Soli-Senkung reicht nicht. Immerhin hat die Steuerdebatte zuletzt wieder Fahrt aufgenommen. Aber mehr als Flickwerk sind bislang kursierende Vorschläge nicht. Die große Steuerreform steht noch aus.

Die Steuerdebatte hat zuletzt wieder Fahrt aufgenommen. Vor allem die CDU/CSU auf der einen und die SPD auf der anderen Seite wollen sich durch Vorschläge voneinander abgrenzen. bdp-Gründungspartner Dr. Michael Bormann gibt einen Überblick.

Ein erster Schritt ist gemacht. Der Solidaritätszuschlag soll ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler abgeschafft werden. Bei weiteren 6,5 Prozent soll es eine Staffellösung geben, damit Steuerzahler nicht direkt die volle Abgabe zahlen müssen, wenn sie die Freigrenze nur um einen Euro überschreiten.

Zur Erinnerung: Seit seiner Wiedereinführung im Jahr 1995 erhebt der Fiskus einen 5,5-prozentigen Aufschlag auf die Einkommenssteuer. Damit müssen auch kleinere und mittelständische Personengesellschaften den Solidaritätszuschlag, kurz Soli, zahlen. Bei Kapitalgesellschaften wird der Soli zur Körperschaftssteuer hinzugerechnet.

Altmaier fordert vollständige Abschaffung des Solis

Da Deutschland am Rande einer erneuten Rezession steht und der Mittelstand zu einem großen Teil aus Personengesellschaften besteht, fordert Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, um so die Wirtschaft zu entlasten. Grundsätzlich ist das richtig gedacht. Denn nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) tragen bislang Unternehmen rund 31 Prozent zum Soli-Aufkommen bei. Die übrigen 69 Prozent entfallen auf die Arbeitnehmer. Nach der Teilabschaffung werden aber mit 57 Prozent die Unternehmen die Hauptlast tragen. Das wollte CDU-Mann Altmaier verhindern, konnte sich aber nicht gegen den Koalitionspartner durchsetzen.

Entlastung des Mittelstands

Jetzt legte der Wirtschaftsminister einen weiteren Vorschlag auf den Tisch, um dem deutschen Mittelstand unter die Arme zu greifen. Altmaier fordert, die Besteuerung von Personengesellschaften auf 45 Prozent zu begrenzen. Bei im Unternehmen einbehaltenen Gewinnen soll der Satz sogar auf 25 Prozent sinken. Außerdem will er die Sozialabgaben auf maximal 40 Prozent deckeln und mit Rücklagen der Arbeitslosenversicherung eine Beitragssenkung finanzieren. Entsprechende Maßnahmen würden zwar Personengesellschaften unterstützen, dürften sich mit beziehungsweise gegen die SPD jedoch kaum durchsetzen lassen.

SPD will Vermögenssteuer

Vielmehr sind die Sozialdemokraten mit der Wiedervorlage einer Vermögenssteuer vorgeprescht. Damit sollen Multimillionäre und Milliardäre stärker zur Kasse gebeten werden. Der Vorschlag sieht einen Steuersatz von einem Prozent auf die Privatvermögen vor. Dabei soll es Freigrenzen und Verschonungsregeln geben. Das Aufkommen veranschlagt die SPD auf rund zehn Milliarden Euro pro Jahr. Details sind die Sozialdemokraten bislang schuldig geblieben. Ein großer Nachteil einer Vermögenssteuer ist, dass ihre Erhebung recht kompliziert und aufwendig ist. Schon die Reform der Erbschaftssteuer hat gezeigt, wie schwierig es ist Vermögen überhaupt zu berechnen.

Eine Vermögenssteuer ist mit der CDU/CSU wohl kaum zu machen. Selbst in der SPD - zum Beispiel in deren Wirtschaftsforum - ist sie umstritten. Eine Vermögenssteuer hätte wohl nur bei einer rot-rot-grünen Regierung eine Chance. Denn grundsätzlich befürworten die Grünen eine Wiedereinführung, die Linke sowieso.

Eigentlich gibt es schon eine Vermögenssteuer. Die Null- beziehungsweise Negativzinsen sorgen dafür, dass Einlagen auf Sparbüchern und Bankkonten sowie Investments in Bundesanleihen jedes Jahr real an Wert verlieren, ihre Kaufkraft also sinkt. Das entlastet zwar massiv den Staat, geht aber zulasten der Sparer, auch derer mit kleinen Vermögen.

Große Steuerreform ist nötig

Petra Köpping und Boris Pistorius, beide SPD, fordern interessanterweise sogar ein umfassendes Steuersenkungspaket. Köpping, die kürzlich aus dem sächsischen Landtag geflogen ist, und Pistorius, der amtierende niedersächsische Innenminister, zählen zu den aussichtsreicheren Kandidatenduos für den SPD-Parteivorsitz. Sie wollen vor allem kleinere Einkommen entlasten.

Nach der Argumentation von Köpping und Pistorius verdienen 40 Prozent der Haushalte zu wenig, um Vermögen aufbauen zu können. „Sie leben im permanenten (finanziellen) Risiko und können auch nicht viel für ihre Kinder zurücklegen“, sagt Pistorius.

Interessant ist, dass das Kandidatenduo auch eine Reform des Spitzensteuersatzes in die Debatte eingebracht hat. Der greift nach ihren Angaben bei Familien schon ab einem Jahreseinkommen von circa 100.000 Euro pro Jahr. Diese sind jedoch aus Sicht von Köpping und Pistorius nicht wirklich reich. Daher plädieren sie dafür, dass der Spitzensteuersatz später und gleichmäßiger den Reichensteuersatz von 45 Prozent erreicht. Außerdem möchten sie die Lohnnebenkosten senken. Das ist bislang die größte Schnittmenge mit den Vorschlägen Altmaiers.

Fazit

Bislang handelt es sich bei den angedachten Maßnahmen von CDU/CSU und SPD eher nur Flickwerk und weniger ein stimmiges Konzept. Aber Steuern stehen zumindest wieder auf der politischen Agenda.