Das ESUG stellt neue Anforderungen an die Geschäftsführung, die ohne externe Beratung nicht erfüllt werden können

bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann war im September Teilnehmer einer viel beachteten Podiumsdiskussion in den Räumen der Deutschen Bank anlässlich einer vom Berlin-Brandenburger Arbeitskreis für Insolvenzrecht e.V. durchgeführten Fachveranstaltung mit Insolvenzrichtern, Insolvenzverwaltern, Bankern und Beratern. Diskutiert wurden ersten Praxiserfahrungen mit dem neuen ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen).

Die Frage war, ob der normale Unternehmer überhaupt noch in der Lage ist, einen fehlerfreien Insolvenzantrag zu stellen. Die überwiegende Meinung der Podiumsdiskutanten war, dass dies ohne fachkundige Beratung nicht möglich sei.

Der Insolvenzantrag war jahrzehntelang ein relativ einfach gehaltenes Schreiben an das Amtsgericht, in dem lediglich dargelegt wurde, dass einer der Insolvenzantragsgründe (Zahlungsfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder teilweise Überschuldung) vorliegt und dass der Unternehmer Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellt. Seit März 2012 sind hier durch das ESUG erheblich schärfere Formalanfordernisse an einen Insolvenzantrag eingeführt worden.

Nach jüngsten Untersuchungen eines der großen deutschen Insolvenzgerichte, dem Amtsgericht Charlottenburg, sind seither 85 % aller eingereichten Insolvenzanträge mangelhaft und stellen daher keinen rechtswirksam gestellten Insolvenzantrag dar. Dies hat erhebliche Folgen, weil dann ggf. laufende Fristen, zum Beispiel wegen Insolvenzverschleppung, überschritten werden.

Vorbereitung im laufenden Betrieb

Aber für eine erfolgreiche Sanierung im Insolvenzverfahren gehört ja nicht nur der formelle Antrag. Vielmehr muss das betroffene Unternehmen im laufenden Geschäftsbetrieb auf dieses schwerwiegende Ereignis vorbereitet werden, damit es nicht planlos in die Insolvenz stolpert. So müssen Vorkehrungen getroffen werden, damit sowohl vor Antragstellung als auch in der unmittelbaren heißen Phase nach Bekanntwerden des gestellten Antrages die Belieferung in das Unternehmen weitergeht.

Weiterhin muss die Belegschaft kurzfristig auf die Insolvenzsituation vorbereitet werden, sodass durch den Antrag die Motivation nicht zusammenbricht. Es ist sofort mit Kunden und Lieferanten das Gespräch aufzunehmen, um die neue Situation zu erklären und vor allem die Belieferungen sicherzustellen. Hierzu ist spezielles Know-how nötig. bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann hat unlängst einen Automobilzulieferer mit ca. 1.200 Mitarbeitern als Geschäftsführer auf diese Situation vorbereitet und sowohl erfolgreich den Antrag gestellt als auch die schwierige Phase der vorläufigen Insolvenz mitgestaltet.

Gratwanderung

Dabei zwingt das ESUG die Unternehmensführung zu einer Gratwanderung, die der Gesetzgeber so sicher nicht beabsichtigt hat. So müssen Unternehmen von der Größe einer prüfungspflichtigen Kapitalgesellschaft einen vorläufigen Gläubigerausschuss benennen. In der Phase kurz vor Antragstellung müssen also mit den Gläubigern sowohl deren Bereitschaft zur Mitwirkung in einem vorläufigen Gläubigerausschuss als auch mögliche Vorschläge für einen vorläufigen Insolvenzverwalter eruiert werden.

Das ist nicht nur deshalb schwierig, weil die unterschiedlichen Gläubigergruppen häufig unterschiedliche Verwalter präferieren, sondern auch weil trotz dieser Gespräche sichergestellt werden muss, dass das Unternehmen weiterhin beliefert wird. Bei dem von bdp begleiteten Verfahren hat diese Gratwanderung geklappt und es gab keinen einzigen Tag Produktionsstillstand oder Lieferstopp.