Über die Besonderheiten einer mittelständischen Wirtschaftsprüfungskanzlei wie bdp sprachen wir mit Martina Hagemeier und Jörg Wiegand.

bdp hat vom Handelsblatt die Auszeichnung „Beste Wirtschaftsprüfer 2021“ erhalten. Neben einer hervorragenden Gesamtbewertung, hat bdp insbesondere in den Sachgebieten „Besondere Prüfungen“ und „Sanierung“ die höchstmögliche Punktzahl erreicht. Mittels einer Onlineumfrage mit 5000 Teilnehmern wurden die besten regionalen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ermittelt. 601 Steuerberater und 110 Wirtschaftsprüfer beantworteten Fachfragen besonders gut und schafften es so auf die Bestenliste. 

Über die Besonderheiten einer mittelständischen Wirtschaftsprüfungskanzlei sprachen wir mit Martina Hagemeier und Jörg Wiegand, die zusammen die Geschäfte der bdp Revision und Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft führen. 

Was zeichnet bdp aus im Vergleich zu Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ähnlicher Größe?

Jörg Wiegand: Grundsätzlich sind wir aufgestellt wie die meisten anderen am Markt. Uns zeichnet aber aus, dass viele in unserem Team auch schon selbst unternehmerisch oder als CFO, CRO oder CEO tätig waren. Deswegen können wir beispielsweise das Wirtschaftsprüfersprech in CFO-Sprech übersetzen und auf Augenhöhe kommunizieren. Das ist ein echter Mehrwert. Und uns zeichnet aus, dass wir das Ganze auch cross-border können. Wenn Sie nach einer Eigenschaft suchen, bei der wir uns von anderen und vielleicht sogar etwa größeren Kanzleien unterscheiden, dann ist es die, dass wir Prüfungen über Landesgrenzen hinweg durchführen und koordinieren können. Von meinen Mandanten sind 90 Prozent international. Wir können eine Prüfung, die 10.000 Kilometer entfernt stattfindet, von Deutschland aus steuern.

Und wie macht man das?

JW: Dafür gibt es kein Patentrezept. Dafür ist einfach viel Erfahrung notwendig. Ich persönlich war schon immer viele im Ausland unterwegs um dort Projekte zu steuern. Wie macht man das? Indem Sie zu den Menschen einen Draht aufbauen, sodass diese Ihnen vertrauen. Wir können internationale Wirtschaftsprüfung für den international tätigen Mittelstand, egal ob in China, Malaysia, Südafrika, Singapur oder sonst wo. Für Mandanten mit internationalem Bezug ist das von Vorteil. In China haben wir mit unseren eigenen Büros in Tianjin, Qingdao und Shanghai natürlich einen echten Heimvorteil.

Martina Hagemeier: Ergänzend muss man anmerken, dass wir internationale Prüfungen leiten und steuern können, dass wir uns aber immer Wirtschaftsprüfer oder Fachkompetenz vor Ort hinzuholen. Wir behaupten nicht, wir können die ganze Welt. Meistens haben die Unternehmen vor Ort ja aber bereits ihre lokalen Prüfer. Da muss man nichts grundsätzlich neu erfinden.

JW: Aber die muss man sich natürlich genau anschauen. Wenn da einer dabei ist, der sich erstmal die aktuellen IFRS-Standards schicken lassen will, dann ist die Zusammenarbeit sofort beendet. Als Konzernprüfer haben wir ja die Verantwortung für alles.

Nach der Finanzkrise 2008/2009 stieß der damalige Binnenmarktkommissar Michel Barnier mit seinem Green Book eine Regulierung der Abschlussprüfungen an. Können kleinere und mittelständische Beratungsgesellschaften wie bdp von dieser Entwicklung profitieren? Oder befördert die Regulierung eine weitere Konzentration bei den Big Four?

JW: Wir sind und wollen anders sein als die Big Four! Die kleineren börsennotierten Unternehmen können wir alle betreuen. Aber wir können keinen M-Dax oder S-Dax. Wir können aber in diesem regulierten Umfeld mitschwimmen. Damit unterliegen wir denselben Aufsichtsmechanismen, wie sie derzeit in der Presse am Beispiel von EY diskutiert werden. Es gibt in Deutschland ungefähr 600 börsengelistete Unternehmen. Und es gibt etwa 80 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die dieses Geschäft betreiben. Und zu denen gehören wir. Aber der Markt ist begrenzt.

Also wachsen die Großen nach unten. Wir können uns in unserem Segment aber gut behaupten, indem wir unsere unternehmerische Erfahrung und Wirtschaftskompetenz einbringen. Wir haben keine Furcht vor den Big Four oder den Next Ten: Wenn wir ein Mandat kriegen können, nehmen wir das. 

Ist der Regulierungsprozess also eine Erfolgsgeschichte?

JW: Unter dem Strich ist genau das Gegenteil eingetreten von dem, was Barnier seinerzeit wollte: Es kommen nicht mehr Kanzleien zum Zuge, sondern weniger. Und der Aktionismus, der jetzt im Zusammenhang mit Wirecard an den Tag gelegt wird, macht es für die kleineren Gesellschaften noch schwieriger, da mitzuhalten.

MH: Ein zweites Standbein neben den börsennotierten Unternehmen bilden bei bdp ja die typischen Familienunternehmen, die prüfungspflichtig geworden sind, weil sie die entsprechenden Größengrenzen überschritten haben. Und mit diesen Unternehmen können wir auf Augenhöhe reden und wegen des interdisziplinären Aufbaus unserer Kanzlei alle anstehenden Themen abarbeiten.

Hier sind wir definitiv besser als die Big Four, die ja im Mittelstand nicht so richtig erfahren sind. Die sind auch organisatorisch nicht für den Mittelstand aufgestellt, weil sie ihre Teams aus unterschiedlichsten Spezialabteilungen zusammenstellen müssen. Die Leute kennen sich aber gar nicht und haben deshalb auch gar keine gemeinsame Arbeitserfahrung, die notwendig wäre, um im Mittelstand auf Augenhöhe agieren zu können. Und zu unserer Interdisziplinarität mit den einzelnen Berufssparten kommt eben unsere unternehmerische Kompetenz und lange Erfahrung als Interimsmanager in verschiedenen Branchen.

Prüfung und Beratung sollen und müssen Wirtschaftsprüfer strikt trennen. Laufen Sie aber durch die Interdisziplinarität von bdp nicht systematisch in die Gefahr, dass diese Grenze überschritten wird?

JW: Da muss man unterscheiden: Bei den börsennotierten Unternehmen ist der Fall klar: Da haben Sie einen Katalog, da dürfen Sie nur prüfen, und was daneben liegt, das dürfen Sie nicht. Bei den nicht regulierten, aber gleichwohl prüfungspflichtigen Unternehmen ist es allerdings so, dass Sie dort nicht wirklich prüfen können, ohne auch zu beraten. 

Im Kern ist das eine Frage der Unabhängigkeit. Und da müssen wir unsere Mandanten auch schützen, indem wir klar sagen, was geht und was nicht geht. Und dort, wo ich als Berater gestaltend tätig war, kann ich nicht anschließend prüfen. Da würde ich mich selbst prüfen, und das geht nicht. Die Unabhängigkeit ist einzuhalten. Punktum. Das ist so alt, wie der Beruf des Wirtschaftsprüfers.

MH: Im Zweifelsfall haben wir dann ja auch Berufskollegen, die wir empfehlen können. Wenn wir sehen, dass etwas zu weit ginge, empfehlen wir für die Prüfung oder die Beratung eben jemanden anders.

Ihre Expertise ist ja auch außerhalb der reinen Prüfungen gefragt. Wie gut sind Sie da aufgestellt?

JW: Gut! Ob das jetzt eine Due Diligence ist oder eine Unternehmensbewertung oder eine Restrukturierung: Das sind Themen, die wir bearbeiten. Wir werden zum Beispiel auch oft für die Prüfung von Sacheinlagen angefragt. Da machen wir dann Unternehmensbewertung. Und das können wir, wie sagt man so schön – state of the art. Also unsere Unternehmensbewertungen beruhen nicht nur auf den einfachen Einmaleins-Modellen, sondern auf methodisch anspruchsvollen statistischen Verfahren wie Monte-Carlo-Simulationen etc.

Von den rund 700 Jobeinsteigern, die jährlich das Wirtschaftsprüfer-Examen ablegen, sind nur ein Fünftel Frauen. Bei bdp ist das Verhältnis offenbar anders. Ist das Zufall oder hat das System?

MH: Der höhe Frauenanteil ist ganz zu Anfang eher aus Zufall entstanden. Aber da bei bdp Frauen schon immer in Führungspositionen waren, zieht das wohl weitere Frauen an. Zumindest stehen wir allen Bewerberinnen sehr offen gegenüber. Bei den Azubis und Studenten kann ich sagen, dass diese häufig etwas zielstrebiger sind.

Der Fachkräftemangel ist eine Herausforderung. Wie engagiert sich bdp in der Ausbildung?

MH: Die Ausbildung unterstützen wir in allen Bereichen: Wir beschäftigen überdimensional viele Auszubildende und Studierende im dualen Studium. Außerdem bieten wir regelmäßig Praktika an vom Schülerpraktikum bis zu Masterstudierenden, die neben dem Studium bei uns arbeiten. Daneben sind wir auf der Seite expedition-wirtschaft.de des IDW gelistet, bieten Tagespraktika an und unterstützen den Nachwuchs der Wirtschaftsprüferinnen und -prüfer.

Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger durchlaufen parallel zum Training on the job verschiedene Wochenseminare zur Wirtschaftsprüfung vom IDW, das ganze Team nimmt regelmäßig an Seminaren zum Steuerrecht oder aktuelle Themen im Bereich Wirtschaftsprüfung teil. Wir fördern außerdem jede weitere Qualifikation, z. B. Bilanzbuchhalter, Steuerberater, Fachberater in verschiedenen Bereichen und zum Wirtschaftsprüfer. Und zwar je nach Bedarf sehr individuell durch Übernahme der Kurskosten und zusätzlicher Freistellung vor dem Examen. 

Welche Vorteile als Arbeitgeber bietet eine mittelständische Kanzlei wie bdp gegenüber den Großen der Branche?

JW: Es kommt darauf an, was man will. Wer die großen Konzerne will, soll zu den Big Four gehen. Wer es eher generalistischer mag, ist im Mittelstand gut aufgehoben. Der Beruf ist bei beiden der gleiche. 

MH: Im bdp Team haben alle von Beginn an ein sehr breites Aufgabenspektrum, während bei den Großen eher Spezialisten für einzelne Bereiche und Branchen ausgebildet werden. Und durch unsere ausländischen Büros können wir wie die Big Four unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch Auslandsaufenthalte bieten.