Mit Dr. Michael Bormann, bdp-Gründungspartner, und Fang Fang, Partnerin bei bdp China, sprachen wir über die jetzige Ausnahmesituation und die möglichen Perspektiven.

___Wie ist die Lage bei bdp?

Dr. Michael Bormann: Unsere Finanzierungs- und Sanierungsexperten sowie die Rechtsabteilung stehen natürlich 24/7 unter Dampf. Unser explizit kommuniziertes Angebot, dass wir unseren Mandanten in der gegenwärtig bestehenden Ausnahmesituation in besonderem Maße rund um die Uhr zur Verfügung stehen, wurde von diesen dankbar angenommen. Wir wissen aber durch unsere chinesischen Erfahrungen, wo wir den Lockdown ja schon im Februar erleben mussten, dass die Audit-and-Tax-Abteilung nach drei/vier Wochen deutliche Auftragsrückgänge zu verzeichnen haben wird. 

Wir haben daher schnell und sehr sauber erfasst, welche Arbeiten in den nächsten Wochen noch möglich, welche für unsere Mandanten besonders wichtig bzw. nicht so wichtig und auch welche noch abrechenbar sind. Nach dem Datenrücklauf sieht es nun so aus, als ob wir mindestens bis Ostern voll besetzt bleiben können, weil wir von unseren Mandanten entsprechend gefordert werden. Dann könnte aber auch für uns das Thema Kurzarbeit relevant werden. bdp muss natürlich, wie jedes andere Unternehmen auch, die Kosten massiv senken.

___Haben Sie auch für bdp KfW-Mittel beantragt?

MB: Es ist ja überall die Rede von einfachen und unbürokratischen Verfahren, mit denen die Bundesregierung und die Länder helfen. Wir haben in Berlin für bdp Hilfsgelder beantragt und wurden von der Hausbank zunächst an die IBB verwiesen, steckten dort dann in der Warteschlange fest und sind nun wieder bei der Hausbank im Antragsverfahren. Ich bin noch verhalten optimistisch, dass wir bald eine Bewilligung bekommen.

Andere Länder sind da übrigens schneller: Wir haben mit bdp Spain ein nahezu identisches Programm genutzt und nach wenigen Tagen die Zusage bekommen, und dies sogar mit besserem Zinssatz als in Deutschland. Wenn es hart auf hart kommt, muss dann eben bdp Spain bdp Germany unterstützen.

___Wie schlimm ist die Situation auf Mandantenseite?

MB: Sehr schlimm, es ist ja nahezu jedes Gewerbe betroffen. Wir haben einen Großbäcker, da brummt der Laden. Aber ob es produzierendes Gewerbe ist, wo wir sehr viel Mandanten haben, ob es Handel ist oder ganz schlimm Einzelhandel, Hotellerie, Autoeinzelhandel: Überall brechen die Umsätze massiv ein. 

Wir sind derzeit von über 50 Unternehmen mandatiert, solche Anträge zu stellen. Aber wir stellen fest, dass die Banken auch für auf 10 bzw. 20 Prozent reduzierten Eigenobligo genauso hart geprüft haben wie für 100 Prozent. Und ich befürchte, das bleibt auch weiterhin so.

___Jetzt soll ja doch die KfW 100 Prozent übernehmen. Besteht nun nicht die Gefahr, dass die Banken einfach alles durchwinken?

MB: Bei öffentlichen Bürgschaften war es schon immer so, dass im Falle des Scheiterns der öffentliche Bürgschaftsgeber sehr kritisch analysiert hat, ob die Bank ausreichend geprüft hat. Gewisse Mitnahmeeffekte wird man nicht vermeiden können. Man musste eben abwägen, ob wegen eines kleinen Anteils von Betrügern die große Mehrheit der betroffenen Unternehmen sich diesem doch sehr bürokratischen Verfahren aussetzen muss – und darüber dann pleite geht. Die Verfahren wurden bisher zu einem Grad der Detailliertheit gesteigert, da war die Emission einer Anleihe fast einfacher, als an die Hilfsgelder zu kommen.

___Viele erkaufen sich damit ja aber nur eine Galgenfrist. Ist das denn sinnvoll?

MB: Für alle Unternehmer gilt, dass die Corona-Pandemie deren Vermögen fast vollständig auffrisst. Denn die Notkredite gehen gegen das Eigenkapital. Diese Krise ist ja definitiv von keinem Unternehmer verursacht. Und die Umsatzausfälle, die jetzt eingefahren werden, können nicht mehr aufgeholt werden. In der Gastronomie ist ein verlorener Tag ein verlorener Tag. Und die Anfangsfrühlingsmode kann nicht mehr im Mai verkauft werden. Aber was wären die Alternativen, als die Unternehmen im Wege der Kreditvergabe auch auf Kosten des Eigenkapitals zu stabilisieren? Kurzarbeit Null reduziert die Lohnkosten. Aber die Kosten für eingekaufte Ware, für Mieten, Zinsen etc. laufen ja weiter.

___Welche Erfahrungen haben Sie mit der Bundesagentur für Arbeit bei den Anträgen auf Kurzarbeitergeld, die Sie ja nun auch massenhaft stellen mussten?

Nach einer anfänglichen Verunsicherung, wie nun die Regelung für Kurzarbeitergeld Null ist, also ob vorher Resturlaub zu nehmen ist oder zuerst die Arbeitszeitkonten geleert werden müssen, ist das nun ziemlich professionell organisiert. Da haben wir bundesweit wenig Probleme feststellen müssen. Viele, viele unserer Mandanten sind nun seit 01. April in Kurzarbeit Null.

___Wie ist die Situation in China? Da müsste die Entwicklung ja schon weiter sein.

Fang Fang: In China gibt es nicht so viel staatliche Bürgschafts- und Kreditprogramme. Aber da gab es, zumindest bei den staatlichen Vermietern, einen chinaweit einheitlichen Erlass der Mieten: Null Miete für die drei Monate Februar, März und April, 50 Prozent für Mai bis Juli. Es ist uns aber glücklicherweise gelungen, für uns selbst und manche Mandanten, gewisse Nachlässe auch mit privaten Vermietern zu vereinbaren.

Ansonsten läuft das öffentliche Leben sehr vorsichtig wieder an. Die Banken und Behörden sind immer erreichbar. Die Nachbarfirmen an unseren chinesischen Standorten arbeiten auch fast alle wieder. Restaurants öffnen. Es wird aber streng auf Abstand geachtet. Und alle tragen Mundschutzmasken. 

Jeder muss auf dem Handy eine Tracking- und Gesundheitsapp installiert haben, die ständig benötigt wird, um Zugang zu Taxis, öffentlichen Verkehrsmitteln etc. zu bekommen.

___Produzieren Ihre chinesischen Mandanten schon wieder?

FF: Ja, die produzieren wieder. Und das Level liegt auf vielleicht 50 bis 70 Prozent. Das Problem unterbrochener Lieferketten stellt sich ja vor allem in Europa. Da wird man die chinesischen Produktionsausfälle merken. In China mussten die Arbeiter, wenn sie von auswärts in ihre Arbeitsorte zurückkamen, zunächst für zwei Wochen in Quarantäne. Also fehlten schlicht die Arbeiter in den Fabriken. Außerdem sind die Chinesen noch sehr zurückhaltend in ihrem Konsumverhalten, sei es beim Besuch von Shopping Malls oder Restaurants oder gar beim Kauf eines neuen Autos.

___Hierzulande wird ja auf Sicht gefahren. Alles wartet auf das Ende der Osterferien. Wie bereiten Sie sich und Ihre Mandanten auf das bevorstehende Hochfahren vor?

MB: Schon das Runterfahren war technisch eine anspruchsvolle Angelegenheit, um Defekte an den Maschinen zu vermeiden. So wird es auch mit dem Hochfahren sein. Viele unserer größeren Mandanten des produzierenden Gewerbes werden ihre Belegschaften oder Teile davon einige Tage vor dem Ferienende aus der Kurzarbeit zurückholen, um das vorzubereiten. 

___Dr. Bormann, Frau Fang: Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg und bedanken uns für dieses Gespräch.