Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) soll die Insolvenz attraktiver machen

Im Juni 2010 hat das Bundesministerium der Justiz einen Diskussionsentwurf für ein „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)“ vorgelegt, mit dem die Fortführung von sanierungsfähigen Unternehmen erleichtert werden soll. Was von den geplanten Änderungen aus Sicht der Sanierungs-Praxis zu erwarten ist, soll hier dargestellt werden.

Nach geltendem Recht stehen der tatsächlichen Sanierung von Unternehmen im derzeitigen Insolvenzverfahren immer noch zahlreiche Hindernisse gegenüber, insbesondere die Unberechenbarkeit des Verfahrens und wenig praktikable Regelungen vor allem bei der Eigenverwaltung und dem Insolvenzplanverfahren. Der aktuelle Diskussionsentwurf will diesen Schwachstellen begegnen.

Die vorgesehenen Änderungen beinhalten vor allem die Stärkung des Einflusses von Gläubigern, ermöglichen Eingriffe in Gesellschafterrechte sowie einen vereinfachten Zugang zur Eigenverwaltung und das Zustandekommen eines Insolvenzplanes. Verfahrensrechtlich soll eine stärkere Konzentration der Zuständigkeit der Insolvenzgerichte erfolgen.

Stärkerer Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters

Bisher haben Gläubiger kaum Möglichkeit, auf die Auswahl des Insolvenzverwalters Einfluss zu nehmen. Regelmäßig erfolgt eine umfassendere Information der Gläubiger erst in der ersten Gläubigerversammlung – dann, wenn im Verfahren schon grundlegende Weichenstellungen getroffen wurden. Damit ist das Verfahren bisher wenig planbar und berechenbar für die Gläubiger.

Der Entwurf sieht vor, dass das Insolvenzgericht grundsätzlich die wesentlichen Gläubiger des Schuldners zu hören hat, bevor es einen Insolvenzverwalter bestellt. Die Bestellung eines von der Mehrheit der Gläubiger vorgeschlagenen Insolvenzverwalters soll das Insolvenzgericht nur dann ablehnen dürfen, wenn dieser für das Amt ungeeignet ist. Auch der konkrete Vorschlag eines bestimmten Insolvenzverwalters seitens des Schuldners oder eines Gläubigers soll dessen Unabhängigkeit zukünftig nicht mehr entgegenstehen.

Um die frühzeitige Einbindung der Gläubiger zu gewährleisten, hat der Schuldner daher bereits mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Verzeichnis der wesentlichen Gläubiger einzureichen.

Stärkung der Eigenverwaltung

Auch für den Schuldner selbst soll das Verfahren deutlich attraktiver werden, indem die Eigenverwaltung eine deutliche Stärkung erfährt. Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, Insolvenzanträge frühzeitig zu stellen. Eine Ablehnung des Antrags auf Eigenverwaltung soll nur dann erfolgen, wenn Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führt. Dies muss dann seitens des Gerichts positiv festgestellt werden.

Beantragt der Schuldner die Eigenverwaltung, so verbleibt der Geschäftsleitung zukünftig die Verfügungsmacht, und ihr wird lediglich ein Sachwalter zur Seite gestellt.

Der Entwurf sieht auch vor, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit ein vorgelagertes Sanierungsverfahren stattfindet, d.h. dem Gläubiger maximal drei Monate gewährt werden, um ein Sanierungskonzept vorzulegen, welches anschließend im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens umgesetzt wird. Ergänzend bedarf es hierbei der Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers, eines Steuerberaters oder eines insolvenzrechtlich erfahrenen Rechtsanwaltes, der auch die Sanierungsfähigkeit bescheinigt. Eine bdp-Sanierungs-Due-Diligence entspricht den Anforderungen der angedachten gesetzlichen Neuerungen und ermöglicht eine zügige Umsetzung.

Eingriffe in Gesellschafterrechte

Nach geltendem Recht kann auch im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens nicht in Gesellschafterrechte eingegriffen werden, sie sind nicht Gegenstand des Verfahrens. Aber gerade Kapitalmaßnahmen, die auf die bestehenden Anteilsrechte abzielen, sind ein wirkungsvolles Sanierungsinstrument. Umwandlungen von Forderungen in Anteile (Debt-to-Equity-Swap) oder auch die Übertragung von bestehenden Anteilen sind bisher nicht ohne die Mitwirkung der Altgesellschafter möglich und gewähren diesen ein enormes Blockadepotenzial. Zukünftig soll es möglich sein, Eingriffe in die Gesellschafterrechte vorzunehmen, auch ohne, dass es dazu der Mitwirkung der Altgesellschafter bedarf. Im Gegenzug wird diesen eine Entschädigung gewährt, für die im Planverfahren Mittel bereitzustellen sind. Diese Entschädigungen dürften aber mit Blick auf die Werthaltigkeit der Anteile regelmäßig nicht allzu hoch ausfallen.

Erleichterungen bei Insolvenzplänen

Nach geltendem deutschem Insolvenzrecht sind einzelne Gläubiger in der Lage, Insolvenzpläne zu verhindern oder massiv zu verzögern, indem sie Zustimmungen verweigern und Rechtsmittel ausschöpfen. Gläubiger können somit eine Erfolg versprechende Sanierung gefährden.

Zukünftig soll es für einzelne Gläubiger schwieriger werden, sich Erfolg versprechenden Sanierungen zu widersetzen. Zu diesem Zweck sind prozessuale Erleichterungen im Planverfahren vorgesehen. Fristen werden gestrafft, es wird Vollstreckungsschutz bei unbekannten Forderungen gewährt, die Zustimmung zum Plan gilt als erteilt, wenn der Plan die Gläubiger nicht wesentlich schlechter stellt; es reicht die Bereitstellung von Ausgleichszahlungen, und dem Plan darf die Bestätigung nur bei offensichtlichen Mängeln versagt werden. Auseinandersetzungen um den finanziellen Ausgleich sollen später außerhalb des Insolvenzverfahrens geführt werden und nicht mehr die Planbestätigung bzw. Sanierung behindern können.

Viele bislang als unbefriedigend empfundene Probleme des geltenden Insolvenzrechts werden mit dem vorliegenden Diskussionsentwurf sachgerecht bearbeitet. Im Einzelnen kann sicherlich noch nachgebessert werden, aber die beabsichtigten Änderungen tragen den berechtigten Bedürfnissen der Praxis grundsätzlich Rechnung, sodass zu hoffen bleibt, dass die Kernelemente dieses Entwurfs eine zeitnahe Umsetzung in geltendes Recht erfahren.