Der Bundesfinanzminister will per Gesetz wieder durchsetzen, dass der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung nicht mehr zu einem steuerlich relevanten Verlust führt.

Das ist jetzt die große Frage: Können aus privaten Kapitalforderungen steuerrelevante Verluste entstehen? Ja oder nein?

Es ist immer sehr ärgerlich, wenn man für das eingesetzte Geld keine Erträge bekommt, und noch ärgerlicher ist es, wenn man dann sogar das eingesetzte Geld nicht zurückbekommt. Hauptanwendungsfall eines solchen Totalausfalls ist die Insolvenz. 

Jahrelang waren diese Verluste als sogenannte Verluste auf der privaten Vermögensebene steuerlich nicht berücksichtigungsfähig. Die einzige Ausnahme war, wenn der Gesellschafter einer GmbH oder AG ein eigenkapitalersetzendes Darlehen an seine Gesellschaft gegeben hatte. Dann galten der Ausfall dieses Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten für die Anteile und konnten bei Verkauf oder bei Insolvenz zumindest im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens steuerlich angerechnet werden. 

2017 entschied der BFH zwei Sachverhalte. Zum ersten wurde der Abzug von Darlehensausfällen als nachträgliche Anschaffungskosten aufgrund der Änderung des HGBs und des damit verbundenen Wegfalls des Eigenkapitalersatzrechtes nicht mehr anerkannt. Dieses soll für alle Darlehen und Bürgschaftsverpflichtungen gelten, die nach dem 27.09.2017 gewährt wurden oder eigenkapitalersetzend geworden sind.

Zum zweiten wurde entschieden, dass auch der Ausfall einer Kapitalforderung, z.B. ein Darlehen, als Veräußerung dieser Forderung gilt. Und damit hatte  der BFH entschieden, dass der Verlust nach § 20 Abs. 2 EStG als Verlust aus Kapitalvermögen geltend gemacht werden kann. Dies sollte nicht nur für Forderungen gegen eine Gesellschaft, sondern auch für Darlehen unter Privatpersonen gelten.

Die neue Rechtsprechung zur Verlustanerkennung gefiel dem Fiskus natürlich überhaupt nicht. Nach dessen Rechtsauffassung könne der „Kapitalstamm“ einer Darlehensforderung nicht zur Erzielung von Gewinnen eingesetzt werden. Also sei auch eine Wertminderung „unbeachtlich“. Er bemüht nun den Gesetzgeber, die alte Auffassung gesetzlich wieder einzuführen. 

Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird der Ausfall, die Ausbuchung und die Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter nicht mehr als Veräußerung angesehen. Die Verluste sind dann wieder nicht mehr abzugsfähig. Laut Entwurf soll die rechtsprechungsbrechende Gesetzgebung ab 01.01.2020 in Kraft treten. Der Verlust von Privatdarlehen durch Nichtrückzahlung ist wieder steuerlich unbeachtlich. Sollte es noch notleidende Forderungen geben, wäre eine Prüfung nach einer steuerlichen Verwertungsmöglichkeit sicherlich sinnvoll. In der Literatur wird ein erhebliches Risiko für die Verfassungswidrigkeit dieser Regelung gesehen. 

Gleichzeitig wird ein neuer § 17 Abs. 2a EStG eingeführt. Dieser besagt u. a., dass der Forderungsausfall und die Bürgschaftsinanspruchnahme für GmbH-Gesellschafter und Aktionäre ab einer Beteiligung von 1 % wieder als nachträgliche Anschaffungskosten gelten. Dann können diese wieder im Teileinkünfteverfahren steuerlich geltend gemacht werden. Die Neuregelung soll für alle Veräußerungen ab 01.08.2019 gelten. Auf Antrag kann die Anwendung auch für frühere Sachverhalte erfolgen. Da der Zeitpunkt bereits verstrichen ist, kann heute keine Realisierung von Gesellschafterforderungen zur Anwendung des § 20 Abs. 2 EStG zu 100 % mehr führen. Der § 17 geht dem § 20 EStG vor.

Wir werden sehen, was das Gesetzgebungsverfahren noch an Neuem bringt.