Steuerpolitisch lagen zwischen SPD und Grüne einerseits und FDP andererseits im Wahlkampf Welten. Jetzt bilden Sie gemeinsam die Regierung. Funktioniert diese Mischung?

Beim Thema Steuern gab es im Bundestagswahlkampf widerstreitende Forderungen der Parteien, die jetzt gemeinsam die Regierung stellen. Wie aus Wiedereinführung der Vermögenssteuer einerseits (SPD, Grüne) und Soliabschaffung und Steuerentlastungen andererseits (FDP) eine stimmige Steuerpolitik gemischt werden könnte, dazu fehlte nicht nur Christian Lindner die Fantasie. Jetzt liegt das Programm vor und wir erläutern, was die Ampel steuerlich tatsächlich ändern will – und was vor allem nicht.

Keine Steuerentlastung

Ursprünglich hatten die neuen Regierungsparteien SPD, FDP und Grüne im Wahlkampf alle versprochen, die unteren und mittleren Einkommen steuerlich zu entlasten. Daraus wird wohl nichts. Denn die Sozialdemokraten und die Grünen wollten das durch höhere Steuern für Besserverdienende gegenfinanzieren. Das ist jedoch mit der FDP nicht zu machen, die Steuererhöhungen grundsätzlich ablehnt.

Kein höherer Grundfreibetrag

Von einer möglichen Erhöhung des Grundfreibetrags, bis dessen Höhe keine Einkommensteuer anfällt, ist mittlerweile auch keine Rede mehr. Dasselbe gilt für die überfällige Glättung der Steuerprogression, von der vor allem kleinere und mittlere Einkommen profitiert hätten. Hier fehlt offenbar ein Konzept für die Finanzierung. Unter dem Strich scheint bei der Einkommenssteuer alles beim Alten zu bleiben.

Höherer Sparerpauschbetrag

Zumindest haben sich die drei Ampelparteien auf die Erhöhung des Sparerpauschbetrags geeinigt. Dieser liegt bislang bei 801 Euro und soll ab dem 01. Januar 2023 auf 1.000 Euro steigen. Bis zu diesem Betrag wären alle Erträge aus Kapitalvermögen steuerfrei, beispielsweise Zinsen, Dividenden oder realisierte Kursgewinne aus Wertpapiergeschäften. Das würde allen Steuerzahlern zugutekommen, die zumindest über ein kleineres Vermögen verfügen.

Ampelregierung (2): Arbeitsmarkt 12 Euro und noch viel mehr

Neben der Erhöhung des Mindestlohns plant die Ampel weitere lohnrelevante Vorhaben. Wir stellen die wichtigsten Pläne vor.

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Der Ausbildungsfreibetrag wird ebenfalls erhöht. Er steigt von 924 auf 1.200 Euro. Diesen Betrag können Eltern beim Fiskus geltend machen, die ein volljähriges Kind in der Berufsausbildung haben, das nicht mehr zuhause wohnt.

Homeoffice-Regel gilt weiter

Außerdem haben sich SPD, Grüne und FDP auf eine Verlängerung der coronabedingten Homeoffice-Regel geeinigt. Hier gilt eine Pauschale von fünf Euro pro Tag, die Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend machen können, wenn sie von zu Hause aus arbeiten und dort kein extra Arbeitszimmer haben. Es besteht allerdings eine Obergrenze von 600 Euro pro Jahr. Und die gesamten Werbungskosten müssen den jährlichen Pauschbetrag von 1.000 Euro übersteigen, damit sich das Arbeiten zu Hause steuerlich bemerkbar macht.

Freibeträge bei der Grunderwerbssteuer

Allen Parteien ist klar, dass es zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt. Um hier die Kosten etwas einzudämmen, soll es möglicherweise Freibeträge bei der Grunderwerbssteuer geben. Diese beläuft sich auf 3,5 Prozent in Bayern und Sachsen sowie auf bis zu 6,5 Prozent in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, dem Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen. Die Grunderwerbssteuer wird beim Kauf einer Immobilie fällig und fließt den Ländern zu. Der Bund könnte durch einen Freibetrag bedingte Ausfälle bei den Ländern finanziell ausgleichen.

Befreiung von der EEG-Umlage

Schließlich sollen die Verbraucher ab 2023 von der EEG-Umlage befreit werden. Diese beläuft sich derzeit auf 6,5 Cent je Kilowattstunde. Unter dem Strich dürften die Strompreise angesichts der Kostensteigerungen bei Öl und Gas aber trotz der Befreiung von der EEG-Umlage eher steigen als fallen.

Abschaffung des Soli lässt auf sich warten

Dagegen zeichnet es sich ab, dass die überfällige komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags erst einmal auf sich warten lässt. Zur Erinnerung: Rund zehn Prozent der Steuerpflichtigen zahlen auf ihre Einkommens- und Körperschaftssteuer noch einen Aufschlag von 5,5 Prozent. Das belastet vor allem Selbstständige und kleine Unternehmen. Das wollte die FDP abschaffen, konnte sich in diesem Punkt jedoch offensichtlich nicht durchsetzen.

Keine Vermögenssteuer

Im Wahlkampf haben sich Grüne und Sozialdemokraten eine Vermögenssteuer auf die Fahne geschrieben und wollten damit zumindest teilweise die Kosten der Corona-Pandemie finanzieren. Allerdings ist eine solche Abgabe seit jeher ausgesprochen umstritten. Denn die Feststellung der Vermögen ist extrem aufwendig und kostspielig. Bei Bankkonten und Wertpapierdepots geht das natürlich einfach, ist aber bei Autos, Kunst oder Schmuck ausgesprochen komplex. Außerdem wäre zu befürchten, dass Vermögende ihren privaten Wohnsitz oder ihre Betriebe ins Ausland verlegen könnten. Der deutsche Fiskus ginge dann vollkommen leer aus. Bei der Vermögenssteuer haben sich die Freidemokraten quergestellt.

Stillstand bei der Abgeltungssteuer

Als Finanzminister wollte Olaf Scholz die Abgeltungssteuer noch abschaffen. Der Fiskus kassiert pauschal bei Kapitalerträgen wie Zinsen, Dividenden oder realisierten Kursgewinnen bei Wertpapiergeschäften 25 Prozent, worauf noch einmal 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag aufgeschlagen werden - macht also 26,375 Prozent. Stattdessen sollten die Kapitalerträge der persönlichen Einkommenssteuer unterliegen. Davon hätten kleinere Einkommen mit einem niedrigeren Steuersatz profitiert, höhere Einkommen hätten das Nachsehen gehabt. Aber bislang ist von einer Abschaffung der Abgeltungssteuer nichts mehr zu hören.

Mindeststeuer für Unternehmen

Für international agierende Unternehmen soll ab 2023 weltweit eine Mindeststeuer in Höhe von 15 Prozent gelten. Das ist zwar nicht auf dem Mist der Ampel gewachsen. Diese verspricht sich davon jedoch für Deutschland jährliche Einnahmen von circa sechs Milliarden Euro.