bdp aktuell sprach mit Marc Speidel, Geschäftsführender Gesellschafter der Lewisfield Deutschland GmbH über die Anleihen im Bereich der erneuerbaren Energien und Finanzierungen in Zeiten von Krisen

Im März hat das brandenburgische Unternehmen Sunfarming eine zweite Anleihe mit einem Volumen von bis zu 15 Mio. Euro emittiert, nachdem zuvor eine Anleihe über 10 Mio. Euro erfolgreich platziert wurde. Was macht das Unternehmen für die Zeichner von Mittelstandsanleihen so interessant?

Marc Speidel: Bei Sunfarming handelt es sich um einen Projektentwickler im Bereich der Fotovoltaik, der seit über 15 Jahren erfolgreich am Markt agiert und über eine vergleichsweise hohe Eigenkapitalquote verfügt. Vor allem die geplante Ausweitung der Förderkulisse für erneuerbare Energien, durch welche Fotovoltaik vor allem auf Agrarflächen förderfähig werden soll, lässt ein weiteres Marktwachstum erwarten. So sollen mit den Mitteln aus der Anleihe Solarprojekte vor allem in Norddeutschland und Brandenburg vorfinanziert werden. Diese Projekte zeichnen sich dadurch aus, dass die klassische Landwirtschaft dabei weiterhin betrieben werden kann, da die Fotovoltaikmodule sehr wenig Fläche beanspruchen. Das heißt, es kommt zu keiner Umwidmung von wertvoller Agrarfläche.

Wie bewerten Sie generell den Anleihemarkt im Bereich der erneuerbaren Energien?

In diesem Markt besteht eine hohe Nachfrage nach entsprechenden Produkten und Anlagen sowie der damit unmittelbar verbundenen Projektentwicklung und somit eine ungebremste Nachfrage nach Liquidität bzw. Wachstumskapital. Hinzu kommen noch weitere Nachhaltigkeitsthemen wie etwa die Erhöhung der Energieeffizienz von Bestandsimmobilien. All dies wird politisch forciert, gerade auch im Hinblick darauf, sich von russischen Energiequellen wie Gas, Öl und Kohle unabhängig zu machen. Das führt dazu, dass Branchen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz für Anleger weiterhin sehr interessant sind. So ergibt sich auch für die Unternehmen in diesem Bereich die Möglichkeit, mittels einer Anleihe den Kapitalstock für zukünftiges Wachstum aufzubauen.

Welche Möglichkeiten der Finanzierung sind bei Inflation und vor dem Hintergrund zu erwartender steigender Zinsen für den Mittelstand zu empfehlen?

Es bleibt zunächst einmal festzustellen, dass der klassische Bankkredit bei kleinen und mittelständischen Unternehmen immer mehr an Relevanz verlieren wird. Die Banken wollen die Verantwortung und Risiken nicht mehr tragen und auch aufgrund regulatorischer Vorgaben abgeben. So wird es wegen der Sicherheiten Bankkredite mittelfristig nur noch für Immobilien, den Zahlungsverkehr und Maschinen geben.

Aus diesem Grund gewinnen Anleihen und andere alternative Finanzierungen zunehmend an Attraktivität. Daneben sollten Unternehmen auch Lieferantenkredite und ihre Optionen zur Forderungsfinanzierung stärker in Erwägung ziehen. Ebenso sind die Möglichkeiten, welche die Bundesregierung auf den Weg bringt oder schon gebracht hat, als wichtiger Baustein im Finanzierungsmix zu betrachten.

Was wäre das konkret?

Da der Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF Mitte des Jahres auslaufen soll, plant die Bundesregierung ein Schutzschild für die vom Krieg betroffenen Unternehmen. In der aktuellen Situation geht es für die Unternehmen vor allem darum, kurzfristig Liquidität sicherzustellen und extreme Erdgas- und Strompreisanstiege in energie- und handlungsintensiven Branchen unmittelbar zu dämpfen. Dazu ist ein KfW-Kreditprogramm mit zwei Programmkomponenten geplant: eines für Kredite im standardisierten Durchleitgeschäft über Hausbanken bis zu einem Kreditvolumen von 100 Mio. Euro und eine für individuelle, großvolumige Konsortialfinanzierungen. Dazu muss die Betroffenheit, die aus Sanktionen gegenüber Russland und Belarus oder den Kriegshandlungen in der Ukraine resultieren, etwa in Form von Produktionsausfällen nachgewiesen werden. Hohe Betroffenheit liegt auch vor, wenn der Energiekostenanteil bei 3 % vom Umsatz liegt. Für Unternehmen, die wegen deutlich gestiegener Energiekosten bei Gas und Strom stark belastet sind, wird es für den Zeitraum Februar bis September 2022 einen zeitlich befristeten Kostenzuschuss erhalten. Denkbar ist auch, dass die in der Corona-Pandemie bewährten Eigenkapital-Instrumente zur Unterstützung der Unternehmen weiterentwickelt werden.

Was sollten kleine und mittelständische Unternehmen jetzt tun, um die zunehmenden Schulden wieder abzubauen?

Neben der Einbeziehung von professionellen Restrukturierungsberatern wie bdp oder Finanzierungsexperten wie der Lewisfield Deutschland sollten die folgenden drei Wege genutzt werden. Erstens: Soweit möglich Eigenkapital einsetzen, um Fremdkapital zu ersetzen. Hier zeigt sich jedoch häufig das Problem, dass gerade diese Unternehmen nicht unbegrenzt Eigenkapital aufbringen können. Ein zweiter Weg zur kurzfristigen Vermeidung von Überschuldung ist der Schuldenaufschub durch Prolongation, wenn zukünftig wieder gute Geschäfte zu erwarten sind. Als dritte Option sollte man die Möglichkeiten des neuen StaRUG, dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen nutzen. Mit diesem Gesetz kann eine Restrukturierung präventiv und außerhalb einer Insolvenz erfolgen.