bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann plädiert für ein gerechteres und einfacheres Steuersystem

„Steuern sind ein erlaubter Fall von Raub“, befand der Theologe Thomas von Aquin vor beinahe 800 Jahren. Und auch zu heutiger Zeit wird zumindest über Sinn und Unsinn des Steuersystems gestritten. Die grundsätzliche Notwendigkeit von Steuerzahlungen wird dabei nicht infrage gestellt. Doch es gibt einiges zu verbessern, meint bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann.

Spätestens mit der Diskussion um den Soli hat sich das Steuersystem zu einem der wichtigen Wahlkampfthemen entwickelt. Die FDP will mit dem Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019 die Förderung Ostdeutschlands auslaufen lassen. Bundeskanzlerin Merkel spricht sich dagegen für ein Festhalten an der Abgabe zur Finanzierung der deutschen Einheit aus. SPD und Grüne wollen zudem unter anderem den Spitzensteuersatz auf Einkommen und die Abgeltungssteuer erhöhen beziehungsweise durch den im Regelfall höheren Einkommensteuertarif ersetzen. Der Steuerexperte Dr. Michael Bormann plädiert dagegen für ein gerechteres und vor allem einfacheres Steuersystem.

Sparen statt Steuern erhöhen

Alleine der Bund nimmt im laufenden Jahr voraussichtlich 600 Mrd. Euro ein. 2014 werden es wohl 615 Mrd. Euro sein.

Eigentlich sollte das reichen. Während die Bundesrepublik vor allem die südeuropäischen Länder drängt verstärkt zu sparen, ist davon in Deutschland nichts zu spüren. Selbst nach den Berechnungen des Bundesfinanzministeriums verteilt der Bund pro Jahr 22,6 Mrd. Euro an Finanzhilfen und Subventionen. Wirtschaftswissenschaftler kommen auf erheblich höhere Beträge. Hier besteht substanzielles Einsparpotenzial.

Kalte Progression abschaffen

Bekommt zum Beispiel ein Angestellter eine Lohnerhöhung, die der Inflationsrate entspricht, bleibt ihm unter dem Strich weniger übrig als zuvor. Denn durch die Lohnerhöhung rutscht er im Einkommensteuertarif nach oben. Die Steuer steigt prozentual stärker als die Lohnerhöhung beziehungsweise die Teuerungsrate. Der Inflationsausgleich wird wegbesteuert.

Direkte statt indirekte Steuern

Das deutsche Steuersystem baut vor allem auf indirekten Steuern wie Einkommen-, Kapitalertrag- oder Körperschaftsteuer auf. Die wichtigste direkte Steuer, die Mehrwertsteuer, fällt im internationalen Vergleich mit 19 beziehungsweise 7 Prozent vergleichsweise niedrig aus. Es gibt Hinweise darauf, dass Steuersysteme, die direkte Steuern präferieren, die entsprechenden Volkswirtschaften effektiver unterstützen.

Steuervielfalt reduzieren

In kaum einem anderen Land der Welt gibt es wohl so viele unterschiedliche Steuern wie in Deutschland. Alleine der Bund erhebt rund 30 verschiedene Steuern. Deren Aufkommen ist zum Teil derart niedrig, dass sich die Erhebung kaum rechnen dürfte. Dies gilt zum Beispiel für die Kaffeesteuer oder die Rennwett- und Lotteriesteuer. Auch eine von SPD und Grünen geforderte Vermögensteuer ist zu hinterfragen. Hier dürfte der erhebliche Aufwand zur Erhebung, den Einnahmeeffekt für den Staat deutlich beeinträchtigen.

Mehrwertsteuersätze vereinheitlichen

Wenn ein Gast bei McDonald‘s einen Hamburger verspeist, muss das Unternehmen von dem Verkaufspreis 19 Prozent Mehrwertsteuer abführen. Nimmt der Restaurantbesucher den Hamburger dagegen mit, werden nur sieben Prozent fällig. Ein anderes Beispiel: Gemüsesaft wird mit 19 Prozent besteuert, Gemüse selbst dagegen nur mit 7 Prozent. Noch offensichtlicher wird die mangelhafte Systematik beim Wasser. Kommt es aus der Leitung zu Hause, verlangt der Fiskus 7 Prozent Mehrwertsteuer. Das Wasser aus dem Supermarkt wird dagegen mit einem Satz von 19 Prozent belegt. Es gibt spezielle Steuern für Bier, Schaumweine und Alcopops - für Wein dagegen nicht. Hier ist eine Vereinheitlichung dringend angeraten.

Wenn trotz rekordhoher Einnahmen schon keine Steuersenkungen möglich erscheinen, wären zumindest Vereinfachungen dringend notwendig. Das Potenzial ist hier kaum überschaubar.