Auch wenn das Umfeld für Investitionen aus China nicht einfacher geworden ist, bleiben deutsche Unternehmen attraktive Targets.

Die jüngste Vergangenheit war geprägt von einer neuen „German Angst“: Der Angst vor dem Ausverkauf deutscher Technologie an chinesische Investoren. Der Verkauf von Kuka an den chinesischen Investor Midea, der geplatzte Verkauf von Aixtron an einen chinesischen Investor (das Bundeswirtschaftsministerium zog, mutmaßlich auf Druck der USA, seine erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung zurück) sowie der Verkauf des Flughafens Hahn (der dieses Jahr dann tatsächlich an chinesische Investoren verkauft wurde) standen im Jahr 2016 im Mittelpunkt des Interesses. 

Erstaunlich schnelle Änderung der Außenwirtschaftsordnung

Die deutsche Regierung hat erstaunlich schnell auf die Bedenken vor einem Ausverkauf deutscher Technologie reagiert und im Juli 2017 die Außenwirtschaftsverordnung (AWV)  geändert. Aufgrund der Änderung wird der Begriff „öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ konkretisiert, die „gefährdet [sein kann], wenn ein Unionsfremder ein inländisches Unternehmen oder eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung öffentlichen Interesses“ erwirbt (§ 55 AWV). 

Im Fokus stehen Investitionen in „kritische Infrastrukturen“ im Sinne des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG). Dies sind 

„Einrichtungen, Anlagen oder Teile davon, die

1.    den Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung sowie Finanz- und Versicherungswesen angehören und
2.    von hoher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens sind, weil durch ihren Ausfall oder ihre Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe oder Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit eintreten würden.“ (§ 2 Abs. 10 BSIG)

Auch die EU will Investitionen aus dem Ausland strenger prüfen

Auch die EU strebt schärfere Prüfungen bei Übernahmen von Firmen durch ausländische Investoren etwa aus China an.  Dabei geht es nicht nur um den Schutz vor einem „Ausverkauf“ europäischer Technologie, sondern auch um einen Interessenausgleich bei der Öffnung der jeweiligen Märkte: Während China seine Märkte teilweise noch vor ausländischen Investoren schützt, befürchtet man, dass die europäische Offenheit als ein Einfallstor für industriepolitische Interessen anderer Staaten benutzt wird.

Diese Rechtsentwicklung wird in China mit großem Interesse verfolgt. Es bestand teilweise die Befürchtung, dass Deutschland Investitionen aus China verbieten würde. Hier gilt es, die Gemüter im Dialog zu beruhigen. 

Deutsche Prinzipien und chinesischer Pragmatismus prallen aufeinander

Die Ansiedlung von Unternehmen in Deutschland ist nicht einfacher geworden. Der banale Akt der Eröffnung eines Bankkontos kann zum zeit- und nervenraubenden Abenteuer ausarten. „Know your customer“ kann bei verzweigten Konzernstrukturen in China zu einer Daueraufgabe in Deutschland werden. Angesichts des Margendrucks bei den Banken ist auch nicht mehr jeder Neukunde willkommen, bei dem noch nicht vorhersehbar ist, wie er sich wirtschaftlich entwickeln wird. Hier prallen deutsche Erwartungen an betriebswirtschaftliche Vorausschau und chinesischer Pragmatismus („wir fangen erst mal an…“) aufeinander. 

Dieser Konflikt setzt sich auf der Ebene der Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen, die ebenfalls an den wirtschaftlichen Erfolg der Neuansiedlung geknüpft sind, fort. Dies ist bedauerlich, denn eine Willkommenskultur sollte insbesondere für solche Menschen gelten, die gewillt sind, hier zu investieren und kein Interesse daran haben, die deutschen Sozialsysteme in Anspruch zu nehmen.

Let‘s go west? Investitionen im Ausland unter schärferer Kontrolle

Das Umfeld für Investitionen ist aber auch auf chinesischer Seite nicht einfacher geworden. Zu einem zentralen Problem hat sich die Frage entwickelt, ob der chinesische Investor in der Lage ist, sein Investment in Euro oder Dollar zu bezahlen. Die chinesische State Administration for Foreign Exchange (SAFE) überprüft mittlerweile sehr genau, ob das Investment sinnvoll im Sinne einer strategischen Akquisition ist. Investitionen, die den Anschein erwecken, sie könnten dem Parken von Geld im Ausland dienen, sollen unterbunden werden. 

Kapitalfluss aus China wird weiterhin streng kontrolliert

Auch wenn Statistiken der chinesischen Zentralbank zufolge Chinas Devisenreserven Ende August gegenüber dem Ende des vorherigen Monats um 10,8 Milliarden US-Dollar auf circa 3,09 Billionen US-Dollar gestiegen sein sollen, wird der Kapitalfluss von Devisen weiter streng kontrolliert. 

Eine weitere Hürde hat sich im Jahr 2017 aufgetan, indem der chinesische Staat eine neue Behörde errichtet hat, die die Rechtmäßigkeit von Auslandsinvestitionen überprüft, die National Development and Reform Commission (NDRC). Die NDRC ist eine Einrichtung der Zentralregierung und Aufsichtsbehörde für nationale wirtschaftliche Entwicklung. Erste Erfahrungen zeigen, dass die Überprüfung auf jeden Fall zu Verzögerungen bei der Umsetzung von Unternehmensverkäufen führen kann. 

Alles schwierig? Nein!

Die Erläuterungen zeigen, dass das Umfeld für Investitionen aus China nicht einfacher geworden ist. Dennoch ist das Interesse an einer Zusammenarbeit und an Investitionen auf beiden Seiten sehr hoch. Insbesondere der Druck auf chinesischer Seite, die Industrie zu modernisieren, ist enorm gestiegen. Höhere Kosten, insbesondere Lohnkosten, zwingen zur Effizienzsteigerung. 

Und deutsche Unternehmen bleiben auf die ausländischen Absatzmärkte angewiesen. Gerade der Mittelstand im Sinne inhabergeführter Unternehmen wird Probleme wie z. B. fehlende Nachfolge oder Internationalisierung zumindest teilweise mit chinesischen Partnern lösen können. Die beschriebenen Hürden auf beiden Seiten werden dazu führen, dass sich die Spreu vom Weizen trennt. Und das ist letztlich im Interesse aller Beteiligten.