Das Finanzgericht Brandenburg erkennt doppelte Haushaltsführung innerhalb einer Großstadt nicht an

Das Finanzgericht Brandenburg hatte die Frage zu klären, unter welchen Voraussetzungen eine Wohnung, in welcher der eigene Hausstand unterhalten wird, im Rahmen der doppelten Haushaltsführung noch zum Beschäftigungsort gehört. Dabei lagen im Streitfall der Ort des eigenen Hausstandes und der Beschäftigungsort in derselben politischen Gemeinde.

Im Streitfall bewohnte der Steuerpflichtige in der Stadt seines Hauptwohnsitzes zusätzlich noch eine Zweitwohnung in unmittelbarer Nähe seiner ebenfalls in dieser Stadt gelegenen Arbeitsstätte (ab 2014: erste Tätigkeitsstätte). Die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten machte er als Werbungskosten infolge einer doppelten Haushaltsführung geltend.

Das Finanzamt ließ die Kosten unberücksichtigt und setzte lediglich Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an, da es der Auffassung war, bei einer einfachen Entfernung von 21 Kilometern zwischen der Familienwohnung und der Arbeitsstätte handele es sich um eine Entfernung, die üblicherweise von Arbeitnehmern arbeitstäglich zurückgelegt werde. Es mangelte an einem für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung erforderlichen Auseinanderfallen von Beschäftigungsort und Hauptwohnung. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Auch das Finanzgericht wies die Klage ab. Denn eine doppelte Haushaltsführung liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Dabei ist unter Beschäftigungsort nicht die jeweilige politische Gemeinde zu verstehen, sondern der Bereich, der zu der konkreten Anschrift der Arbeitsstätte (noch) als Einzugsgebiet anzusehen ist.

Ein Arbeitnehmer wohnt am Beschäftigungsort, wenn er von seiner Wohnung aus ungeachtet von Gemeinde- und Landesgrenzen seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich aufsuchen kann. Ausschlaggebend ist insoweit nicht allein die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Es ist vielmehr auf alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls abzustellen und neben der Entfernung auch auf die Verkehrsanbindung mit privaten und öffentlichen Verkehrsmitteln, die Erreichbarkeit dieser Verkehrsmittel bei Arbeitsbeginn und -ende sowie eventuelle besondere Umstände beim Arbeitsablauf abzustellen.

Eine Wohnung am Beschäftigungsort kann danach regelmäßig angenommen werden, wenn sie in einem Bereich liegt, von dem aus der Arbeitnehmer üblicherweise täglich zu diesem Ort fahren kann.

Unter den Bedingungen einer Großstadt, in der sich schon aufgrund des im Innenstadtbereich herrschenden Preisniveaus typischerweise die Wohnstätten der Beschäftigten in Randbereiche und auch über die politischen Grenzen einer Gemeinde hinaus verlagern, sind Fahrzeiten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von etwa einer Stunde üblich und ohne Weiteres zumutbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn es ein gut ausgebautes Netz von öffentlichen Nah- und Fernverkehrsverbindungen gibt.

Im Streitfall war die Familienwohnung des Steuerpflichtigen nur 21 km von seiner Arbeitsstätte entfernt. Diese Strecke spricht für sich genommen noch nicht dafür, dass die Familienwohnung außerhalb des  Beschäftigungsortes liegt.

Außerdem gab es keine anderweitigen fahrzeitverlängernden Besonderheiten, sodass der tägliche Anfahrweg noch im Rahmen der einem Steuerpflichtigen zumutbaren Wegezeit lag. Solche Zeiten werden nämlich von einer Vielzahl von Pendlern täglich für den Weg von ihrer Wohnung zur Arbeitsstätte in Kauf genommen, ohne dass diese darin Anlass für einen Umzug oder eine Zweitwohnung näher an der Arbeitsstätte sehen. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen.

Finanzgericht Brandenburg 16.12.2015, 7 K 7366/13,
Revision: BFH, VI R 2/16