grundsätzlich über den Geschäftsanteil nicht verfügen. Eine Veräußerung oder Verfügung innerhalb der Behaltensfrist stellt grundsätzlich einen Verstoß gegen diese Behaltensregelungen dar. Als Veräußerung gelten auch die Aufgabe eines Gewerbebetriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils sowie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Unternehmens! 

Ein Verstoß gegen die Behaltensregelungen liegt ferner vor, wenn eine, mehrere oder alle im Besteuerungszeitpunkt wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert, in  das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden. Der Begriff „wesentliche Betriebsgrundlage“ ist nach den Grundsätzen des Ertragsteuerrechts (funktionale Betriebsnotwendigkeit) zu beurteilen. 

Es gilt ferner auch eine Ausschüttungsbeschränkung 

Wenn der Erwerber als Inhaber des begünstigt erworbenen Betriebsvermögens im Laufe der Behaltensfrist Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150.000 Euro übersteigen (sogenannte Überentnahmen), stellt auch dies einen Verstoß gegen die Behaltensregelungen dar. Nach § 13a Abs. 5 Satz 1 Nummer 3 Satz 3 ErbStG ist bei Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft § 13a Abs. 5 Satz 1 Nummer 3 Satz 1 ErbStG sinngemäß anzuwenden (Ausschüttungsbeschränkung). 

Somit können ohne Verstoß gegen die Entnahmebeschränkung in der Behaltenszeit nur die erzielten Gewinne nach Übergang plus 150.000 Euro ausgeschüttet werden. Ob die Ausschüttung mittelbar oder unmittelbar erfolgt, ist dabei unerheblich.

Auch die Lohnsummenregelung muss beachtet werden

Zusätzlich ist auch die sogenannte Lohnsummenregelung zu beachten. Diese ist im Detail sehr komplex. Grundsätzlich entfällt danach die Verschonungsregelung anteilig, wenn die Summe der Lohnsummen innerhalb der sieben Jahre nach dem Erwerb die Mindestlohnsumme von 700 Prozent der Ausgangslohnsumme unterschreitet (§ 13a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 8 ErbStG). Bei der Durchführung der Poolung sollte deshalb die Einhaltung der Lohnsummenregelung strikt beachtet werden. 

Fazit

Die zum Teil sehr komplexen Regelungen helfen, dass im Rahmen einer Erbschaft nicht das Unternehmen auf Grund der entstehenden Erbschaftssteuer und der Belastung zerstört werden muss. Es lohnt sich sehr, im Vorfeld eines Erbfalles bzw. einer Schenkung entsprechend Vorsorge zu treffen, um derartige Belastungen nicht zum Tragen kommen zu lassen. Dabei unterstützen wir Sie natürlich gern.