Ob die geplante Abgabe ihre gewünschte Lenkungsfunktionen und Wirkung erzielt, muss bezweifelt werden
Es sieht fast danach aus, dass eine Finanztransaktionssteuer kommt, zumindest in einer Light-Version. Nachdem in den Verhandlungen zum Fiskalpakt die Opposition der Bundesregierung abgetrotzt hat, sich auf europäischer Ebene „unverzüglich“ dafür einzusetzen, versucht Finanzminister Schäuble dort nun eine Koalition der Willigen von mindestens neun Ländern zusammenzubringen.
Die Befürworter wollen mit der Finanztransaktionssteuer die Banken an den Folgen beziehungsweise Kosten der Finanzkrise beteiligen – ein durchaus nachvollziehbares Anliegen. Man darf sich allerdings fragen, warum dies auf dem Umweg über den Bankkunden geschehen soll. Wäre es nicht sinnvoller, die Kreditinstitute direkt zur Kasse zu bitten? Hierfür käme beispielsweise eine Bankenabgabe infrage.
Entschleunigung des Hochfrequenzhandels
Als zweites Argument pro Finanztransaktionssteuer wird angeführt, damit riskante Geschäfte der Finanzinstitute eindämmen zu wollen. Dies gilt insbesondere für den Hochfrequenzhandel. Da hier bei recht geringen Margen vor allem durch die extrem hohe Umschlaghäufigkeit Gewinn erzielt wird, könnte eine Finanztransaktionssteuer in diesem Bereich tatsächlich für eine „Entschleunigung“ - wie es Finanzminister Schäuble einmal nannte - sorgen. Man darf sich allerdings fragen, ob dies die einzigen spekulativen Geschäfte von Kreditinstituten sind. Andere Kontrollen wären da sicherlich wirkungsvoller.
Wie zu erwarten wettert die Finanzindustrie massiv gegen die Steuer, da sie vor allem den Privatanleger träfe. Tatsächlich sind Sätze von 0,1 Prozent bei Aktien und Anleihen sowie 0,01 Prozent beim Handel mit Derivaten im Gespräch. Dies gilt sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf, wodurch jede Transaktion mindestens zweimal besteuert würde.
Bei Zertifikaten und bestimmten Fonds, die Absicherungsstrategien durch den Einsatz von Derivaten verfolgen, könnte noch mehr zusammenkommen. Für den Privatanleger sind die möglichen Auswirkungen dennoch wohl deutlich geringfügiger als beispielsweise bei der letzten Erhöhung der Mehrwertsteuer. Dennoch ist zu fragen, warum gerade der Privatanleger mit einer zusätzlichen Steuer belegt werden soll.
Auswirkungen auf Unternehmen
Auch Firmen aus dem nicht-finanziellen Bereich wären betroffen. So entstünden beispielsweise für Unternehmen, die ihre Exporte außerhalb der Eurozone gegen Wechselkursschwankungen absichern, zusätzliche Kosten. Gleiches würde für den Einkauf von Rohstoffen, die ja ganz überwiegend in US-Dollar gehandelt werden, gelten.
Je nach Ausgestaltung könnte eine Börsenumsatzsteuer zudem wichtige Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen oder Verkäufe mittelständischer Unternehmen belasten und behindern.
Wirkung zweifelhaft
Die Wirkung bei den Banken ist dagegen anzuzweifeln. Selbst kleinere Institute wie Privatbanken verfügen über Niederlassungen und Tochtergesellschaften im Ausland. Für die großen Geschäftsbanken gilt dies sowieso. Großbritannien hat aber bereits ganz klar gemacht, dass es keine Finanztransaktionssteuer einführen wird. Bei der Bedeutung des Finanzplatzes London darf dies nicht wundern.
Die Schweiz wird als Nicht-EU-Mitglied bei dem Projekt sicherlich auch nicht mitmachen. Vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, wie der Fiskus hier die Erfassung der notwendigen Daten vornehmen will. Die von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso veranschlagten Einnahmen in Höhe von 55 Milliarden Euro pro Jahr dürfen auf jeden Fall angezweifelt werden.