Strategische Ziele können in vier logischen Schritten entwickelt werden

In unserer Serie zur Überprüfung der Unternehmensstrategie erläutern wir Methoden, mit denen Sie Ihr Unternehmen strategisch neu ausrichten können. In der letzten Ausgabe von bdp aktuell hatten wir Sie über relevante Trends im Markt informiert. In dieser Ausgabe möchten wir zunächst erläutern, wie Sie strategische Oberziele bestimmen. Dies werden wir sodann vertiefen und beschreiben, wie Sie in vier Schritten Ihre strategischen Ziele festlegen können.

Kennen Sie Ihre strategischen Ziele?

Wenn wir uns von der Natur inspirieren lassen, dann möchte jedes Lebewesen überleben. Und wenn also das größte anzunehmende Übel für jedes organische System die Vernichtung der eigenen Existenz ist, dann sollte das eigene Überleben auch für ein profitorientiertes Unternehmen das wichtigste Ziel darstellen. Was Sie noch vor allen anderen Zielen unbedingt vermeiden müssen, ist zwangsweises Ausscheiden aus dem Markt. Dafür gibt es aber objektiv nur zwei Gründe, nämlich die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung.

Selbst wenn Sie eine hohe Reklamationshäufigkeit, unzufriedene Kunden, rückläufige Preise oder andere negative Indikatoren konstatieren müssen: Nur Liquiditätsmangel oder Überschuldung sorgen schlussendlich für das zwangsweise Ausscheiden Ihres Unternehmens aus dem Markt. Umgekehrt lassen sich daraus die strategisch wichtigsten Oberziele für jedes Unternehmen ableiten:

  • Gewährleistung einer ausreichende Liquidität (Orientierung am Cashflow, „Cash is King“)
  • Stabilisierung oder gar Steigerung des Eigenkapitalwerts

Wenn Ihr Unternehmen immer ausreichende Liquidität hat und der Marktwert des Eigenkapitals stabil bleibt (oder steigt) ist ein zwangsweises Ausscheiden Ihres Unternehmens aus dem Markt ausgeschlossen.

Wenn Sie diesen Überlegungen folgen, dann haben Sie auch auf Ihre strategische Oberzielrichtung festgelegt: die Steigerung des Unternehmenswertes. Daraus lassen sich die Unterziele entwickeln. Die Entwicklung strategischer Unterziele ist in vier logisch aufeinander aufbauende Schritte unterteilt:

Wichtig für den Prozess der strategischen Zielentwicklung ist die Zusammenstellung und richtige Besetzung eines Strategieteams. Sorgen Sie dafür, dass überwiegend aktive Führungspersonen und in der Belegschaft anerkannte Mitarbeiter verschiedener Funktionsbereiche mitwirken. Das sichert eine ganzheitliche Sicht und fördert die Akzeptanz der Ergebnisse auch bei denen, die an der Strategieentwicklung nicht direkt beteiligt sind.

Akteure im Strategieteam

Die typische Zusammensetzung eines Strategieteams ist:

  • Geschäftsführer
  • Eigentumsvertreter
  • Entwicklungsleiter
  • Vertriebsleiter
  • Produktionsleiter
  • Abteilungsleiter Controlling
  • Produkt- oder Projektmanager
  • externe Wirtschaftssachverständige bzw. Berater, die das Unternehmen kennen

Die Entwicklung strategischer Ziele ist in vier logisch aufeinander aufbauende Schritte unterteilt:

  • Schritt 1: Ausgangssituation beschreiben (IST-Zustand)
  • Schritt 2: Produkte und Märkte analysieren
  • Schritt 3: Strategische Optionen ableiten und bewerten
  • Schritt 4: Strategischen Fokus festlegen

Schritt 1: Ausgangssituation beschreiben (IST-Zustand)

Schritt 1 beschreibt den IST-Zustand und die angestrebte Entwicklung eines Unternehmens vor dem Hintergrund des Geschäftsumfelds. Hier werden folgende Informationen erhoben und im Strategieteam diskutiert, um einen Konsens über die Ausgangssituation herzustellen:

  • Unternehmenskurzprofil inkl. Ergebnisentwicklung
  • allgemeine Unternehmensziele (Mission, Vision, Leitbild)
  • Geschäftsumfeld (Möglichkeiten und Bedrohungen)

Kurzprofil

Zunächst ist das zu analysierende Unternehmen anhand einiger allgemeiner Rahmendaten (Sitz, Rechtsform, Branche etc.) und Ergebniskennzahlen (Größe, Umsatzentwicklung etc.) in einem Kurzprofil zu beschreiben. Als Input für die Beschreibung allgemeiner Unternehmensziele sollten die wesentlichen Aussagen zur angestrebten Unternehmensentwicklung mit den Eigentümern bzw. der Geschäftsleitung diskutiert und aufbereitet werden. Vorhandene und dokumentierte Zielformulierungen Ihres Unternehmens sollten dabei Berücksichtigung finden. Es können beispielsweise Strategiepapiere auf der Gesamtunternehmensebene und ggf. für einzelne Geschäftsfelder oder eine Dokumentation des SOLL-Zustands in Form von Vision, Mission und/oder Leitbild vorliegen.

Allgemeine Unternehmensziele

Die Unternehmensziele sind übergeordnete Vorgaben der Eigentümer zur angestrebten Unternehmensentwicklung und können sich auf Wachstum, Rentabilität oder allgemeine qualitative Ziele beziehen. Zur Unterstützung können zentrale Ergebnisindikatoren festgelegt werden. Für die vergangenen zwei bis drei Geschäftsjahre sind die IST-Werte zu ermitteln. Für das laufende und für zukünftige Geschäftsjahre können SOLL-Werte vergeben werden, um die angestrebte Unternehmensentwicklung mit einigen wenigen Zahlen und Fakten zu veranschaulichen.

Geschäftsumfeld

Das Geschäftsumfeld bezeichnet die Umwelt einer Organisation. Im Geschäftsumfeld liegen die Möglichkeiten und Risiken für die Organisation, aus denen sich die Ausgangssituation für die Geschäftstätigkeit bestimmt.

Schritt 2: Produkte und Märkte analysieren

In diesem Schritt werden zunächst die Produkte und Märkte kategorisiert, um dann ihren jeweiligen Beitrag zum gesamten Geschäftsergebnis zu beurteilen. Zur visuellen Darstellung werden die gewonnenen Erkenntnisse in einem Produkt-Markt-Diagramm dargestellt.

Als Ergebnis dieses Schritts werden das aktuelle Produktportfolio und die aktuelle Marktsituation des Unternehmens bewertet.

Produkte: Die Kategorie Produkte wird im weitesten Sinne verstanden als alle Leistungen, die ein Unternehmen herstellt und vertreibt. Jegliche Art von Dienstleistung ist explizit eingeschlossen.

Märkte: Unter Märkte sind die wesentlichen Kundengruppen bzw. (territoriale oder branchenbezogene) Marktsegmente zusammengefasst, die das Unternehmen bedient.

Geschäftsfeld: Produkt- und Marktsegmente können auch zu Geschäftsfeldern zusammengefasst werden. Ein (strategisches) Geschäftsfeld ist definiert als eine homogene Produkt-Markt-Kombination. Hier ist das Hauptkriterium die unternehmensübliche Einteilung.

Produktsegment-/ Marktsegment-Portfolio: Das Produkt- und Marktsegment-Portfolio stellt die IST-Werte der Bewertungsdimensionen Wachstumspotenzial, Erfolgsbeitrag und relativer Umsatzanteil idealerweise grafisch dar. Sie erhalten damit einen schnellen Überblick über die aktuellen Stärken und Schwächen Ihres Produktportfolios bzw. Ihrer Absatzmärkte.

Schritt 3: Strategische Optionen ableiten und bewerten

Optionen ableiten

Ausgangspunkt für die Ableitung strategischer Optionen sind die in Schritt 1 erfassten allgemeinen Unternehmensziele und aktuellen Trends im Geschäftsumfeld („Opportunities & Threats“) sowie die in Schritt 2 untersuchte IST-Situation der bestehenden Produkt- und Marktsegmente und ihr Wachstumspotenzial. In diesem dritten Schritt leiten Sie aus den gewonnenen Erkenntnissen strategische Optionen ab und bewerten diese.

Die Produkt-Markt-Matrix stellt ein systematisches Denkraster potenzieller Wachstumsstrategien dar. Hierbei werden vier Grundstrategien des Wachstums bzw. der Geschäftsmodellentwicklung vorgeschlagen.

Schaubild: Produkt-Markt-Matrix

Mithilfe der Produkt-Markt-Matrix können nun mögliche Entwicklungsszenarien für das bestehende Geschäftsmodell strukturiert gesammelt und dokumentiert werden.

In einer zweidimensionalen Kombination von vier Quadranten werden mithilfe von Leitfragen die jeweiligen Optionen zur Entwicklung des Geschäftsmodells strukturiert gesammelt:

  • Marktdurchdringung: Wie kann mit den bestehenden Produkten in den bestehenden Zielmärkten noch mehr Umsatz bzw. Ertrag abgeschöpft werden?
  • Produktdifferenzierung: Wie können die bestehenden Produkte weiterentwickelt werden? Wie könnten völlig neue Produkte das bestehende Produktportfolio sinnvoll ergänzen?
  • Markterweiterung: Auf welche neuen Märkte können bestehende Produkte und Erfahrungen aus den bisherigen Zielmärkten übertragen werden?
  • Diversifikation: Mit welchen neuen Produkten können völlig neue Kundengruppen und Märkte erschlossen werden?

Das Ergebnis ist eine Liste mit klar definierten und abgegrenzten Optionen zur möglichen Entwicklung der bestehenden Geschäftsfelder bzw. des bestehenden Geschäftsmodells.

Optionen bewerten

Diese Optionen können nun im nächsten Schritt bewertet werden. Dabei wird nach den Chancen und Risiken der jeweiligen Option gefragt und im Strategieteam auf Basis der vorliegenden Daten und bisher gesammelten Informationen diskutiert. Beachten Sie auch, dass die Chancen und Risiken, die eine Option birgt, einerseits an den Möglichkeiten und Bedrohungen im Geschäftsumfeld gespiegelt werden müssen und andererseits auf die Ausgangssituation, also das bestehende Produktportfolio mit seinen spezifischen Wachstumspotenzialen, bezogen sein müssen.

Operationalisiert wird die Einschätzung der Chancen einer strategischen Option durch das Umsatzpotenzial, das im besten Fall und im ungünstigsten Fall generiert werden kann.

Die Risikoseite sollte nicht nur die Kosten und den Aufwand von Maßnahmen zur direkten Umsetzung einer strategischen Option (z. B. die Entwicklung eines neuen Produkts als Investitionsaufwand) einbeziehen, sondern auch mögliche Folgekosten oder gar finanzielle Schäden, die durch das Scheitern oder die falsche Umsetzung entstehen könnten.

Schritt 4: Den strategischen Fokus festlegen

In diesem Schritt erfolgt eine Auswahl einer strategischen Option (oder eine Bündelung mehrerer Optionen) auf Basis der Bewertung aus dem vorigen Schritt sowie eine Zusammenfassung der fokussierten Option. Daraus werden abschließend die eigentlichen strategischen Ziele abgeleitet.

Mit einem Soll-Ist-Vergleich sollte die ausgewählte strategische Option auf den Ebenen Produkte und Märkte in einer Tabelle zusammengefasst werden. Dabei wird der IST-Zustand des bestehenden Geschäftsmodells dem Soll-Zustand des zukünftigen Geschäftsmodells gegenübergestellt, um aus der Differenz, d. h. die strategische Lücke, abzuleiten.

So kann die angestrebte Entwicklung des Geschäftsmodells einfach und übersichtlich zusammengefasst werden. Aus der strategischen Lücke, also der Differenz zwischen IST und SOLL, lassen sich nun konkrete strategische Ziele ableiten.

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