Der chinesische Staat hat begonnen, „die Zügel anzuziehen“. Aber es wird die Frage laut: Sind das die richtigen Methoden, um den Herausforderungen zu begegnen?

Jahrelang ging es in China nur bergauf: Wirtschaftswachstum, Bruttosozialprodukt, Löhne, Immobilienpreise. Dann begann sich die Konjunktur abzukühlen: die magischen Wachstumsraten, die als notwendig angesehen wurden, um das Land vor einer Rezession zu bewahren, wurden auf wundersame Weise bis vor Kurzem gerade noch geschafft. Doch dann kam der „trade war“ hinzu, oder wie es auf einem Kongress von den chinesischen Dolmetschern vorsichtiger ausgedrückt wird: die „trade frictions“, also nur Spannungen. Einen Krieg will hier keiner. 

In Deutschland sprechen wir gerne von „Disruption“ und meinen damit zumeist durch Technik bedingte wirtschaftliche und soziale Umbrüche. Donald Trump – und voraussichtlich Boris Johnson – sind die personifizierte politische Disruption für die ganze Welt und insbesondere für China:

  • Exportbeziehungen brechen ein. Chinesische Hersteller müssen sich neue Absatzmärkte suchen und schielen u. a. auf Europa.
  • Importbeziehungen brechen weg, da China zunehmend von Hochtechnologie abgeschnitten wird. Die Aufholjagd aus eigener Kraft wird forciert.
  • Know-how-Transfer friert ein. Chinesische Studenten werden vor dem Studium in den USA gewarnt. In China geraten chinesische Wissenschaftler unter Generalverdacht, für den Staat zu arbeiten.
  • Der Binnenmarkt leidet. Die Zahl der Neuzulassungen für Pkw in China ist dramatisch gesunken.

Dies alles fällt in eine Zeit, in der der chinesische Staat begonnen hat, „die Zügel anzuziehen“, mehr Kontrolle auszuüben und mehr Einfluss auf Unternehmen und Menschen zu nehmen. Und es wird die Frage laut: Sind das die richtigen Methoden, um den Herausforderungen zu begegnen? 

Zweifel sind zunehmend angebracht und daher wird – bei allem Respekt vor den Zielen der Partei und des Staatspräsidenten Xi Jiping – der Ruf nach einer Erneuerung laut: bürgernahe Verwaltung, Förderung der Kreativität, weniger Bürokratie, mehr Unternehmertum und Selbstständigkeit der Unternehmen. Und für deutsche Unternehmen ist ganz wichtig: Rücknahme der zunehmenden Restriktionen beim  freien Kapitalverkehr. Auch für China gilt: „Nichts ist so beständig wie der Wandel.