Wo die steuerlichen Risiken im Restrukturierungsprozess lauern, und wie Sie diese beherrschen können

Sanierungsmaßnahmen können auf verschiedene Art steuerrechtlich relevant werden. So können sie unmittelbar Steuern auslösen, insbesondere Umsatz- und Grunderwerbsteuer. Auch können Sanierungsmaßnahmen den Ertrag des Unternehmens beeinflussen und damit Ertragsteuern (Einkommensteuer, Körperschaft- und Gewerbesteuer) auslösen. Engagieren sich Gesellschafter oder Dritte im Rahmen der Sanierung, so steht regelmäßig die steuerliche Berücksichtigung der gewährten Beiträge und durchgeführten Maßnahmen im Vordergrund.

Die steuerlichen Konsequenzen von Sanierungsmaßnahmen sind deshalb, soweit sie gestaltend eingesetzt werden, vorab gründlich zu prüfen, da sie massive liquiditätswirksame Auswirkungen haben können.

Umsatzsteuer

Zur Entstehung von Umsatzsteuer, die sich vielfach aus dem laufenden Geschäft und nicht nur aus Sanierungsmaßnahmen ergibt, ist eine umfassende Kenntnis der insolvenzrechtlichen Konsequenzen im Ernstfall bares Geld wert. Die Einordnung als Insolvenzforderung oder als Masseverbindlichkeit beeinflusst die Liquidität massiv. Maßgeblich ist, ob die jeweilige Forderung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Sinne des § 38 InsO begründet wurde. Auf die steuerrechtliche Entstehung einer Forderung kommt es hier nicht an.

Umsatzsteuer aber auch Grunderwerbsteuer kennen grundsätzlich kein Sanierungsprivileg, da sie als Verkehrssteuern ausschließlich an den Wechsel des Rechtsträgers anknüpfen und nicht an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Solche Geschäftsvorfälle sind stets nach den allgemeinen Regelungen zu versteuern.

Grunderwerbsteuer

Bei der Grunderwerbsteuer ist dabei nicht nur auf echte Veräußerungsvorgänge zu achten. Auch die möglicherweise sinnvolle Umgestaltung von Beteiligungsverhältnissen kann einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang darstellen. Sind also Immobilien Bestandteil der Sanierungsmaßnahmen, so sind alle steuerpflichtigen Erwerbsvorgänge zu berücksichtigen, da hier, wie bei der Umsatzsteuer, das Unternehmen Steuerschuldner bleibt.

Sicherheiten des Schuldners

Bei der Umsatzsteuer ist insbesondere die Verwertung von Sicherheiten in der Regel ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang, dessen konkrete Steuerfolgen davon abhängen, wann und von wem die Verwertung durchgeführt wird. So kann sogar ein sogenannter Doppelumsatz vorliegen, und zwar vom Schuldner an den Sicherungsnehmer und vom Sicherungsnehmer an den Erwerber.

Auch Vorsteuerberichtigungen können die Liquidität belasten. Diese können durch die Verwertung von Massegegenständen oder durch die Korrektur von Forderungen bzw. einen Forderungsverzicht nötig werden. Erhält der Gläubiger später eine Quote, ist die Vorsteuer erneut zu berichtigen.

Weitere umsatzsteuerliche Besonderheiten bestehen bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft, wie wir sie in bdp aktuell Ausgabe 108 ausführlich erläutert haben.

Soweit Sanierungsmaßnahmen den Ertrag des Unternehmens beeinflussen, muss vor der Umsetzung deren steuerliche Relevanz geprüft werden.

Grundsätzlich steuerlich unkritisch ist die Stundung einer Verbindlichkeit, da diese nicht ertragswirksam ist. Dies gilt auch für die Aussetzung der Vollziehung oder den Vollstreckungsaufschub. Bei einer unverzinslich gewährten Stundung sind jedoch die dafür einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften zu beachten.

Rangrücktritt und Forderungsverzicht

Auch der Rangrücktritt hat steuerrechtlich keine unmittelbaren Rechtsfolgen. Elementar ist hier aber die Gestaltung des Rangrücktritts, da nach § 5 Abs. 2a EStG Verbindlichkeiten nicht zu bilanzieren sind, wenn sie nur aus künftigen Einnahmen oder Gewinnen zu erfüllen sind. Eine solche Beschränkung, Befriedigung nur aus künftigen Gewinnen bzw. Jahresüberschüssen verlangen zu können, fällt unter den Anwendungsbereich dieser Vorschrift und hat zur Folge, dass die betroffenen Verbindlichkeiten gewinnerhöhend aufzulösen sind – und Ertragsteuern fällig werden!

Kommt es zum Forderungsverzicht, ist zu unterscheiden, welcher Gläubiger den Verzicht ausspricht. Forderungsverzichte von Drittgläubigern, d. h. nicht von Gesellschaftern oder ihnen nahestehende Personen, führen in Höhe des verzichteten Forderungsbetrages zur Gewinnrealisierung. Dies gilt auch für Verzichte von Gesellschaftern, soweit der Forderung eine Leistung zugrunde liegt und der Verzicht durch die Leistungsbeziehung bedingt ist. Die Gewinnrealisierung tritt in Höhe des Nennwerts der verzichteten Forderung ein.

Ist der Forderungsverzicht von einem Gesellschafter erklärt worden, ist bei der Gesellschaft der werthaltige Teil der Forderung als Einlage zu behandeln. Bezüglich des nichtwerthaltigen Teils tritt ebenfalls Gewinnrealisierung ein. Streitig ist aber in der Regel die Frage des Teilwerts der verzichteten Forderung. Ist die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Verzichts überschuldet oder zahlungsunfähig, ist nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich von einem Teilwert in Höhe von 0,00 Euro auszugehen.

Entsprechend ist zu verfahren, wenn

  • der Forderung eine Leistung des Gesellschafters zugrunde liegt und der Verzicht auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erfolgt,
  • auf eine Pensionszusage verzichtet wird,
  • eine nahestehende Person verzichtet.

Bei einem Forderungsverzicht mit Besserungsschein sind weitere Besonderheiten zu beachten. Hinsichtlich des Verzichts gelten die vorstehenden Grundsätze. Sobald der Besserungsfall eintritt gilt folgendes:

Bei normalen Drittgläubigern ist die wiederauflebende Forderung aufwandswirksam zu passivieren. Beim Gläubiger ergibt sich ein entsprechender Ertrag. Hat ein Gesellschafter verzichtet, ist die Verbindlichkeit bei der Gesellschaft ebenfalls zu passivieren. Soweit jedoch die verzichtete Forderung im Zeitpunkt des Verzichts werthaltig war und dementsprechend der Verzicht zur Einlage bei der Gesellschaft geführt hat, führt die Passivierung zur Auflösung der Einlage und damit zu einer Einlagenrückgewährung.

Sanierungsgewinne

Für die durch einen Verzicht oder sonstige Sanierungsmaßnahme ausgelösten Ertragsteuern kann unter eng definierten Voraussetzungen gemäß Erlass der Finanzverwaltung ein Stundungs- und Erlassantrag gestellt werden (Behandlung als sogenannter „Sanierungsgewinn“). Es reicht aber nicht aus, dass man selbst davon ausgeht, dass eine Sanierungssituation vorliegt. Stundung und Erlass werden durch die Finanzverwaltung mittlerweile sehr restriktiv gehandhabt. Auf der sicheren Seite ist nur, wer vorab zu der konkret beabsichtigten Sanierungsmaßnahme eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung einholt.

Sicherheiten von Dritten

Die Gewährung von Sicherheiten hat grundsätzlich keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Ertrag eines Unternehmens. Eine entsprechende Auswirkung ergibt sich erst dann, wenn die Sicherheit in Anspruch genommen wird.

Die Verpflichtungen aus einer Bürgschaft sind beispielsweise beim Bürgen erst dann zu passivieren, wenn eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ernsthaft droht. Gleichzeitig ist auch der Rückgriffanspruch gegen den Hauptschuldner wertberichtigt zu aktivieren.

Die steuerlichen Auswirkungen bei der Inanspruchnahme einer gewährten Sicherheit sind daher regelmäßig für den Sicherungsgeber vorab zu prüfen. Der hat vor allem das Interesse, die durch die Inanspruchnahme seiner Sicherheit entstehenden Aufwendungen auch tatsächlich steuerlich geltend machen zu können, denn der Rückgriffsanspruch beim insolventen Schuldner ist regelmäßig wertlos.

Fazit

Die steuerlichen Aspekte von Sanierungsmaßnahmen sind nicht zu unterschätzen und müssen zwingend im Rahmen eines umfassenden Sanierungskonzeptes berücksichtigt werden. Wir beenden hiermit unsere Serie zum modernen Turnaround-Management. Bitte sprechen Sie uns bei Bedarf gerne an.

Turnaround-Management

Turnaround-Management Teil 1  So schaffen Sie die Wende

In einer neuen Serie erläutern wir die Methoden des modernen Krisenmanagements und geben Ihnen zunächst einen Überblick

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