Die Finanztransaktionssteuer wird kommen, aber sie macht wenig Sinn.

Großbritannien ist mit seiner Klage gegen die geplante Finanztransaktionssteuer vor dem Europäischen Gerichtshof kürzlich gescheitert. Auch wenn die Steuer wenig sinnvoll ist, müssen sich Anleger vorerst kaum Sorgen machen, meint bdp-Gründungspartner und Steuerexperte Dr. Michael Bormann.

Die elf EU-Staaten dürfen ihr Projekt weiter vorantreiben. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Klage Großbritanniens gegen die verstärkte Zusammenarbeit zur Einführung der Finanztransaktionssteuer (FTS) abgewiesen. Hintergrund: Die Briten befürchten, dass die Börsensteuer den Finanzplatz London beschädigen könnte. Da die Details der Steuer aber noch gar nicht feststehen, wollten die Richter darüber noch nicht entscheiden.

Ursprünglich war einmal geplant, dass Aktiengeschäfte mit 0,1 Prozent und Derivate-Transaktionen mit 0,01 Prozent besteuert werden. Damit sollten die europäischen Banken und Finanzinstitute an den Folgekosten der Finanzkrise beteiligt werden. Mittlerweile werden aber eine Reihe von Ausnahmen und Modifizierungen diskutiert.

So wollen südeuropäische Staaten, dass Anleihederivate von der Steuer ausgeklammert werden. Sie befürchten, dass sich sonst ihre Kreditkosten erhöhen. Deutschland würde dagegen gerne Währungsderivate von der Steuer ausnehmen, um die Absicherung von Auslandsgeschäften nicht zu verteuern.

Streit gibt es auch darüber, ob bei Derivaten nur die Sicherheitsleistung oder der gesamte Wert unter die Steuer fallen soll. Offen ist zudem, wer die Steuer erheben soll. Um Ausweichaktionen zu erschweren, sollte eigentlich die Börsensteuer bei allen Wertpapieren anfallen, die in einem der elf EU-Staaten begeben wurden. Wie das praktisch bei Investoren außerhalb der elf Staaten geschehen soll, ist allerdings noch nicht geklärt.

Bei dem Projekt federführend sind Deutschland und Frankreich – neun weitere EU-Staaten wollen mitmachen. Ob und wenn ja wann die Finanztransaktionssteuer kommt, ist aber auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs unklar. Auch der Plan, Details noch vor der Europawahl am 25. Mai festzulegen, ist am zu engen Zeitrahmen gescheitert. Außerdem ist eine erneute Klage Großbritanniens – und zwar dann gegen die konkrete Ausgestaltung der Börsensteuer - denkbar.

Umstritten dürfte das Projekt so oder so bleiben. Da nur elf EU-Staaten die Börsensteuer einführen wollen, werden sich die entsprechenden Geschäfte möglicherweise an andere Handelsplätze verlagern. Diese Erfahrung hat bereits Schweden gemacht. Nachdem Stockholm 1985 eine Börsensteuer eingeführt hatte, brachen die entsprechenden Geschäfte zusammen, das Steueraufkommen blieb dramatisch unter den Erwartungen. Schweden schaffte die Steuer wieder ab.

Ähnliches könnte sich in den elf EU-Staaten wiederholen. In einer Analyse auf Basis des ursprünglichen Gesetzestextes kam die Europäische Kommission zu dem Ergebnis, dass sich 70 bis 90 Prozent der besteuerten Transaktionen an andere Handelsplätze verlagern könnten. Die geplante Finanztransaktionssteuer könnte somit vor allem den Kleinanleger treffen. Angesichts der geplanten Höhe von 0,1 Prozent für Käufe und Verkäufe von Aktien dürfte die Auswirkung für den Privatanleger aber begrenzt bleiben. Sinn macht die Börsensteuer dennoch nicht.