Die Befreiung berufsständisch Versorgter von der Sozialversicherungspflicht gilt nur für konkrete Beschäftigungsverhältnisse

Wer Mitglied einer berufsständischen Kammer ist, kann sich von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Diese berufsständische Versorgung in einem Versorgungswerk ist die auf einer gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft beruhende Altersversorgung für kammerfähige freie Berufe. Dazu zählen u.a. Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Patentanwälte, Rechtsanwälte, Steuerberater beziehungsweise Steuerbevollmächtigte, Tierärzte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Zahnärzte sowie jeweils partiell psychologische Psychotherapeuten und Ingenieure.

Die gesetzliche Rentenversicherung ist ein Zweig des gegliederten Sozialversicherungssystems, der vorwiegend der Alterssicherung von Beschäftigten dient. In ihr sind grundsätzlich alle Arbeitnehmer pflichtversichert. Darüber hinaus können Personen, die Kinder erziehen, Auszubildende, Selbstständige und einige weitere Personen pflichtversichert sein. Die Beitragshöhe richtet sich bei Arbeitnehmern nach dem Arbeitsentgelt. Derzeit beträgt der gesamte Beitrag 18,9 Prozent.

Wie die Beitragslast verteilt ist, hängt davon ab, ob man Pflichtversicherter oder freiwillig Versicherter ist. Wer als Arbeitnehmer pflichtversichert ist, zahlt seinen Beitrag nicht allein: Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen ihn je zur Hälfte.

Die Beiträge richten sich nach der Höhe des Arbeitsentgeltes bzw. der Beitragsbemessungsgrenze. Die Beitragsbemessungsgrenze ist der Höchstwert des Verdienstes, bis zu dem Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden müssen. Sie wird aufgrund der Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter des Vorjahres im Verhältnis zu denen des vorvergangenen Kalenderjahres angepasst und wird im Jahr 2014 monatlich 5.950 Euro (71.400 Euro pro Jahr) in den alten Bundesländern betragen. In den neuen Bundesländern steigt die Grenze auf monatlich 5.000 Euro (60.000 Euro pro Jahr).

Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich mehrfach mit dem Thema der Befreiung berufsständisch Versorgter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befasst. In den Urteilen vom 31.10.2012 (AZ: B 12 R 8/10 R; B 12 R 3/11 R und B 12 R 5/10 R) ging es um die Wirkung einer Befreiung berufsständisch Versorgter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 SGB VI.

Das BSG hat dabei klargestellt, dass jede Entscheidung über die Befreiung eines Pflichtmitgliedes eines Versorgungswerkes von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber oder für eine tatsächlich ausgeübte selbständige Tätigkeit gilt. Wird diese Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgegeben, endet die Wirkung der Befreiung. Soll die Befreiungswirkung auch für eine spätere Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit herbeigeführt werden, ist ein neuer Befreiungsantrag zu stellen.

Danach ist für jede nach dem 31. Oktober 2012 neu aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung oder versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit ein eigenständiges Befreiungsverfahren durchzuführen. Als neu aufgenommene Tätigkeit in diesem Sinne ist sowohl jede wesentliche Änderung im Tätigkeitsfeld bei dem bisherigen Arbeitgeber, z. B. durch eine Änderung des Arbeitsvertrages, als auch jeder Arbeitgeberwechsel zu verstehen. Zur Einleitung des Befreiungsverfahrens muss der Arbeitnehmer einen Befreiungsantrag stellen. Dabei ist zu beachten, dass in dem Antrag sowohl die Tätigkeit genau zu bezeichnen als auch der Arbeitgeber konkret zu benennen ist. Als Nachweis sollte dem Antrag der Arbeitsvertrag beigefügt werden.

Wird der Antrag bewilligt, sind keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten. Liegt dem Arbeitgeber kein aktueller Befreiungsbescheid vor, ist dieser verpflichtet, den Arbeitnehmer zur gesetzlichen Rentenversicherung anzumelden und die Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung zu entrichten.

Für berufsständisch Versorgte, die in der Vergangenheit für die Ausübung einer klassischen berufsspezifischen Tätigkeit befreit worden waren und nach einem Arbeitsplatzwechsel vor dem 31.10.2012 eine derartige Tätigkeit weiterhin ausüben, gilt für die Dauer dieser aktuellen Beschäftigung ein Vertrauensschutz.