Nachlässigkeiten bei offenen Ladenkassen und EC-Buchungen kosten bares Geld. Manipulationssichere Kassen kommen doch erst 2020

Das Thema ordnungsgemäße Kassenführung steht bei der Finanzverwaltung hoch im Kurs. Wer sich bei Fehlern ertappen lässt, muss mit Hinzuschätzungen rechnen. Daran ändert auch nichts, dass das BMF die ursprünglich für 2017 geforderte Einführung manipulationssicherer Kassensysteme sowie die neue Kontrollmöglichkeit einer Kassen-Nachschau (vgl. bdp aktuell 131) zunächst auf 2020 verschiebt. Wir erläutern in dieser Ausgabe die neuen Fristen zur Aufrüstung elektronsicher Kassensysteme und stellen dar, wie offene Ladenkassen ordnungsgemäß geführt und EC-Karten-Umsätze ordnungsgemäß verbucht werden müssen.

In der letzten Ausgabe von bdp aktuell haben wir über die verschärften Anforderungen an elektronische Kassensysteme ab Beginn des Jahres 2017 berichtet. Diese sehr zeitnahe Umstellung wurde seitens des Steuerberaterverbandes heftig kritisiert, weil viele Steuerpflichtige überstürzt neue Kassensysteme anschaffen müssten, bevor überhaupt erwiesen ist, dass diese den zukünftigen noch höheren Anforderungen genügen. Die Pflicht zur Umrüstung auf zertifizierte Sicherheitseinrichtungen in elektronischen Kassensystemen wurde daher mit dem geänderten Gesetzesentwurf des BMF vom 13.07.2016 auf Beginn des Jahres 2020 verschoben.

Erhöhter Schutz vor Manipulationen kommt doch erst ab 2020

Für Kassen, die im Zeitraum vom 26.11.2010 bis 31.12.2019 angeschafft wurden oder werden und den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26.11.2010 genügen, allerdings bauartbedingt nicht durch ein Sicherheitssystem aufrüstbar sind, wurde sogar eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2022 eingeräumt. Somit sollen Mehrfachbelastungen für Unternehmer vermieden werden, die erst vor kurzem neue Kassensysteme angeschafft haben oder dieses für die nähere Zukunft planen.

Speichermedium ab 2017 Pflicht

Die mit BMF-Schreiben vom 26.11.2010 eingeräumte „Gnadenfrist“ für elektronische Kassen, welche keine Aufrüstung durch ein Speichermedium zulassen, bleibt vom aktualisierten Gesetzesentwurf unberührt und läuft somit am 31.12.2016 aus. Die seinerzeit eingeführte Pflicht zur Einzelaufzeichnung und zur Verwendung einer Datenexportschnittstelle zum Sichern aller steuerlich relevanten Daten einer elektronischen Kasse auf einem Speichermedium besteht folglich ab Beginn des Jahres 2017. In den auf diesem Wege erfassten Kassenvorfällen muss eine Unterscheidung zwischen baren und unbaren Vorgängen möglich sein.

Die generierten Aufzeichnungen müssen während der Dauer der Aufbewahrungsfrist unveränderbar und vollständig aufbewahrt werden. Dabei genügt es nicht, diese in ausgedruckter Form vorzuhalten, weil diese Daten unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar sein müssen. Weiterhin ist zu beachten, dass jegliche dem Gerät zugehörigen Organisationsunterlagen, wie z. B. Bedienungs- und Programmieranleitungen, aufbewahrt werden müssen. All diese Aufzeichnungen müssen für jedes Kassensystem oder kassenähnliche System getrennt geführt und auf einem Datenträger aufbewahrt werden.

Unternehmer, die derzeit die Neuanschaffung von Kassen planen, sollten darauf achten, dass diese zukunftssicher aufrüstbar bleiben, damit eventuelle höhere Anforderungen kostengünstig erfüllt werden können.

Kassen-Nachschau erst 2020

Über die neue Kontrollmöglichkeit von Kassen in Form der Kassen-Nachschau haben wir bereits in der letzten Ausgabe von bdp aktuell berichtet. Diese kann auf alle Formen von Kassensystemen, wie z. B. computergestützte Kassensysteme, Registrierkassen und offene Ladenkassen, angewendet werden. Die Einführung der Kassen-Nachschau wurde mit dem aktuellen Gesetzesentwurf auf Beginn des Jahres 2020 verschoben.

Offene Ladenkasse

Auch in Zukunft besteht keine Verpflichtung zur Verwendung elektronischer Kassensysteme, weshalb die Führung einer offenen Ladenkasse noch immer möglich ist. Besonders vor dem Hintergrund der höheren Anforderungen an elektronische Kassen ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung nun auch auf die offenen Ladenkassen einen genaueren Blick wirft. Daher werden wir in diesem Beitrag erläutern, wie diese ordnungsgemäß zu führen ist, um Sanktionen und Hinzuschätzungen zu vermeiden.

Die offene Ladenkasse ist eine Barkasse, die ohne jegliche technische Unterstützung geführt wird. Als Behältnis für das Bargeld werden z. B. gewöhnliche Geldkassetten oder Schubladen in der Theke genutzt.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass diese, wie auch bei anderen Geschäftsaufzeichnungen, so geführt werden müssen, dass sich ein sachverständiger Dritter innerhalb kurzer Zeit einen Überblick über die Geschäftslage und Unternehmensvorfälle verschaffen kann.

Gemäß § 146 Abs. 1 AO sollen alle Einnahmen und Ausgaben der Kasse täglich erfasst werden. Wird ein Großteil der Umsätze des Unternehmens über Barumsätze getätigt, (über 10 %) ist dieses als Mussvorschrift zu verstehen.

Um die Tageseinnahmen zu ermitteln, sind tägliche Kassenberichte zu erstellen. In diesen werden dem ausgezählten Kassenbestand am Ende des Tages die Barausgaben und Barentnahmen des jeweiligen Tages zugerechnet und die Bareinlagen sowie der Kassenendbestand des Vortages abgezogen. Dieses Vorgehen wird als retrograde Methode bezeichnet. Die Sammlung dieser Kassenberichte stellt dann das Kassenbuch des Unternehmens dar.

Jegliche Barausgaben, Bareinlagen und Barentnahmen sind durch entsprechende Belege nachzuweisen. Bei den Barausgaben handelt es sich dabei meistens um die jeweiligen Kassenbons bzw. Rechnungen. Die Barentnahmen und –Einlagen sind, sofern nicht z. B. eine Einzahlungsquittung der Bank vorliegt, durch Eigenbelege, welche datiert und unterschrieben werden müssen, nachzuweisen. Auf diesem Wege sind auch Privatentnahmen oder Privateinlagen zu belegen. Sind nicht alle Geschäftsvorfälle lückenlos erklärbar, handelt es sich um einen schwerwiegenden Mangel in der Kassenführung, der das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung dazu berechtigt, Hinzuschätzungen vorzunehmen.

Zusätzlich ist es empfehlenswert, dem jeweiligen täglichen Kassenbericht ein Zählprotokoll über den ausgezählten Kassenbestand beizufügen. Diese Zählprotokolle sollten die jeweilige Anzahl aller Arten von Münzen und Scheinen sowie deren Summen und die Gesamtsumme darstellen. Die Protokolle sind von derjenigen Person zu unterschreiben, die den Kassenbestand gezählt hat.

Diese Zählprotokolle sind zwar gesetzlich weder durch das HGB noch die AO gefordert, sind aber vorteilhaft, um gegenüber dem Finanzamt belegen zu können, dass der Kassenbestand tatsächlich durch eine tägliche materielle Bestandskontrolle aufgenommen wird. Dazu hat der BFH mit Urteil vom 25.03.2015 klarstellend darauf hingewiesen, dass das Fehlen täglicher Protokolle über die Auszählung der offenen Ladenkasse einen gravierenden formellen Mangel darstellt, welcher schon allein zu Hinzuschätzungen berechtigt.

Ein progressiv aufgebauter Kassenbericht, bei dem der Anfangsbestand des Tages um die Summe der Einnahmen erhöht und um die Summe der Ausgaben aller Art gekürzt wird, stellt keine präzise Erfassungsmethode dar. Es kann nämlich schnell passieren, dass eventuell bereits um Ausgaben gekürzte Einnahmen erfasst werden und so die steuerpflichtigen Umsätze des jeweiligen Tages unzutreffend dargestellt werden. Zudem wird der Kassenbestand auf diesem Wege lediglich rechnerisch ermittelt und würde die tägliche Auszählung überflüssig machen. Somit ist diese Berechnung anfällig für Rechenfehler, und die jeweiligen Tagesendbestände der Kasse könnten nicht mit vollkommener Sicherheit nachgewiesen werden.

Essenziell ist zudem, dass die retrograd aufgebauten Kassenberichte tatsächlich täglich erstellt werden. Da nach der Rechtsprechung des BFH jederzeit ein Kassensturz möglich sein muss, bei dem die Sollbestände (laut Kassenbericht) mit den Istbeständen (tatsächlich gezählter Bestand) verglichen werden können, dürfen die Berichte nicht erst zum Ende des Monats oder gar im Rahmen der Finanzbuchhaltung durch den Steuerberater erstellt werden.

Besonders vor dem Hintergrund der neu eingeführten Kassen-Nachschau, bei welcher Finanzbeamte ohne Voranmeldung die Kassenführung überprüfen dürfen, ist die tägliche Aufzeichnung der Berichte sehr wichtig.

Um den Grundsätzen ordnungsgemäßer Kassenführung Sorge zu tragen, muss die Unveränderbarkeit der Aufzeichnungen sichergestellt sein. Daher ist es nicht empfehlenswert, die Kassenberichte mit Tabellenkalkulationsprogrammen, wie z. B. Excel von Microsoft zu erstellen, weil die erstellten Dateien jederzeit verändert werden können. Das Datum der letzten Änderung ist zwar immer erkennbar, jedoch ist nicht ersichtlich, was im Detail geändert wurde. Auch bei der Verwendung eines Bleistifts ist die Unveränderbarkeit nicht gewährleistet, da die Möglichkeit des unauffälligen Radierens besteht. Folglich sollte bei der Erstellung ein unveränderliches Schreibgerät, wie z. B. ein Kugelschreiber, verwendet werden.

Weitere Auffälligkeiten wären z. B. bei einem Unternehmer, der mehrere Filialen mit verschiedenen Mitarbeitern unterhält, dass alle Kassenberichte dasselbe Schriftbild aufweisen. Hier wäre es offensichtlich, dass die Kassenberichte und Zählprotokolle nicht vom jeweiligen Mitarbeiter der Filiale erstellt wurden. Auch auffällig häufig auftretende glatte Beträge weisen auf eine nicht exakte Auszählung hin. Außerdem kommen in der Praxis häufig hohe rechnerische Kassenbestände vor, um Kassenfehlbestände durch mangelhafte Aufzeichnungen zu kaschieren.

Buchung von EC-Karten-Umsätzen

In Unternehmen mit einem hohen Umsatz durch Bargeschäfte wird auch häufig per EC-Karte gezahlt. Meistens werden dabei in der Praxis die gesamten Umsätze aus Barzahlung und EC-Zahlung in der Kasse als Einnahme erfasst und dann werden die Kartenumsätze als Ausgabe erfasst, damit der buchmäßige Kassenbestand dem tatsächlichen entspricht.

Da die Aufzeichnungen im Kassenbuch oder in Kassenberichten ausschließlich bare Geschäftsvorfälle beinhalten dürfen, entspricht dieses Vorgehen jedoch nicht den rechtlichen Vorgaben. Im Wesentlichen wird somit gegen die Grundsätze der Wahrheit und Klarheit in der Buchführung verstoßen, weil der buchmäßige Kassenbestand so nicht mit dem tatsächlichen Bestand übereinstimmen kann und die Kassensturzfähigkeit so nicht gegeben ist.

Werden Kartenumsätze über Transitkonten gebucht, wird dieses durch die neuen Prüfungstechniken für Betriebsprüfer als Verstoß gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung gewertet, wodurch es seitens des Finanzamtes zu Hinzuschätzungen zum Umsatz und Gewinn kommen kann.

Im Falle der Gewinnermittlung per Einnahmen-Überschuss-Rechnung sollten die Kartenumsätze daher erst in der Bank als Erlös gebucht werden, ohne ein Transitkonto aus der Kasse zwischenzuschalten. Bei der Gewinnermittlung über den Vermögensvergleich (Bilanz) ist anzuraten, die Kartenumsätze über ein Forderungskonto anstelle eines Transitkontos zu buchen.

Fazit

Mit dem geänderten Gesetzesentwurf zur Kassenführung ist die Finanzverwaltung von der geforderten sehr zügigen Umstellung auf gesicherte elektronische Kassensysteme zurückgerudert. Dies heißt jedoch nicht, dass es bei der jetzigen Kassenführung oder bei der Verwendung der vorhandenen Kassensysteme bleiben soll. Daher sollte der Zeitaufschub genutzt werden, um sich besser mit den neuen Anforderungen auseinanderzusetzten und sich für die Zukunft zu wappnen. Entsprechend der höheren Anforderungen an elektronische Kassensysteme sollte auch die derzeit eventuell mangelhafte Führung von offenen Ladenkassen überdacht werden, um nicht in Zukunft Opfer von Hinzuschätzungen aufgrund der oben angesprochenen Mängel zu werden.