Teure Abhängigkeiten sowie Korruptions- und Betrugsrisiken können durch geeignete Maßnahmen vermieden werden

Nach der Darstellung des Schutzes Ihrer Werte im Unternehmen in den Bereichen IT/EDV (bdp aktuell 73) und Unternehmenswissen (bdp aktuell 74) wird die Reihe mit der Darstellung von Schutzmaßnahmen in den Bereichen Einkauf und Vertrieb abgeschlossen. Vor dem Hintergrund der immer wieder auftretenden Korruptions- und Betrugsfälle in diesen für alle Unternehmen wichtigen Bereichen sollte die Geschäftsleitung hierbei erhöhte Wachsamkeit zeigen.

Extrem große Vermögenswerte werden in den Bereichen Verkauf und Einkauf bewegt, denn in manchen Unternehmen macht der Materialeinsatz bis zu 75 % der Umsatzerlöse aus. Macht sich die Unternehmensleitung diese Dimension bewusst, so werden im Allgemeinen nachfolgende Kernfragen gestellt:

Welche Gefahren bestehen in den Bereichen Einkauf und Verkauf?

Grundsätzlich bestehen folgende hauptsächliche Gefahren:

  • Interessenkonflikte
  • Bevorzugung von Lieferanten/Kunden wegen besonderer Beziehungen
  • Abhängigkeiten von bestimmten Lieferanten/Kunden
  • Korrupte Geschäftspartner, die die Mitarbeiter bestechen, korrumpieren und/oder gemeinsam mit ihnen das Unternehmen betrügen/schädigen

Wie kann die Geschäftsleitung die potenziellen Gefahren für diese beiden Bereiche überprüfen und identifizieren?

Grundsätzlich sind drei Aspekte zu beherzigen:

  • Bewusstsein, dass es Gefahren für das Unternehmen in den Bereichen Einkauf/Beschaffungswesen und Verkauf/Vertrieb gibt
  • Kritische Grundhaltung gegenüber den Lieferanten und Kunden
  • Durchführung von Kontrollen bei Lieferanten und verantwortlichen Mitarbeitern des Einkaufs/der Beschaffung einerseits als auch des Verkaufs/Vertriebs andererseits

Welche Maßnahmen kann ich zur Vermeidung von Korruption und Betrug ergreifen?

Da meist erst geschädigte Unternehmen ein geschärftes Verständnis in die Notwendigkeit der Prävention haben, plädieren wir dafür, dass die Unternehmen nicht erst den Schadensfall abwarten, um präventiv aktiv zu werden. Werfen Sie die These: „Bei mir im Unternehmen gibt es DAS nicht!“ über Bord. Handeln Sie lieber nach dem Motto: „Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser!“ Das soll aber nicht heißen, dass Sie Ihren Mitarbeitern misstrauen sollen, sondern deren gute Arbeit durch Ihre Kontrollen bestätigen.

Grundlegende Maßnahmen zur Vermeidung von Korruption und Betrug in den Bereichen Einkauf und Vertrieb sind die Aufnahme der Ist-Situation, die Analyse möglicher Gefahrenquellen und die Verbesserung bzw. Schaffung von grundsätzlichen (der Unternehmung angepassten) Maßnahmen zur Vermeidung von Korruptions- und Betrugsrisiken.

Durch einen Selbsttest mittels einfacher Fragen wird ein erstes Bild der Ist-Situation im Unternehmen aufgezeigt. Mögliche Fragen bezogen auf die Bereiche Einkauf/Verkauf sind:

  • Gibt es generelle, festgeschriebene Richtlinien für Mitarbeiter des Einkaufs/Verkaufs und für die Lieferanten/Kunden?
  • Könnten Interessenkonflikte zwischen Mitarbeitern des Einkaufs und den Lieferanten einerseits und den Mitarbeitern des Verkaufs und den Kunden andererseits bestehen?
  • Wie wird das „Anfüttern“ bzw. „Locken“ der Mitarbeiter durch Einladungen, Geschenke etc. vermieden oder zumindest nachverfolgt?
  • Dürfen Geschenke, Aufmerksamkeiten etc. von Lieferanten und Kunden angenommen werden? Was geschieht mit den Geschenken?
  • Gibt es planmäßige Rotationen von Mitarbeitern im Beschaffungswesen und/oder Verkauf/Vertrieb?
  • Welche Kontrollen bestehen gegenüber verantwortlichen Mitarbeitern und Lieferanten/Kunden?
  • Gibt es ein Vieraugenprinzip bei Bestellvorgängen und bei Verkaufsvorgängen?
  • Werden wesentliche direkte oder indirekte finanzielle Beteiligungen von Mitarbeitern bei Wettbewerbern oder Geschäftspartnern angezeigt (Nebentätigkeiten)?
  • Wie erfolgt die Auswahl und Beauftragung der Lieferanten und Kunden?
  • Unterschreiben Mitarbeiter wie Lieferanten/Kunden jährlich die Unabhängigkeits- und Firmenregelungen?

Insbesondere für den Verkauf bzw. Vertrieb sollten folgende zusätzliche Fragestellungen beantwortet werden:

  • Wie erfolgt die Belieferung, Rechnungsstellung und Erteilung von Gutschriften, Rabatten, Boni etc.?

Nach der Identifizierung und Ordnung der Risiken sind die Risiken im Hinblick auf ihre Bedeutung zu analysieren und zu ordnen. Um Risiken aktiv zu begegnen, sind Maßnahmen in Form von Regeln und Kontrollen unbedingt erforderlich.

Ausgewählte Maßnahmen sind beispielsweise:

  • Schaffung einer Ethik-Richtlinie, die von allen Mitarbeitern und Lieferanten (Anlage zu den Verträgen) unterschrieben wird
  • Schaffung von klaren Grundsätzen mit eindeutigen Verhaltensregeln (Kodex)
  • Festlegung von Sanktionen bei Fehlverhalten
  • Einrichtung von Kontrollen und Rotationen (bei kleineren Unternehmen: nur Kontrollen)
  • Schaffung von unabhängigen Ausschreibungsverfahren (z. B. Abschaffung der „Haus- und Hoflieferanten“)
  • Vermeidung von Abhängigkeiten und Bonitätsprüfung der Lieferanten/Kunden
  • Schaffung eines zentralen Beschaffungs- und Vertriebswesens mit Lieferungs- und Leistungskontrolle mittels Vieraugenprinzip

Die vorstehenden Ausführungen zur Identifizierung, Bewertung und Schaffung von Maßnahmen zur Begegnung von Korruptions- und Betrugsrisiken sind sicherlich nicht abschließend und vollständig. Die Darstellung soll Sie jedoch für das Thema Korruption und Betrug im Einkauf und Verkauf sensibilisieren. Durch mehr Bewusstsein sollen unsere Ausführungen Ihnen eine Hilfe sein, eine erste schnelle Analyse für Ihr Unternehmen durchzuführen, bestehende Maßnahmen zum Schutz Ihrer Unternehmenswerte zu verbessern oder neue, notwendige Maßnahmen zu schaffen.

… und wenn dann doch einmal etwas schiefgehen sollte?

Es besteht zur Vermeidung des Restrisikos die Möglichkeit der Versicherung. So wäre beispielsweise der Abschluss einer Vertrauensschadensversicherung, die klar benannte Risiken und Fälle beschreibt, im Einzelfall zielführend und sinnvoll.

Für die individuelle und unternehmensspezifische Umsetzung von Präventionsmaßnahmen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Unternehmenswerte schützen