Ulrich Kissing, der neue Vorstandsvorsitzende der IBB über seine Prioritäten und spezielle Finanzierungsangebote in der Krise

____Herr Kissing, seit gut 100 Tagen sind Sie Vorstandsvorsitzender der Investitionsbank Berlin (IBB). Haben Sie schon eine Vorstellung, wo in Zukunft die Prioritäten der IBB liegen werden?

Ulrich Kissing: Hier fällt mir sofort das Stichwort „Industrie“ ein. Wir alle wissen, dass Berlin Industrie benötigt, um Beschäftigung und nachhaltiges Wachstum zu generieren. Deshalb sehe ich es als eine  vorrangige Aufgabe an, mit der IBB den Bestand der Industrie und die Fortentwicklung der Wachstumsfelder der Stadt zu unterstützen. Dabei  werden wir unser darlehensbasiertes Fördergeschäft weiter ausbauen.

____Apropos Darlehen:  Sehen Sie vor dem Hintergrund der Finanzkrise derzeit eine Kreditklemme in Berlin?

Tatsächlich bemerken auch wir als Förderbank die Auswirkungen der Krise und damit eine gewisse Zurückhaltung bei Anfragen nach Investitionsvorhaben. Das trifft auf die Größenordnung über 3 Millionen Euro zu. Bei der Anzahl der Finanzierungszusagen liegen wir per Ende Oktober beim Vorjahreswert, beim Volumen 25 Prozent unter dem Vergleichswert des Vorjahres. Berücksichtigten wir die große Konsortialfinanzierung in Höhe von 310 Millionen Euro für den Flughafen Berlin-Brandenburg International, würden wir deutlich über dem Vorjahreswert liegen.

____Hat die IBB spezielle Angebote im Köcher, die Unternehmen in der Krise helfen können?

Ja. Ein Beispiel ist unser „IBB-Wachstumsprogramm“, das wir entsprechend erweitert haben. Bisher war es so, dass Unternehmen über das Programm lediglich Investitionen finanzieren konnten. Jetzt können  von dem Förderkredit auch solche Betriebe profitieren, die Geld benötigen, um damit Aufträge vorzufinanzieren, Kredite umzuschulden oder einfach nur, um Löhne und Gehälter trotz Umsatzflaute weiter bezahlen zu können.

____Wie sieht es bei den Mikrokrediten aus? Sie waren ja seit ihrem Start im Jahr  2007 ein Renner unter den IBB-Produkten.

Zunächst einmal sieht bei uns die Praxis inzwischen so aus, dass Existenzgründer und KMU seit einigen Wochen Mikrokredite bis zu einer Höhe von 25.000 Euro in einem vereinfachten Verfahren erhalten können. Bisher war dies nur bei Mikrokrediten bis zu einer Obergrenze von 10.000 Euro möglich. Gerade für Existenzgründer und bestehende kleine Unternehmen sind kurzfristige Finanzierungszusagen oft entscheidend. Eine positive Nachricht ist, dass die Wirtschaftskrise bisher keine nennenswerten Auswirkungen auf die Nachfrage nach Mikrokrediten hat, weder nach oben noch nach unten. Im laufenden Jahr (Stand: 30.11.2009) hat die IBB 163 Mikrokredite mit einem Gesamt-Volumen von 1,46 Millionen Euro bewilligt. Damit wurden 174 Arbeitsplätze geschaffen. Knapp 20 Prozent der Anträge fielen in das Kompetenzfeld Medien- und Kulturwirtschaft. Gerade dort sind kleine Beträge oft wichtig für eine Gründung bzw. den Fortbestand eines Unternehmens.

____Welche Rolle spielen neben der rein finanziellen Förderung gegenwärtig die Beratungsleistungen der IBB?

Die IBB stellt zahlreiche Formen von Beratungsleistungen zur Verfügung, so etwa das Technologie Coaching Center und das Kreativ Coaching Center. Hinzu kommen der Businessplan-Wettbewerb und natürlich die normale Beratung in den Kundenzentren der Wirtschafts- und  Immobilienförderung. Damit kommt sie ihrem Förderauftrag sehr intensiv nach. Allein in diesem Jahr haben wir bereits mehr als 10.000 Beratungsgespräche – 6.600 in der Wirtschafts- und 4.000 in der Immobilienförderung – durchgeführt. Das sind beachtliche Zahlen!

____Herr Kissing, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Ulrich Kissing
ist Vorsitzender des Vorstands der Investitionsbank Berlin (IBB). Er begann seine Bankenlaufbahn 1986 bei der Deutschen Bank. Sein Amt bei der IBB trat er im September 2009 an: www.ibb.de