Was kann ein Unternehmen tun, um Teil der Bewegung hin zum klimaneutralen und verantwortungsbewussten Wirtschaften zu werden? Teil 2: Die nachhaltige Unternehmenskultur

Der Druck auf Unternehmen wächst, sich „nachhaltig“ nach modernem Verständnis auszurichten. Was bedeutet das und was kann ein Unternehmen tun, um Teil der Bewegung hin zum klimaneutralen und verantwortungsbewussten Wirtschaften zu werden?

Hierzu sollen in einer dreiteiligen Serie Anregungen gegeben und Leitlinien aufgezeigt werden, was für die Transformation zu beachten ist. Erster Schritt ist, sich eine wirksame Strategie zu überlegen und sich Leitlinien zu setzen. Darum ging es in dem ersten Artikel der Reihe (bdp aktuell 205). 

Im zweiten Teil geht es nun sehr viel praktischer zu. Er widmet sich der Frage, wie die Unternehmenskulturnachhaltig gestaltet werden kann. 

Im dritten und letzten Teil soll es dann um die Berichtspflicht gehen. Dabei soll sowohl dargestellt werden, welche rechtlichen Pflichten ein Unternehmen erfüllen muss, als auch, wie diese Berichtspflicht Chancen für einen Wettbewerbsvorteil bietet.

Der vorliegende zweite Teil der Serie widmet sich also der Unternehmenskultur und wie das konkrete Handeln der Unternehmen nachhaltig gestaltet werden kann. Hierzu sollen zum einen konkrete Tipps und Anregungen, die sich den drei Säulen der Nachhaltigkeit zuordnen lassen, zum anderen auch der übergeordneten Ebene gegeben werden.

Nachhaltigkeit im Gesamtbild

Nachhaltigkeit darf nie nur im Kleinteiligen verstanden werden, es ist immer wichtig, das Gesamtbild im Auge zu haben. Dazu ist es sinnvoll, Menschen die Verantwortung zu übertragen, die Brücken bauen und den Gap im Blick behalten zwischen der konkreten Umsetzung und dem übergeordneten Ziel: der Transformation zu einem nachhaltigen Unternehmen. Dafür müssen die konkreten Handlungen koordiniert und eingeführt, aber auch ausgewertet und auf ihren tatsächlichen Nutzen evaluiert werden.

Dafür etablieren gerade immer mehr Unternehmen entweder ein Nachhaltigkeitskomitee oder Nachhaltigkeitsbeauftragte in allen Bereichen. Wichtig ist hierbei die Vernetzung: Sowohl intern unter allen Beauftragten, damit Strategien abgesprochen implementiert werden, als auch extern, um neue Inspirationen zu bekommen.

Konkrete Nachhaltigkeitstipps für Unternehmen

Einige konkrete Inspirationen, wie ein Unternehmen nachhaltiger werden kann, werden im Folgenden sortiert nach den drei Säulen der Nachhaltigkeit erläutert.

Umwelt

Ausdrucke zu reduzieren gehört wohl zu den meist bekannten Umwelt-Tipps. Aber das Vorhaben Ressourcen zu sparen kann noch viel weiter gedacht werden: Natürlich sollte Papiermüll möglichst an der Quelle reduziert werden. Was ist jedoch mit dem immer mehr anfallenden Elektroschrott? Wo können Geräte weiter verwendet werden und wo muss wirklich ein neues Gerät angeschafft werden? Können Geräte repariert werden? Es gibt mittlerweile erste fair hergestellte Handys und weitere Endgeräte, die sich auch reparieren lassen. Sofern neu gekauft wird, kann recycelt eingekauft werden, wie z. B. Recyclingpapier oder nachfüllbare Seife für Toilettenräume. 

Ein weiterer Punkt ist die Mittagspause: Wie wird im Unternehmen gegessen? Gibt es eine Kantine, wo der Speiseplan vielleicht angepasst werden kann (bspw. immer ein vegetarisches Gericht zur Auswahl)? Oder sind Arbeitnehmende selbst für ihr Essen verantwortlich und bringen es mit oder holen es to go? Gibt es eine Mikrowelle für das selbst mitgebrachte Essen? Oder kann das Unternehmen Tupperware etc. stellen, dass Mitarbeitende sich Essen in wiederverwendbaren Boxen holen können, um so Einwegplastik zu vermeiden?

Insbesondere bei Dienstleistungsunternehmen ist das Reisen häufig ein großer Emissionsverursacher. Hier gilt es Reisen zu überdenken: Sind diese nötig oder sind Videokonferenzen in dem Fall genauso effizient? Lassen sich Autofahrten oder Kurzstreckenflüge durch Bahnfahrten ersetzen? Insbesondere Bahnfahren in der ersten Klasse ermöglicht produktive Arbeitszeit im Vergleich zu Flügen (inklusive unproduktiver Warte- und Umstiegszeit) oder Autofahrten.

Bei allen Unternehmen stellt sich jedoch die Frage, wie die Arbeitnehmenden zur Arbeit kommen. Je nach Entfernung und Sitz des Unternehmens (Stadt oder Land) machen unterschiedliche Lösungen Sinn. Lassen sich Mitarbeitende zum Radfahren motivieren, z. B. durch interne Wettbewerbe und dem Gewinn eines Fahrrads? Oder können Mitarbeitende beim Monats-ÖPNV-Ticket unterstützt werden? Eine flexiblere Lösung bieten Mobilitätsbudgets für Arbeitnehmende, die somit ihre Mobilität nach ihren Bedürfnissen anpassen können und flexibel zwischen unterschiedlichen Verkehrsmitteln wechseln können, anstatt Insellösungen anzubieten (Firmenwagen als Insellösung im Vergleich zur Bereitstellung von Poolwagen und Kostenübernahme von Tankbelegen sowie ÖPNV-Tickets oder Leihfahrradrechnungen).

Soziales

In diesem Bereich ist noch wichtiger zu eruieren, wo die „Probleme“ oder Schwachstellen liegen als allgemeine „Pauschallösungen“ einzuführen. Häufig wird ein Problem erkannt (bspw. zu geringe Frauenquote, wenig junge Mitarbeitende), aber nicht unbedingt mit den nötigen Konsequenzen behandelt.

Insbesondere das Unternehmensklima gilt als sensibles Thema: Fühlen sich Randgruppen oder einzelne Personen ausgeschlossen oder nicht im Team integriert? Woran kann es liegen? Gibt es eine Person mit besonders viel sozialem Gespür, die die Nicht-Integration der Personen ergründen kann? Gibt es ausschließende Teammitglieder, unausgesprochene Streits oder tatsächliche Streits? Oder starre Hierarchien, die junge Menschen abschrecken?

Ein weiteres, wichtiges Thema ist, wie mit Stress umgegangen wird: Gäbe es im Zweifelsfall Unterstützung? Herrscht eine vertrauensvolle Atmosphäre, sodass sich alle trauen mit den Vorgesetzten zu sprechen, oder gibt es eine zweite „Sorgen-Anlaufstelle“ wie zum Beispiel das Personalwesen?

Um das Zwischenmenschliche zu stärken, sorgen Teamevents für ein gutes Unternehmensklima. Spieleabende, After-Work-Drinks, Barabende oder Spendenläufe sind mögliche Ideen. Die Benefits von Spendenläufen sind gleich dreierlei: Förderung von Sport und Gesundheit, Teamgeist und das Sammeln von Spenden, vielleicht für ein soziales Projekt? Aber auch andere „Engagement-Tage“ schweißen ein Team zusammen und können Positives bewirken: Brauchen vielleicht ein Sportverein, Kinderheim oder andere Sozialeinrichtungen in der Gegend beim Sommerfest etc. Unterstützung, wo helfende Erwachsene gesucht werden?

Ein weiteres Thema ist lebenslanges Lernen, welches Mitarbeitenden Möglichkeiten gibt, sich weiter zu entwickeln und Motivation für neue Arbeit bietet sowie weitere individuelle Karrieresprünge ermöglichen kann, was alles zur Mitarbeiterbindung beiträgt. Was für fachliche Fortbildungsmöglichkeiten gibt es? Oder werden sogar persönliche Weiterbildungen angeboten wie z. B. Coaching? 

Aber auch außerhalb des Unternehmens gibt es soziale Themen zu beachten: Wird z. B. fair mit Arbeitnehmenden entlang der Wertschöpfungskette umgegangen? Um das sicherzustellen, kann ein CoC (Code of Conduct) erstellt werden. Dies ist eine Art Vertrag, der eine zwischenmenschliche Umgangsweise festhält und versichert, dass Lieferanten ebenfalls wertschätzend mit Arbeitnehmenden umgehen.

Governance (Unternehmensführung) und Ökonomisches

Viele der unter „Sozial“ genannten Vorschläge sind nicht klar abgrenzbar und auch auf Governance übertragbar. Etwa: Wie gehen Vorgesetzte mit Arbeitnehmenden um? Wie ist allgemein das Hierarchieverhältnis? Macht es Sinn, Verantwortungsbereiche an jüngere Kollegen abzugeben, die an Verantwortung wachsen können, außerdem dadurch möglicherweise mehr Sinn in ihrer Arbeit sehen und deren Motivation für die Arbeit erhöht wird?

Ein weiteres klassisches Governancethema ist Korruption oder Bestechung. Es sollte sich die Frage gestellt werden, ob dies ausgeschlossen werden kann. Falls doch ein Verdacht besteht, an welcher Stelle? Und wo kann ein zweites Überwachungsorgan eingesetzt werden, um sie einzudämmen?

Die dritte Säule sollte jedoch nicht nur auf Governancethemen reduziert werden, sondern auch die unternehmerische finanzielle Nachhaltigkeit bedenken. Sind langfristige Finanzierungsstrukturen etabliert? Es ist teilweise wieder ein Trend zu mehr Eigenkapital zu beobachten. Wird ansonsten nicht verwendetes Kapital angelegt? Kann dieses vielleicht besser dem eigenen Unternehmen für Investitionen in nachhaltige Technologien helfen?

Umsetzung und Review der Ziele

Alle Maßnahmen, die eingeführt werden für die Transformation zu einem nachhaltigen Unternehmen sollten am besten reviewed und dokumentiert werden. Das bringt zum einen nicht nur den Vorteil, dass der Erfolg gemessen und neue Prozesse evaluiert werden, sondern auch direkt eine gute Grundlage für die Berichterstattung sein. 

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist nämlich längst nicht mehr nur lästiges Regelwerk aus Brüssel oder Berlin, sondern bietet vielmehr Chancen, sich von seiner Konkurrenz abzuheben und den Anforderungen von Kunden und Konsumenten gerecht zu werden. Dazu mehr im abschließenden dritten Teil dieser Serie.

Erfolgsidee Nachhaltigkeit

Erfolgsidee Nachhaltigkeit (1/3)  Nachhaltigkeit als Strategieziel

Was kann ein Unternehmen tun, um Teil der Bewegung hin zum klimaneutralen und verantwortungsbewussten Wirtschaften zu werden? Teil 1: Die nachhaltige Unternehmensstrategie

Was kann ein Unternehmen tun, um Teil der Bewegung hin zum klimaneutralen und verantwortungsbewussten Wirtschaften zu werden? Teil 1: Die nachhaltige Unternehmensstrategie

Erfolgsidee Nachhaltigkeit (2/3)  Die Kultur der Nachhaltigkeit

Was kann ein Unternehmen tun, um Teil der Bewegung hin zum klimaneutralen und verantwortungsbewussten Wirtschaften zu werden? Teil 2: Die nachhaltige Unternehmenskultur

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Erfolgsidee Nachhaltigkeit (3/3)  Berichtspflicht als Chance

Was kann ein Unternehmen tun, um Teil der Bewegung hin zum klimaneutralen und verantwortungsbewussten Wirtschaften zu werden? Teil 3: Die nachhaltige Berichterstattung

Was kann ein Unternehmen tun, um Teil der Bewegung hin zum klimaneutralen und verantwortungsbewussten Wirtschaften zu werden? Teil 3: Die nachhaltige Berichterstattung